Schule mit Vielfalt und Jugendbüro

DKJS/Pierro Chiussi
DKJS/P. Chiussi

Die Roland zu Bremen Oberschule ist von „oben bis unten“ inklusive Schule. In multiprofessionellen Teams werden geeignete Lernkonzepte „im Gehen“ entwickelt. Erfolgreiches wird nachhaltig verankert. Die Schulorganisation hält sich flexibel und folgt den Ansprüchen von vielfältiger Lernkultur. Außerdem ist das schuleigene Jugendbüro Impulszentrum für Verantwortungslernen.

„Wie groß ist der Bremer Roland wirklich?“, mit dieser Frage ziehen Elis und ihre Mitschüler in das Stadtzentrum von Bremen und suchen nach einer Antwort, die gar nicht so leicht zu finden ist. Roland zu Bremen verrät seine Größe nicht ohne weiteres. Erst mittels mathematischer Theoreme wird die „wahre“ Größe des beeindruckenden Reckens ermittelt. Im Vorfeld haben Elis und ihr Team gegrübelt und geknobelt. Die Lernkultur an der Roland zu Bremen Oberschule fordert die Schülerinnen und Schüler zum forschenden Lernen heraus. „Für uns scheint diese Lernkultur leichter, denn wir müssen die Kinder mehr bestärken denn belehren“, so Eckhard Feige, Leiter des Zentrums für unterstützende Pädagogik (ZUP) der Schule. 

Roland zu Bremen Oberschule

Die hat für ihr Veränderungsvorhaben im Rahmen der Mitarbeit im Netzwerk Ganztagsschule eine Zielvereinbarung geschlossen.

Die Oberschule (= Gesamtschule) ist eine inklusive Schule. Seit 2009 besuchen sowohl Lern-, Sprach- und Verhaltensbehinderte wie auch Hochbegabte die Inklusionsklassen. Eckhard Feige koordiniert die dafür integrierten Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen, denn die Regelschullehrerinnen und Regelschullehrer stehen in 22 Wochenstunden nicht mehr allein im Unterricht. Die Doppelsteckung ist mittlerweile Gelingensbedingung für individualisiertes Lernen, vor allem in den Hauptfächern.

 

Was sich bewährt wird konserviert

Die unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer schließen sich zusammen und entwerfen Wochenpläne und andere binnendifferenzierte Lernkonzepte. Unter anderem „polyvalente“ Aufgaben, eben solche, die den Kindern unterschiedliche Zugänge zum Kern des Problems ermöglichen. Schulleiter Hans-Dieter Kliemann nennt die auf Jahrgangsebene gegründeten Gruppen liebevoll „Dreamteams“ und ermöglicht mit ihnen beste Kooperationsbedingungen. Sonderpädagogisches Wissen strömt von der einen Seite und Fachwissen von der anderen Seite in die Konzeptarbeit. Regelschullehrer und Sonderpädagogen vermischen ihr Wissen und ihre Ansätze. Noch wird jede Woche neu erfunden. Was sich bewährt, wird „konserviert“ und an anderer Stelle erneut aufgegriffen. So entwickeln sich didaktische Patentlösungen eher schrittweise und „im Gehen“. Von der 5. bis zur 7. Klasse gibt es keine Zensuren. 

 

„Schüler zur Selbstständigkeit zu erziehen, ist ein hartes Stück Arbeit!“

Die „Pensionswelle“ hat schon seit längerem etliche neue und vor allem junge Lehrerinnen und Lehrer in die Roland zu Bremen Oberschule gebracht. Diese haben Mut mitgebracht und damit die Lernkultur sanft reformiert. Kooperatives und individuelles Lernen auf der Basis von Aufgabensammlungen mit unterschiedlichen Niveaustufen, Projektarbeit, und forschendes Lernen sind etabliert. Vor allem die kooperativ gestalteten Lernprozesse unterstützen zusätzlich ein „Miteinander“ Lernen, so dass Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen auch von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern Hilfen erhalten.

