Die Grundschule Brück
Vor 6 Jahren veränderten wir in unserer Schule die Organisation des Schulanfangs und schufen die flexible Schuleingangsphase. Nun war die Lehrerin/der Lehrer nicht mehr Einzelkämpferin/Einzelkämpfer. Ein Team von LehrerInnen und Erzieherinnen organisierte die pädagogische Arbeit in den Anfangsklassen und Lerngruppen. Wir erkannten schnell die Vorteile und Potenzen dieser Teamarbeit und entwickelten erste Konzepte für die Gestaltung einer Ganztagsschule für alle Lerngruppen unserer Schule. Mit dem Inkrafttreten entsprechender gesetzlicher Richtlinien haben wir unser Konzept modifiziert und sind seit dem Schuljahr 2004/2005 verlässliche Halbtagsgrundschule in Kooperation von Schule und Hort.
In der Grundschule Brück lernen 260 Mädchen und Jungen. Sie werden von 30 pädagogischen MitarbeiterInnen (Erzieherinnen, LehrerInnen) im Zeitraum täglich von 7:30 Uhr bis 13:30 Uhr verbindlich und kostenfrei betreut. Die anschließendenergänzenden Nachmittagsangebote nutzen etwa 75 % der SchüleriInnen unserer Schule (siehe Übersicht der Tagesstruktur auf der vorhergehenden Seite). Der verbindliche Teil des Schultages wird überwiegend durch das pädagogische Personal abgesichert, die Angebote am Nachmittag durch Erzieherinnen, LehrerInnen der Schule, Honorarkräfte, Vereine usw. Die Einrichtung der Kindertagesbetreuung (ehemals Schulhort) wird von der Stadt Brück getragen.
„…für den ganztägigen Lernprozess hervorragend geeignet. „
Gemeinsam mit dem Landkreis unternahm die Kommunegroße Anstrengungen, um das Personal verlässlich für unser Konzept abzusichern. Für die Nutzung der ergänzenden Angebote am Nachmittag zahlen die Eltern einen Pauschalbeitrag, der sich am jeweiligen Einkommen orientiert (je nach Einkommen 10,00 EUR bis 50,00 EUR pro Monat). Nicht unerwähnt soll bleiben, dass unsere Schule in den letzten Jahren aufwändig saniert wurde. Die Möglichkeit, zusätzliche Investitionen aus dem Förderprogramm der Bundesregierung dafür zu nutzen, kam für uns zu spät. Damit möchte ich ausdrücklich betonen, dass die Motivlage für uns nicht durch finanzielle „Förderbonbons“ geprägt war. Insgesamt kann eingeschätzt werden, dass die Schule mit ihrem derzeitigen Ausstattungsgrad für den ganztägigen Lernprozess hervorragend geeignet ist. In allen Klassenräumen befinden sich Medieninseln, die auch einen Zugang zum Internet ermöglichen.
In der Schule gibt es sowohl eine schuleigene Bibliothek mit vorwiegend Kindersachliteratur als auch eine Außenstelle der Stadtbibliothek, die zweimal in der Woche im Rahmen des Mittagsbandes geöffnet ist. Abgerundet wird der Lernort Grundschule Brück durch als Lernlandschaften gestaltete Klassen- und Fachräume. Lern- und Unterrichtsmittel, die die Kinder zum Lernen „verführen“, stehen ihnen ganztägig zur Verfügung. Das pädagogische Personal übernimmt beratende Positionen bei deren Nutzung.
Ganztagsschule im Primarbereich – Chance für die Gestaltung neuer Lernkulturen in der Grundschule
Wie ich eingangs erwähnte, war für unsere Konzeptentwicklung die Erfahrung wichtig, die die Pädagogenteams aus LehrerInnen und Erzieherinnen in ihrer täglichen Arbeit sammeln konnten. Diese Erfahrungen waren an unserer Schule entscheidende Faktoren für die Entwicklung neuer Organisationsformen des Lernens. Es gelang uns, das Kind in den Mittelpunkt zu stellen, Schule unter diesem Schwerpunkt umfassender zu definieren und nach neuen Strukturen zu suchen.
Bei diesen Überlegungen waren für uns sowohl bestehende Formen der Partizipation als auch traditionelle Hierarchien an der Grundschule eher kontraproduktiv. Wir bemühten uns, bestehende Rangordnungen zwischen LehrerInnen und Erzieherinnen abzubauen und das System der Partizipation neu zu denken. Neben den üblichen Organisationsformen wie Schulkonferenz, Lehrer- und Klassenkonferenzen gab es auch noch die Fachkonferenzen.
Grundsatz der Gleichberechtigung und Achtung des Anderen
Seit dem Schuljahr 2004 / 2005 gibt es an der Grundschule Brück drei Pädagogenteams: Das Pädagogenteam 1/2, das Pädagogenteam 3/4 und das Pädagogenteam 5/6. In diesen drei Teams arbeiten alle Pädagogen (Erzieherinnen und LehrerInnen) der jeweiligen Jahrgangsstufen zusammen. Von entscheidender Bedeutung war der Grundsatz der Gleichberechtigung und Achtung des Anderen. Jedes Teammitglied betrachtet den Partner auf gleicher Augenhöhe, ob LehrerIn oder Erzieherin. Die Teams beraten wöchentlich, die Teamberatungen sind fester Bestandteil der Terminplanung der Schule. Jedes Team hat einen Beratungsraum, in dem sämtliche Lernmittel, die nicht in den Klassenräumen untergebracht sind, zur Verfügung stehen. Auch Arbeitsplätze für LehrerInnen und Erzieherinnen befinden sich in diesen Teamräumen.
