Verzahnung von Vor- und Nachmittag

Verzahnung ist möglich – so das Fazit der hier vorliegenden Untersuchung, die erste Ergebnisse aus der dritten Phase der wissenschaftlichen Begleitung zur offenen Ganztagsschule dokumentiert. Der Runderlass des Schulministeriums zur offenen Ganztagsschule in Nordrhein-Westfalen formuliert den Anspruch „eines regelmäßigen und fachgerechten Austauschs zwischen den Lehrkräften und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den außerunterrichtlichen Angeboten mit dem Ziel der Verknüpfung des Unterrichts mit den außerunterrichtlichen Angeboten in der Ganztagsschule.“

Auch in der wissenschaftlichen Fachliteratur nimmt die Verbindung des unterrichtlichen Lernens mit den außerunterrichtlichen Ganztagsangeboten einen zentralen Stellenwert ein. Verzahnung ist möglich – so das Fazit der hier vorliegenden Untersuchung, die erste Ergebnisse aus der dritten Phase der wissenschaftlichen Begleitung zur offenen Ganztagsschule dokumentiert. Hans Haenisch beschreibt ein vielfältiges Spektrum der Formen und Möglichkeiten, die sich in Offenen Ganztagsschulen beobachten lassen. Die meisten „Fundstellen“ beziehen sich auf die Verbindung zwischen Unterricht auf der einen und dem Handlungsfeld der Förder- und Freizeitaktivitäten auf der anderen Seite. Der Autor stellt fest, dass auch offene Modelle der Ganztagsschule ein breites Spektrum bildungsfördernder Verbindungen von Unterricht und außerunterrichtlichen Ganztagsangeboten ermöglichen.
Für die Entwicklung von Verzahnungsaktivitäten sind, so der Autor, drei Aspekte maßgeblich:

  • die Kooperation von multiprofessionellen Fachkräften in der Offenen Ganztagsschule, die sich möglichst auch in Gremien wieder findet,
  • eine Konzeption, die im Schulprogramm oder einem eigenen Leitbild Ausdruck findet, sowie
  • Zielklarheit, denn eine Verknüpfung von Aktivitäten braucht konkrete Anlässe und Aufgabenstellungen, die den Ausgangs- und Zielpunkt einer sich schrittweise entwickelnden Zusammenarbeit darstellen.

Bei der Umsetzung rückt insbesondere die Beteiligung von Lehrkräften an den außerunterrichtlichen Aktivitäten der Offenen Ganztagsschule in das Blickfeld. Schülerinnen und Schüler außerhalb des Unterrichts zu erleben, die Förderung einzelner Kinder mit Pädagoginnen und Pädagogen des außerunterrichtlichen Bereichs gemeinsam zu beraten oder selbst durchzuführen, Kinder besser und ganzheitlicher verstehen zu können: diese und andere Aspekte wirken auch unmittelbar auf das unterrichtliche Geschehen und helfen, Kinder individueller zu unterstützen. Die Landesregierung hat diesen Ansatz unter anderem mit der Verdoppelung des Lehrerstellenanteils zum 1.2.2006 unterstützt.
Haenisch spricht sich dafür aus, unseren Begriff von „Verzahnung“ zu erweitern und ihn nicht nur auf die Verbindung von Inhalten des Unterrichts bzw. Themenstellungen des schulischen Curriculums mit den außerunterrichtlichen Angeboten des offenen Ganztags zu beziehen. Die strukturierte Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und außerunterrichtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beziehen sich auch auf die motivationale und soziale Seite des Lernens. Damit greift der Autor Diskussionen auf, wie sie u. a. im 12. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung geführt werden.
Er reklamiert die eigenständige Bedeutung von außerunterrichtlichen Ganztagsangeboten für die Schule und wirft die Frage auf, welche Intensität von Verzahnung sinnvoll erscheint – eine Frage, deren Beantwortung ein interessanter Gegenstand weiterer Untersuchungen zur (Weiter-)Entwicklung von Ganztagsschulen werden könnte.
Die hier dargestellten Beispiele und Erfahrungen bieten vielfältige Anregungen für die Praxis. Ende 2009 liegen umfassende Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung der offenen Ganztagsschule vor, die einige der Erkenntnisse dieser Untersuchung vertiefen. Damit verfügt Nordrhein-Westfalen über einen einzigartigen Fundus an wissenschaftlichen Erkenntnissen, die zur qualitativen Weiterentwicklung nicht nur von offenen Ganztagsschulen beitragen dürften. Das Thema der Verzahnung wird weiterhin oben auf der Tagesordnung stehen, um die Chancen und Potenziale von Ganztagsschulen wirksam zu nutzen, denn, so Haenisch, „Verzahnungsaktivitäten sind Schulentwicklungsaktivitäten“.

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Autoren: Uwe Schulz und Silvia Szacknys-Kurhofer
Datum: 28.12.2010
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