 

Orientierung nach vorn

Die Roland zu Bremen Oberschule liegt im Stadtteil Huchting, einem sog. sozialen Brennpunkt in Bremen. Kinder aus unterschiedlichsten Ländern besuchen die Schule. 

Mit über 60 Prozent ist der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund höher als an anderen Schulen. Fast 20 Prozent der Eltern sind arbeitslos. Das in der Schule ansässige „Jugendbüro“ beschäftigt mehrere Sozialpädagogen, dort gibt es viel zu tun. 

„Wir erfahren von gravierenden Problemen oftmals eher als die eigenen Eltern oder Großeltern. Je mehr Erfolge wir haben, umso mehr Arbeit haben wir auch.“ Patrick Heldt und Elke Janoske orientieren bei ihren Interventionen auf die Stärken der Ratsuchenden. „Man könnte hier auch bis 22 Uhr arbeiten. Wir sind für etliche so etwas wie eine Ersatzfamilie.“ 

 

Das Jugendbüro ist außerdem „Impulszentrum“ für Verantwortungslernen. Die „Topscouts“ sind ein „Peer-to-Peer-Modell“, bei dem ältere Schülerinnen und Schüler eine Patenschaft für „Neuankömmlinge“ übernehmen. Daneben gibt es die Schulsanitäter. Eine Chance, helfen zu lernen. Ein weiteres Angebot sind die Streitschlichter. Die kommen zum Einsatz, wenn Probleme in der Schülerschaft „auf gleicher Augenhöhe“ zu lösen sind. Materialien von „Lions Quest“, die in den umliegenden Grundschulen bereits eingesetzt werden, um die individuellen und sozialen Lernprozesse zu gestalten, werden aufgegriffen und fortgeführt. Damit hat das „Erwachsenwerden“ eine systemische Verankerung. Der ganze Tag ist dann tatsächlich gerade lang genug, um die Vielfalt der Angebote unterzubringen.

 

Patrick Heldt ist stolz auf das mit Regelschullehrerinnen und Regelschullehrern umgesetzte Trainingsraumkonzept. „Lernschwierigkeiten bis hin zu größeren Problemen mit dem Ich werden rechtzeitig bearbeitet bzw. erkannt.“ Das ressourcenintensive Modell beruht auf einer raffinierten Organisation, für die Konrektor Wolfgang Haase Verantwortung trägt.

 

Sprungbrett in die Ausbildung

„Ziele ins Auge fassen!“ Patrick Heldt versteht seine Jugendbüroarbeit auch als Berufsfrühorientierung. Neben seinem Engagement hat die Schule nach einem systemischen Ansatz gesucht. Seit längerem gibt es die Kooperation mit der benachbarten Fachschule. In der Roland zu Bremen Schule werden auf Wunsch der Schülerinnen und Schüler intensive Vorbereitungen möglich, um die Aufnahmeprüfung an der „Wilhelm Wagenfeld Schule“ (WWS) zu absolvieren, die unter anderem für Berufe in der Medien- und Drucktechnik bis hin zur Orthopädieschuhtechnik ausbildet. Wegen dieser Kooperation können sich die Schülerinnen und Schüler in neugegründeten Profilzweigen wie „Gestaltung“, „Multimedia“ und „Informatik“ fördern lassen. Die Profilangebote werden in Zusammenarbeit mit der WWS vorbereitet und umgesetzt. 

 

In der Schule am Leben lernen

Das geht an der Schule in Bremen relativ einfach und mit „Ernstcharakter“. Die Schülerfirmen Mäc Roland, Werkstatt für soziale Berufe, Lärmometer, H.O.L.Z. und Gen Breaker verstehen sich als Trainingsplätze für eine berufliche Zukunft. Schulleiter Hans-Dieter Kliemann leitet die wohl erfolgreichste Schülerfirma H.O.L.Z. Diese stellt hölzernes Unterrichtsmaterial für Grundschulen her und hat schon einige Preise gewonnen. Für seine Schützlinge sind das Chancen.

 

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