Das traditionelle Lehrerzimmer gibt es an unserer Schule nicht mehr – es ist jetzt Treffpunkt für alle, die den Ganztag an unserer Schule gestalten. Die Teamarbeit ist eine entscheidende Potenz für die Qualifizierung der Arbeit an unserer Schule geworden. In den wöchentlichen Beratungen wird der Einsatz der Kolleginnen und Kollegen in den jeweiligen Teams geplant und koordiniert. Dies betrifft besonders die Planung der individuellen Lernzeiten in den Klassenstufen 1 bis 4, aber auch die Gestaltung der Leistungs- und Neigungsdifferenzierung in den Jahrgangsstufen 5 und 6. Für die Gestaltung der individuellen Lernzeiten stehen nun nicht nur LehrerInnen der jeweiligen Klassenstufen zu Verfügung. Gleichrangig werden auch die Erzieherinnen in die Organisation der individuellen Lernzeiten eingebunden.
Förderung von Lernstarken und Lernschwachen
Damit ergeben sich für die individuelle Förderung von SchülerInnen optimale Bedingungen. In jedem Team gibt es „Experten“, die sich mit Problemen der Förderung von lernstarken und lernschwachen Schülerinnen und Schülern befassen oder Erfahrungen im Umgang mit Teilleistungsstörungen (LRS, Dyskalkulie, ADS) erworben haben und diese nun zielgerichtet anwenden können. In den Teamberatungen gewinnen zunehmend inhaltliche Aspekte an Bedeutung. So werden gelungene Projekte, Werkstätten und didaktische Materialien vorgestellt. In jedem der drei Teams sind auch KollegInnen der Steuergruppe der Schule tätig. Diese, ergänzt durch VertreterInnen der Schul- und Hortleitung, koordiniert die Arbeit an der Schule. Zur erweiterten Steuergruppe der Schule gehören auch dieTeamleiter und Vertreter der Elternkonferenz.
Verlässliche Halbtagsgrundschule – eine komplexe und anspruchsvolle Schulentwicklungsaufgabe
Die verlässliche Halbtagsgrundschule ist eine komplexe und anspruchsvolle Schulentwicklungsaufgabe, die adäquaterProzessberatung und -begleitung bedarf. Wir sehen die verlässliche Halbtagsschule als Einheit, als Prozess der Entwicklung von Pädagogenteams, die aus Horterzieherinnen, LehrerInnen und weiteren Kooperationspartnern bestehen. Reformprozesse sind mühsam und immer gefährdet, da sie Routine infrage stellen, Veränderungen verlangen und Ungewissheiten auslösen.
Als Instrument in diesem Prozess wählten wir Gesamtkonferenzen und Teamentwicklungstage. Bisher durchgeführte gemeinsame Fortbildungen widmeten sich einer gründlichen Bestandsanalyse und der Planung mittel- und langfristiger Prozesse. Projektbegleitende Fortbildungen helfen darüber hinaus den gemeinsamen Diskurs der Pädagoginnen und Pädagogen über Erziehungs- und Bildungsziele zu initiieren und weiterzuführen. Ständig sind wir bemüht, die Chancen, die sich durch den Ganztagsprozess für eine optimale Förderung von lernschwachenund lernstarken Kindern auftun, noch weiter zu entwickeln.
Konzept für die Leistungsdifferenzierung
Für uns ist es wichtig, dabei die Freiräume und die gesetzlichen Vorgaben in Einklang zu bringen und mit der Zielstellung der weiteren Vervollkommnung des Ganztagsprozesses an unserer Schule zu verknüpfen. Diesem Grundsatz entsprechen wir auch mit einem modifizierten Konzept für die Leistungsdifferenzierung in derDoppeljahrgangsstufe 5/6 Mit Beginn des Schuljahres 2006/07 werden den SchülerInnen der 5. und 6. Jahrgangsstufe zusätzliche Lernangebote für die Fachbereiche Mathematik, Deutsch und Englisch unterbreitet. An drei Wochentagen werden diese durch LehrerInnen auf zwei Niveaustufen angeboten. Beispielsweise ist montags der Mathetag mit dem Angebot „Fit in Mahe“ für lernschwache SchülerInnen und für lernstarke SchülerInnen „Mathexperten unter sich“. Jede/r SchülerIn muss mindestens eins dieser Angebote wählen. Alle anderen Angebote und Arbeitsgemeinschaften finden gebündelt an einem weiteren Wochentag statt, hier können die Kinder aus einem weiten Angebotsspektrum wählen.
Einer großen Herausforderung muss sich in diesem Prozessdas Pädagogenteam 5/6 stellen: Hausaufgaben gewinnen einen völlig veränderten Stellenwert. Sicherlich werden diese irgendwann völlig überflüssig.
Grundschule Brück
Friedrich-Ludwig-Jahn-Str. 1,
14822 Brück
Quelle: Forum Ganztag von der Serviceagentur Ganztag Potsdam
Von: Lothar Garpowon
Datum:
25.03.2009