Neue Lernkultur auf der Streuobstwiese

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DKJS/D. Ibovnik

Die Mandelbachtalschule entwickelt eine Lernkultur, bei der das „Wie“ des Lernens mindestens genauso wichtig ist wie das „Was“. Die Arbeit auf einer Streuobstwiese wird zum Aufhänger für die systematische pädagogische Arbeit. Forschendes und sinnbetontes Lernen basiert auf innerschulischer Teamarbeit, die Lernprozesse sind nachhaltiger und die Kinder haben Spaß.

Von Judith Rachel

Die im Biosphärenreservat Bliesgau gelegene Mandelbachtalschule führt seit sieben Jahren ein „Streuobstwiesenprojekt“ durch. Dabei lernen die Schülerinnen und Schüler der fünften und sechsten Klassen den heimischen Naturraum kennen. Das Projekt wird schwerpunktmäßig im Biologieunterricht und in Zusammenarbeit mit dem Kreisfachberater für Obst- und Gartenbau des Saarpfalz-Kreises umgesetzt. Höhepunkt ist in jedem Herbst ein Apfelfest, auf das sich die Schülerinnen und Schüler auch in anderen Fächern vorbereiten – etwa in Deutsch mit dem Erlernen von Gedichten.

Methodenvielfalt

Dieses etablierte Projekt nutzen Schulleiterin Hildegard Buhmann-Högel und ihr Team, um im Rahmen der länderübergreifenden Netzwerkarbeit die Lernkultur an der Schule zu verändern. Ziel ist es, dass die Schülerinnen und Schüler die Vielfalt an Lernmethoden erlernen und selbstständig umsetzen können. Dazu haben die Lehrkräfte der Klassen 5 und 6 fächerverbindend ein Methodencurriculum erarbeitet. Dieses soll in allen Fächern genutzt werden, um den Schülerinnen und Schülern anhand des bereits bestehenden Projekts „Streuobstwiese“ vielfältige Lernmethoden nahezubringen. Die Schule möchte dabei auch von der Erfahrung ihrer Tandemschule, dem Theodor-Heuss-Gymnasium Wolfsburg, profitieren, zu deren Methodenwoche sie im Januar 2011 eingeladen war. Durch einen pädagogischen Tag zum Thema Methodenvielfalt wurden das gesamte Kollegium und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ganztagsbereichs in das Projekt mit einbezogen.

Eigenverantwortliches Arbeiten

Zugute kam der Schule dabei, dass die Biologielehrerin Christina Linz kürzlich die Gelegenheit hatte, sich zur Trainerin der Lernmethoden nach Heinz Klippert weiterzubilden. Dieses Wissen gibt sie nun an die Kollegen und Schüler weiter. Schwerpunkt ist dabei das eigenverantwortliche Arbeiten (EVA). Im Fachunterricht wird eine Thematik sowohl in Einzel- als auch in Gruppenarbeit erarbeitet, so dass die Ergebnisse schließlich im Plenum präsentiert werden können. Damit die Methoden verinnerlicht und damit zu einem zuverlässigen Arbeitswerkzeug werden, üben die Schülerinnen und Schüler sie in mehreren Schritten ein: zunächst in einer Trainingswoche, die als Basiskurs für alle Schulklassen am Anfang des Schuljahres auf dem Plan steht und in diesem Schuljahr erstmals stattgefunden hat. Während des Schuljahres soll es dann mehrere vertiefende Trainingstage geben. Vor allem aber im täglichen Fachunterricht werden die Methoden geübt und vertieft. Je nach Klassenstufe stehen dabei verschiedene Bereiche auf dem Trainingsplan, „Lernen lernen“ in der 5. Klasse, „Methoden- und Teamtraining“ in Jahrgangsstufe 6, „Kommunikationstraining“ in Stufe 7, in Klasse 8 und 9 findet eine berufswahlspezifische Trainingswoche statt und die 9. und 10. Klasse bereiten auf die mündlichen Prüfungen vor.

Verzahnung von Vor- und Nachmittag

Punktuell sind auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des freiwilligen Ganztagsangebotes ins Methodentraining eingebunden, was ein weiteres Projektziel – die Verzahnung von Vor- und Nachmittag – begünstigt. Ein Meilenstein auf dem Weg dahin war das Stationenlernen der Klasse 5 zum Thema Pflanzen im Sommer 2011: Die Thematik wurde vormittags im Biologieunterricht behandelt und am Nachmittag in einer Arbeitsgemeinschaft aufgegriffen. Dabei wurden die Fünftklässler nicht nur theoretisch über die Biosphäre informiert. Erklärtes Ziel ist es auch, dass sie lernen, den heimatnahen Naturraum in seiner Vielfalt zu kennen und zu schätzen, ihn zu schützen und nachhaltig zu nutzen. Daher steht die praktische Erfahrung im Mittelpunkt des Lerngeschehens. Die Schülerinnen und Schüler sammeln selbstständig Informationen zur Streuobstwiese und außerschulische Partner stellen im Unterricht den Lebensraum und seine Artenvielfalt vor. Die Artenvielfalt der heimischen Streuobstwiesen lernen die Kinder außerdem vor Ort kennen. Und durch den Besuch einer Kelterei, das Anlegen eines Herbariums und die Herstellung verschiedener Lebensmittel aus Streuobst wird die Bedeutung des Naturraums im Alltag greifbar.

Methodencurriculum

Während die Schülerinnen und Schüler sich mit den Streuobstwiesen beschäftigen, lernen sie die verschiedenen Methoden kennen, die ihre Lehrerinnen und Lehrer in dem Curriculum zusammengestellt haben. Einige Ergebnisse des Projekts stellten sie auf dem Apfelfest Ende September 2011 – das erstmals als jahrgangsübergreifendes Schulfest organisiert wurde – vor. So zeigten Schülerinnen in einem Experiment, wie sich aus Obst kleine Mengen Strom gewinnen lassen. Je nachdem, ob sie einen Apfel oder eine Birne an das Messgerät anschlossen, zeigte dieses unterschiedliche Ausschläge – bedingt durch den Säuregehalt der Früchte. Ein Beispiel dafür, wie naturwissenschaftliche Themen, eingebettet in die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen, (be-)greifbar werden können.

Website zum forschenden Lernen

Was ist forschendes Lernen? Wie kann ich diesen Ansatz im Kita- oder Schulalltag umsetzen? Und wie baue ich eine Lernwerkstatt auf, in der Kinder forschend die Welt entdecken können? Antworten und Materialien finden Sie auf der neuen Website der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS): www.forschendes-lernen.net

Christina Linz präsentierte auf dem Schulfest das neue Methodenkonzept. „Wenn es eingeübt ist, lassen die Schülerinnen und Schüler sich richtig gut darauf ein“, so ihr Fazit aus den ersten Wochen mit dem Methodencurriculum. Das können Marius Trompeter (15) und Miká Klingler (14) bestätigen. Die Neuntklässer haben die Methoden in den Fächern Erdkunde und Biologie bereits erprobt. Durch eigenständiges Arbeiten, so ihre Erfahrung, bleibe mehr Unterrichtsstoff hängen – und: „Es macht Spaß.“