Vorwort von Heike Kahl
Der Begriff der „Bildungslandschaften“ ist aus der aktuellen bildungspolitischen Debatte nicht mehr wegzudenken. Doch was meint er, woher leitet er sich ab? So schillernd wie der Begriff selbst ist die Bildungsgeographie. Einmal sind ursächlich ganz sicher die PISA-Ergebisse zu erwähnen, die mit ihrer Schockwirkung das gesamtgesellschaftliche Vertrauen in unser Schulwesen tief erschütterten. Sie lösten nicht nur die Diskussion um Bildungsstandards, Zentralabschlüsse und die Mehrgliedrigkeit der deutschen Schule aus, sondern veranlassten den Bund mit dem Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ zu einer nationalen Initiative und damit zum unterstützenden Eingreifen in eine Domäne der Länderhoheit. Bildung wurde damit gewissermaßen in den Rang einer „Chefsache“ erhoben. Genauso wurde durch die PISA-Studien aber auch das Nachdenken über Bildungin der frühen Kindheit angestoßen, womit den Aspekten non- und informeller Bildung sowie der Überwindung eines einseitig schulisch-kognitiven Bildungsbegriffs Vorschub geleistet wurde. An dieser Stelle zeichnen sich deutlich Überschneidungen zu den Ansprüchen und Erwartungen an ganztägige schulische Angebote, aber auch zu den Forderungen des Zwölften Kinder- und Jugendberichts auf ganzheitliche, biografisch stimmige Bildungsförderung ab.
Ein solches, subjektorientiertes Verständnis von Bildung steht seinerseits im Einklang mit zahlreichen – z. T. öffentlich geförderten – Initiativen, die Bildung bürgernah „in die eigene Hand nehmen“, nicht zuletzt auch, um die psychosozialen Folgen verknappter Ausbildungs- und Arbeitsplätze einzudämmen. Damit betreten ganz neue Akteure die bislang von der öffentlichen Verwaltung besetzte Bildungsbühne, nämlich ein Kreis zunächst privat interessierter, engagierter Personen, die sich mit fortschreitender Zeit und Erfahrung zu unterschiedlichen Rechtsformen zusammenschließen: Vereine, Firmen, Stiftungen.Schließlich entdecken Kommunen in der Dynamik des sozio-strukturellen und demografischen Wandels eine neue Vielfalt und weit reichende Bedeutung des Bildungsbegriffs – in Stichworten angedeutet: lebenslanges, intergeneratives Lernen, Bildung als Investitionsgut, Kapital von morgen, Standortvorteil …
Angesichts der Unterschiedlichkeit der zahllosen, hier nur kurz angerissenen Einflussfaktoren und Akteure auf dem „Bildungsmarkt“ und der daraus resultierenden Unübersichtlichkeit sind vor allem zwei Punkte offenkundig:
von Wolfgang Mack
Der Begriff „Lokale Bildungslandschaften“ bezeichnet Ansätze und Konzepte kommunaler Jugend- und Bildungspolitik, die versuchen, Kindern und Jugendlichen bessere Bedingungen und vielfältige Gelegenheiten für ihre Bildung zu bieten und insbesondere Kinder und Jugendliche in benachteiligten Lebenslagen und schwierigen Lebensverhältnissen besser und wirksamer zu fördern. Schule und Jugendhilfe sind die beiden zentralen öffentlichen Institutionen, um Idee und Programm verwirklichen zu können. Ohne eine gestaltende und steuernde kommunale Politik und Verwaltung bleibt diese Kooperation allerdings
in situativer, bilateraler Zusammenarbeit, in stadtteilbezogenen oder in thematischen Arbeitskreisen verhaftet. Es fehlen übergeordnete, gemeinsame, von allen getragene Ziele und geeignete Strategien, diese erreichen zu können. Deshalb stellen kommunale Verwaltung und Politik den zentralen und unverzichtbaren Akteur in einem Projekt „Lokale Bildungslandschaften“ dar.
Das Thema „Lokale Bildungslandschaften“ ist in mehrfacher Hinsicht aktuell.
Melanie Helm – Mitarbeiterin der Regionalen Serviceagentur berät Akteure
Mit diesen Diskussionen, Konzepten und Entwicklungen, die den Kontext des Themas „Lokale Bildungslandschaften“ im kommunalen Raum bilden, bekommt die Frage nach dem Zusammenwirken von Jugendhilfe und Schule eine neue Aktualität. Der erste Teil dieses Beitrages vermittelt überblicksartig einen thematischen Zugang, der im zweiten Teil mit Ansätzen und Strategien zum Aufbau lokaler Bildungslandschaften exemplarisch illustriert wird.
Datum: 23.10.2007
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