entspannen, aber auch Hausaufgaben erledigen und eigenen Interessen nachgehen. 2013 wird der Hortabbau in Hamburg abgeschlossen sein, dann soll die Grundschule Rothestraße auf dem Papier und im Leben eine Ganztagsschule sein. Ehemalige Hortkräfte kommen dann als „Verstärkung“. Wagner will diesen Wechsel vorbereiten und auf „multiprofessioneller Teamarbeit“ einen durchdachten gebundenen Ganztag anbieten.
Dafür haben sich vier Arbeitskreise gegründet. Unter dem Motto: „Wir nutzen die Zeit bis 2013“, engagieren sich Eltern, Lehrerinnen und Lehrer und Horterzieherinnen und Horterzieher. Sie teilen sich die Themen Rhythmisierung, Mittagessen, Lernkultur und Raum und suchen nach geeigneten Lösungen. Auf einer Online-Plattform vernetzen sich die unterschiedlichen Professionen, sammeln Ergebnisse und bereiten sich auf ein einheitliches Konzept vor. Susanne Wagner freut sich über das Arrangement. „Es gibt eine Menge Stolpersteine auf dem Weg zum Ganztag. Mit den Arbeitskreisen wird es leichter diese zu umgehen.“ So plant die Behörde eine „Aufwärmküche“. Eltern und Pädagogen sind hingegen für die Fortführung des bisherigen Modells, nämlich: Selber kochen! Ein Sponsor wird die zusätzlichen Kosten übernehmen. Diese mittelfristige Lösung soll das „Selbstkochen“ zunächst stabilisieren, dann muss die Nachfrage überzeugen, um ein nachhaltiges und von der Behörde getragenes Finanzierungsmodell zu etablieren.
„Eine Schule mit ganz vielen Instrumenten“
Jacob und Jonas sind für den Musikwettbewerb nominiert. Deswegen spielen beide bei jeder Gelegenheit, auch wenn eigentlich noch Pause ist. Ihre Akkordeons schwingen dabei nicht gleichmäßig. Beide haben andere Noten, die Melodien aber fließen ineinander. Während Jacob die helle und dominante Stimme spielt, konzentriert sich Jan auf die Moll-Akkorde. Er muss die Melodie Jacobs ergänzen. Deswegen hört er genau auf dessen Anschläge. Teamspiel. Im gleichen Raum proben Anna und Leonie auf ihren Celli „Bona Nox“ von Mozart.
So geht es an der Grundschule vielen Kindern. Schulleiterin Susanne Wagner spricht von den „JeKi“-Klassen. Diese gründeten sich zum einen durch die Beteiligung am Programm „Jedem Kind ein Instrument“ (JeKi), aber vor allem deshalb, weil der Baustoffunternehmer Otto Dörner unzählige Musikinstrumente anschaffte. Die Programminitiative fand damit geeignete Rahmenbedingungen und war der Grund für die noch heute anhaltende Kooperation mit der Hamburger Hochschule für Musik und Theater. Von dort kommen angehende Musikpädagogen. Das Engagement der Musiklehrerin Christine Stoverink geht mit dieser Unterstützung soweit, dass sie ein eigenes Schulorchester etabliert hat. Sind alle Kinder angekommen, dann geht die Probe los. Kinder mit Geigen, Klarinetten, Trompeten, Cellos und Gitarren sitzen beieinander. In den ersten Minuten spielen alle durcheinander. Christine Stoverink freut sich an den begeisterten Kindern und verschafft sich mit einer Klangschale Gehör. Ihr Unterricht beginnt damit, dass Kinder mit gleichen Instrumenten ihre Parts vorspielen. Erst dann beginnt das gemeinsame Musizieren. Die ehemalige Aula ist Musizierraum geworden. Hell und einladend. Für die musische Erziehung wurde an dieser Schule ein eigener Lehrplan geschrieben. Ab Klasse 1 lernen die Kinder verschiedene Instrumente kennen, um sich dann in Klasse 3 für eines zu entscheiden. Dann beginnt eine zweijährige Ausbildung (Klasse 3+4). Für jeden der „JeKi“-Klasse. Das Instrument gehört in dieser Zeit dem Kind. Für alle sind das Schätze.
„Eine Schule mit Labor“
Susanne Wagner steht skeptisch zwischen den hohen Tischen eines 2010 eingerichteten Fachraums, selbst ein Giftschrank gehört zum Inventar. „Würden hier Kinder der zweiten Klasse sitzen, so würden viele Füße nicht mal den Boden erreichen.“ Das Labor wurde aus Mitteln des Konjunkturpakets II eingerichtet und war für die Ausstattung der Primarschule gedacht. Kinder der 5. und 6. Klasse hätten in diesen Räumen ihren ersten naturwissenschaftlichen Unterricht erhalten. Dieses sogenannte Hamburger Modell hat aber keine politische Mehrheit gefunden, die Grundschule endet mit Klasse 4. Das pädagogische Team in der Rothestraße grübelt seit längerem, wie es mit diesen Ressourcen umgehen möchte. Wagner weiß bereits, dass ihre Schule „Klimaschule“ werden möchte. „Ab nächstem Schuljahr werden die Räume zu einer Klimawerkstatt. Unsere Kinder haben dann Gelegenheit, ihre Forschungsfreude auszuleben.“ Zusammen mit anderen Hamburger Schulen trafen sie den Erziehungswissenschaftler Hartmut Wedekind, der das forschende Lernen in der Grundschule wissenschaftlich begründet hat. In Nachbarschaft mit der Erich-Kästner-Schule (Link) sucht nun auch die Grundschule Rothestraße den Weg zum forschenden Lernen.
Kleines Kollegium und trotzdem Teamstrukturen
Frau Wagner leitet ein kleines pädagogisches Team. So kommt es, dass Lehrerinnen und Lehrer in unterschiedlichsten Jahrgängen zum Einsatz kommen. Und deshalb haben die jüngst gegründeten Jahrgangsteams auch Schwierigkeiten mit sich selbst, weil eine Lehrerin oder ein Lehrer häufig gleich in gleich mehreren Teams eingebunden ist. Dennoch sollen innerhalb der Jahrgangsteams Prozesse „vom Kleinen ins Große“ geführt werden. „Das individualisierte Lernen soll über diese Kooperationsstrukturen in die Fläche kommen“, hofft Susanne Wagner. Im Lehrerkollegium an der Grundschule Rothestraße in Hamburg-Ottensen arbeiten verschiedene Generationen zusammen. Junge Kollegen engagieren sich gemeinsam mit älteren, dabei prallen aber auch unterschiedliche Haltungen aufeinander. Wagner geht es darum, dass in jedem Team gemeinsame Konzepte für entdeckendes und individualisiertes Lernen gefunden werden. Darauf aufbauend geht es um einen vielfältigen und nicht einseitigen Umgang mit differenziertem und förderndem Lernen.