Service Learning und Mentorenprojekt

Service Learning an einer Schule im sozialen Brennpunkt

Projektdaten

Klassenstufen:
8

Anzahl der Schüler/innen:
10–20

Anzahl der Lehrer/innen:
1

Wochenstunden:
2

Das Projekt

Als Schule zwischen zwei unterschiedlichen Stadtteilen (Villen und Sozialwohnungen) hat die Eduard-Spranger-Schule mit zahlreichen Sprach- und Lernproblemen zu kämpfen. Dies und auch der Wunsch nach einer neuen Art von Elternarbeit waren Ansatzpunkte für ein Service-Learning-Projekt, das die Betreuungslehrerin in Kooperation mit dem Sozialarbeiter des Jugendmigrationsdienstes der bruderhausDIAKONIE seit Herbst 2003 durchführen: Schüler/innen der 8. Klassen kümmern sich als Schülermentor/innen im Rahmen des selbst gewünschten Sozialpraktikums um die Grundschüler/innen aus der 1. und 2. Klasse. Sie kommen einmal pro Woche in die Familie ihres „Patenkindes“, helfen ihm, lesen, schreiben und rechnen zu lernen, spielen mit ihm und unterstützen die Eltern, die wenig Deutsch sprechen, beim Elternabend, bei der Übersetzung amtlicher Dokumente und erklären ihnen unbekannte Lehr- und Lernmethoden aus der Schule. Diese praktischen Erfahrungen werden in regelmäßigen Besprechungen theoretisch vor- und nachbereitet. Das Ziel des Projekts ist schon heute erreicht: Brücken der Verständigung und Kommunikation konnten geschlagen werden. Die ausländischen Familien gewinnen an Gleichberechtigung und Mitspracherecht. Sie können dank der Vermittlungsarbeit der Schülermentor/innen am Schulleben aktiv partizipieren. Aber auch die Mentor/innen arbeiten ihre eigene bikulturelle Identität auf und bringen sie in einer produktiven Weise in der Gemeinschaft ein.

Der Auslöser

Mit einem Anteil von bis zu 55 Prozent Schüler/innen mit Migrationshintergrund, vielen Schüler/innen aus Übergangswohnheimen und ähnlichen „Problemgebieten“ unserer Gesellschaft zählt die Eduard-Spranger-Schule zu den so genannten Schulen im sozialen Brennpunkt. Entsprechend groß sind die Sprach- und Lernprobleme bereits bei den neu eingeschulten Kindern: Eines hat Probleme mit dem Lesen, ein anderes mit den Grundrechenarten. Schulleitung und Lehrer/innen sahen dies als Herausforderung für eine demokratische Schulentwicklung und initiierten mit Schüler/innen der 8. Klasse das Service-Learning-Projekt.

Der Weg

Durch die von außen geleistete Sozialarbeit im Stadtteil war der Bedarf bekannt. Bei den Einschulungstests wurden Beobachtungen gemacht, die sich mit den oben genannten Erfahrungen deckten. Es wurden Mentoren geworben. Die Grundschulkinder wurden genannt. Die Mentoren wurden auf die Aufgabe vorbereitet. Hausbesuche wurden durch die Betreuungslehrerin und den Sozialarbeiter gemacht, die Bedürfnisse wurden erhoben. Die Mentor/innen wurden den Familien zugeordnet. Die Mentoren wurden in die Familie gebracht.

Probleme und Lösungen

Das Familienleben der Patenkinder war vielfach nicht auf die Arbeit zwischen den Schüler/innen eingestellt: Manchmal gab es keine Bücher oder Spiele, worauf im Klassenzimmer ein Fundus mit Material zum Ausleihen angelegt wurde. In manchen Familien lief auch der Fernseher, oder die Eltern saßen bei der Arbeit dabei. Hier konnte der Sozialarbeiter die jungen Paten unterstützen. Ein weiteres Problem bestand in den mangelnden Deutschkenntnissen einiger Mütter. Die Anfrage bei der Ausländerbeauftragten der Stadt Reutlingen nach einer Lösungsmöglichkeit wurde positiv beschieden: Die Eduard-Spranger-Schule bekommt den Deutschkurs „Mama lernt Deutsch“ zur Durchführung in eigener Regie. Auf der einen Seite konnten Mentoren, die unzuverlässig arbeiteten, auf Grund der großen Nachfrage schnell ausgetauscht werden. Auf der anderen Seite bedeutete das Projekt für viele Schüler/innen eine große zeitliche Belastung, einen zusätzlichen Nachmittag mit Arbeit. Der Schulleiter hat darauf die Mentor/innen für einen Nachmittag für ihre Tätigkeit freigestellt.

Blitzlicht

Die Erfolge der Arbeit können sich sehen lassen: Eines der betreuten Grundschulkinder konnte seine erheblichen Leseschwierigkeiten deutlich reduzieren und muss so keine aufwändige und kostspielige logopädische Betreuung in Anspruch nehmen. Die Mutter eines anderen Kindes sagt: „Ich komme nun gern in die Schule.“

Schule

Schulname
Eduard-Spranger-Schule

Schulart
Grund- und Hauptschule

Schulangebote
sozialpädagogische Angebote, Nachmittagsangebote

Schulanschrift
Paul-Pfizer-Straße 61 72762 Reutlingen

E-Mail
Spranger-Schule@Reutlingen.de

Anzahl der Schüler/innen
500

Anzahl der Lehrer/innen
50

Sonstiges pädogogisches Personal
10

Ansatz der Schule
Demokratiepädagogik

Programme der Schule

Modellversuche der Schule
BLK-Programm „Demokratie lernen & leben“

Wettbewerbe der Schule
Europa-Wettbewerb; Schwimmwettbewerb; Wettbewerb zur Auszeichnung kommunaler Bürgeraktionen; Landespreis für Heimatforschung

Sozialraum der Schule
städtisch; breite soziale Fächerung der Schülerschaft; 29 Nationen in der Schule

Besonderheiten
differenzierte Lerngruppenförderung in klassen- und jahrgangsübergreifendem Unterricht in den Fächern Deutsch und Mathematik; sozialpädagogische Angebote; Projektwochen; Schülermitverwaltung; Veranstaltung von Festen und Basaren durch Schüler/innen; Streitschlichterprogramm; Klassenräte; Beteiligung an Wahlen zum Jugendgemeinderat; Förderverein; Musikwerkstatt; Ausbildung von Lehrkräften zu Lernberater/innen; multikulturelles Medienprojekt; Projektlernen; Projekt Müllvermeidung; Projekt Bewerbungstraining

Referenzen

Modellschule im BLK-Programm „Demokratie leben und lernen“

„Demokratie lernen & leben“ ist ein Schulentwicklungsprogramm, bei dem es darum geht, die Demokratisierung von Unterricht und Schulleben und die Bereitschaft junger Menschen zur aktiven Mitwirkung an der Zivilgesellschaft zu fördern.

Autoren

  • Katja Haufe