Interkulturelle Elternarbeit an der Schule

(c) DKJS / D. Ibovnik
DKJS/D. Ibovnik

 

 

Umdenken lohnt sich: das Beispiel der Schule an der Burgweide in Hamburg

 

Wie diese kulturelle und sprachliche Vielfalt bereichernd genutzt werden kann, zeigen Bemühungen der Schule an der Burgweide im Bereich der interkulturellen Elternarbeit. In dem folgenden Interview mit Regine Seemann, Schulleiterin der Schule, wird deutlich, wie interkulturelle Elternarbeit gelingen kann und welche Veränderungen diese mit sich zieht.

Was war der Anlass dafür, sich als Schule verstärkt um eine interkulturelle Elternarbeit zu bemühen?

Anlass dazu war die geplante Umstellung des Schulkonzeptes zu einer Ganztagsschule. Irgendwie mussten die Eltern über die Umstrukturierung informiert werden. Doch Erfahrungen aus dem Schulalltag, wie beispielweise unbeantwortete Briefe oder nur sehr gering besuchte Elternabende, zeigten, dass die Kommunikation zwischen der Schule und den Eltern im Prinzip nicht funktionierte.

Welche konkreten Maßnahmen haben Sie unternommen, um die Kommunikation zwischen der Schule und den Eltern zu verbessern?

Wir wandten uns zunächst an die Serviceagentur „Ganztägig Lernen“ vom Landesinstitut für Schulentwicklung und Lehrerfortbildung. Dort wurde uns – durch die Vermittlung der Beratungsstelle Interkulturelle Erziehung am LI – die Deutsch-Afghanin Latifa Kühn empfohlen, die bereits seit 2005 für die Beratungsstelle als freiberufliche interkulturelle Expertin tätig ist. Gemeinsam mit Frau Kühn haben wir ein Konzept zu interkultureller Elternarbeit ausgearbeitet, welches genau auf die Bedürfnisse der Schule abgestimmt werden konnte. Ein professioneller Blick von Außen kann dabei manchmal sehr hilfreich sein. Um überhaupt einen sprachlichen Zugang zu den Eltern zu finden, wurden zunächst Kulturmittler, d.h. Eltern, die sowohl die deutsche als auch eine Fremdsprache beherrschen, ausgebildet. Deren Hauptaufgabe besteht darin, zwischen der Schule und den Eltern sprachlich, aber auch kulturell zu vermitteln. An einem Informationsabend, zu dem alle Eltern der Schule eingeladen wurden, konnten die Kulturmittler ihre ersten Aufgaben, wie beispielsweise das Übersetzen und das Klären von Fragen, wahrnehmen. Die Eltern waren begeistert, denn auch ein Angebot an Essen und Trinken und das Zusammensitzen an Sprachentischen sorgten für eine offene und freundliche Stimmung. Zudem erstellten wir gemeinsam mit Frau Kühn eine CD, die die Eltern auf sieben Sprachen über die Schule und das neue Schulkonzept der Ganztagsschule bereits vor dem Elternabend informierte.

Wie ging es nach dieser Elternvollversammlung mit den „Sprachentischen“ weiter?

