Vor zehn Jahren entschloss sich das Alte Gymnasium teilgebundenes Ganztagsgymnasium zu werden – und damit das erste in Bremen. Ausschlaggebend war die Schulzeitverkürzung auf 12 Jahre und die damit verbundene Verdichtung des Lernstoffs. Es begann eine spannende Transformation zur Ganztagsschule, die ein Konzept und ein Leitbild verlangte, das die gewachsene Tradition berücksichtigte und gleichzeitig offen für Neues war. Der Fokus lag dabei in erster Linie auf den Bedürfnissen der Schülerschaft. Um auch die Fachcurricula besser aufeinander abstimmen zu können, entschied sich das Kollegium im vergangenen Schuljahr für einen „begehbaren Lehrplan“, der zunächst den Ist-Stand vergegenwärtigen sollte.
Eine Aula voller Curricula
Die Idee dafür entstand in Anlehnung an die Methode „begehbares Curriculum“ der Robert-Bosch-Gesamtschule Hildesheim. Zwei Kollegen der Schule stellten das Konzept vor und begleiteten den Prozess mit. Hierfür wurden in der Aula des Gymnasiums große Plakate an quer durch den Raum verlaufenden Schnüren aufgehängt. Jede Reihe stand für eine Jahrgangsstufe, jedes Fach wurde mit einer bestimmten Farbe gekennzeichnet: Mathematik blau, Englisch rot und Latein schwarz. Auf den DIN A3-Plakaten waren die einzelnen Fachcurricula abgebildet. Lerninhalte und -ziele wurden übersichtlich aufgeführt, dazu auch die zu bevorzugenden Lehrmethoden, wie Präsentationsformen o.ä. Am Ende der Schnüre hingen kleine Körbe, in denen Notizzettel und Wäscheklammern zu finden waren. Die Lehrkräfte notierten auf den Zetteln ihre Anmerkungen und Ideen und brachten diese an die entsprechenden Plakate an. Auch interessierte Schülerinnen und Schüler sowie Eltern waren eingeladen ihre Anregungen einzubringen. Anschließend wurden die Ideenkarten ausgewertet und die Ergebnisse diskutiert. Davon ausgehend formulierten die Fachlehrerinnen und -lehrer Abstimmungen für die einzelnen Lerninhalte, die nun in die entsprechenden Curricula und damit in den Unterricht einfließen. Fächerübergreifend hat die Entwicklung eines Methodenreaders, einer Sammlung von Arbeits- und Präsentationsmethoden, für die Schülerinnen und Schüler oberste Priorität. Als Vorbild dient dazu ein bereits existierendes Methoden-Curriculum für die Klassenstufen acht bis zwölf im Fach Deutsch. Zudem werden fächerübergreifende Lehrpläne zu den Themen Europa, Gender, Gesundheit und Nachhaltigkeit erarbeitet.
Aus vielen einzelnen Fächern wird ein Gesamtkonzept
Die gesammelten Daten sollen Synergie-Effekten herbeiführen. Durch ein Ausdünnen der Lehrpläne und der Vermeidung von Dopplungen werden Zeiten geschaffen, in die fächerübergreifende Inhalte, wie Gender, Europa oder soziales Lernen integriert werden. Damit wird die Kooperation der Kolleginnen und Kollegen unterstützt, fächerübergreifendes Arbeiten weitergedacht und Standards der gemeinsamen Arbeit geschaffen. Durch das Visualisieren der einzelnen Fachcurricula in Postergröße und dem damit verbundenen Gallerywalk durch die Plakatreihen wurde deutlich, was sich wiederholt, welche Themen in unterschiedlichen Fächern vorkommen und wo Anknüpfungspunkte für fächerübergreifendes Lernen zu finden sind. Hier zeigt sich wiederum die Orientierung an den Bedürfnissen der Schülerschaft. Vielen Lehrkräften war bis dato gar nicht bewusst, wie viele Themen sich tatsächlich im Unterricht überschneiden, den Schülerinnen und Schülern dagegen schon, da sie die unterschiedlichen Lehrpläne durchlaufen. Mit den Erkenntnissen aus dem „begehbaren Lehrplan“ kann auf lange Sicht aus einzelnen Curricula ein ganzheitliches Gesamtkonzept entstehen, das für die Schülerinnen und Schüler nachvollziehbar ist. Auf Lehrerseite etabliert sich eine neue Form der Kommunikationskultur, getragen durch mehr Austausch und den Blick über die eigenen Fachgrenzen hinaus. In Zukunft soll die fächerübergreifende Zusammenarbeit eine Selbstverständlichkeit sein und fest im Leitbild der Schule Verankerung finden.