Im Elterncafe, das neu eingerichtet wurde und nun von zwei Lehrern geleitet wird, kommen die Eltern zusammen, tauschen sich aus und informieren sich in Form von Expertenvorträgen über verschiedene Themen. So kann in einem informellen Rahmen zugleich ein informativer Austausch stattfinden. Die Eltern kommen gerne und die Besuchszahlen steigen. In ähnlicher Weise sind die „Elternnachmittage“, anstelle der üblichen Elternabende, gestaltet. Jetzt kommen nicht mehr nur 5 oder 6 Eltern, sondern fast alle Eltern unserer Schüler. Auch die Partizipation und Mitbestimmung der Eltern am Schulalltag wird in unserem Konzept berücksichtigt. Die Vertretung im Elternrat, das Besuchen des Unterrichts und das Vorlesen auf verschiedenen Sprachen im neu eingerichteten Sprachenzentrum sind Beispiele hierzu. Neu eingerichtet wurde auch eine Elternberatung mit einer Honorarkraft mit interkultureller Expertise und Migrationshintergrund, die mehrmals wöchentlich zu festen Beratungszeiten stattfindet und über Lehrerstunden finanziert wird. Die Eltern können hier Probleme, die den Schulalltag ihrer Kinder betreffen besprechen, aber auch Hilfe in außerschulischen Angelegenheiten in Anspruch nehmen. Neben der Verbesserung des sprachlichen Miteinanders an der Schule beinhaltet das Konzept zur interkulturellen Elternarbeit an unserer Schule auch die Verbesserung des Miteinanders und die Schaffung einer persönlichen Atmosphäre zwischen der Schule und den Eltern. Deshalb haben wir angefangen gemeinsam mit den Eltern auch gesellige Aktivitäten zu unternehmen: das reicht vom gemeinsamen Feiern religiöser Feiertage (übrigens eine Initiative der Eltern!) bis zum gemeinsames Schauen von Fußball WM-Spielen, denn – wie ein Vater sagte – Wer zusammen feiert, kann auch gut zusammen arbeiten“.

Welche Personen wirken bei der Umsetzung des Konzepts zur interkulturellen Elternarbeit engagiert mit?

Zunächst haben sich die Schulleitung und interessierte Kollegen um eine interkulturelle Elternarbeit bemüht. Es hat eine Ganztageskonferenz stattgefunden, um das gesamte Kollegium mit ins Boot zu holen, welche letztlich dafür verantwortlich sind, dass das Konzept so umgesetzt und getragen werden kann. Die Begeisterung, die man selber ausstrahlt färbt auf die Kollegen ab. Auch Öffentlichkeitsbeauftragte, Sprachlernkoordinatoren und Erzieher wirken bei der Umsetzung des Konzepts zur interkulturellen Elternarbeit mit.

Wie sieht der Mehraufwand für jede einzelne Person und für die Schule aus?

Es gab und gibt natürlich einen Mehraufwand für jeden Einzelnen, der sich um interkulturelle Elternarbeit an der Schule bemüht. Dieser kann teilweise durch F-Stunden abgedeckt werden, aber ohne ein ehrenamtliches Engagement wäre die vorhandene interkulturelle Elternarbeit nicht möglich.

Wie lange läuft das Projekt nun schon an der Schule? Gibt es bereits Veränderungen und wie sehen diese aus?

Wir engagieren uns nun schon seit fast 2,5 Jahren. In dieser Zeit ist die Beteiligung der Eltern an allen schulischen Aktivitäten gestiegen. Der Ruf hat sich enorm verbessert, einhergehend steigen die Anmeldezahlen und die Schulatmosphäre hat sich sehr zum Positiven verändert. Die Schule ist ein Stück weit ein Ort zum Wohlfühlen geworden.

Gab es auch Schwierigkeiten bzw. Herausforderungen bei den Bemühungen um eine Interkulturelle Elternarbeit?

Eigentlich nicht so richtig. Natürlich gab und gibt es Rückschläge, wie beispielsweise ein Rückgang bei der Teilnahme am Elternrat oder Elterncafé. Aber davon darf man sich nicht entmutigen lassen.

Welche motivierenden Worte fallen Ihnen ein, die Sie an Kollegen anderer Schulen weitergeben können?

Ganz wichtig ist die eigene Einstellung. Meiner Meinung nach ist interkulturelle Elternarbeit keine Zauberei. Ich denke man muss anfangen nach vorne zu denken, denn ein kleiner Anstoß bringt einen großen Stein ins Rollen! Umdenken lohnt sich und bedeutet nicht unbedingt ein großes Mehr an Arbeit! Zudem zahlt sich der Mehraufwand durch die gute Stimmung an der Schule und das Engagement der Eltern aus. Interkulturelle Elternarbeit hat Erfolg, wenn man die Eltern respektvoll behandelt
und kultursensibel handelt.
 

Autorin: Theresa Stecklum

Foto: Theresa Stecklum
Datum: 9.1.2010
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