Wenn Schulen im Ganztag mit außerschulischen Partnern zusammenarbeiten wollen, dann muss es eine verbindliche Grundlage geben. Nach dieser können sich die Akteure aufeinander verlassen und den Ganztag zuverlässig bereichern. Im Mittelpunkt ganztägiger Angebote müssen die Interessen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen nach Bildung, Förderung, Integration, Begegnung und Erholung stehen.
Die Lebenswelten der Kinder, ein erweitertes Bildungsverständnis (kognitiv, sozial, emotional, moralisch, ästhetisch) und aktivierende Lernformen und -methoden sollten für die Entwicklung der pädagogischen Profile und Konzepte maßgeblich sein. Dabei ist zu beachten, dass in den nächsten Jahren die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen insbesondere im ländlichen Raum starken Veränderungen unterworfen sein werden. Wegen der Halbierung der Zahl der jungen Menschen und längeren Schulwegen verringern sich sowohl ihr Freizeitfonds als auch die vorhandenen öffentlichen Freizeitangebote. Schule mit ganztägigen Angeboten will und soll ein neues Bildungsverständnis entwickeln und sich als jugendkultureller Gegenwartsort verstehen. Aus solchen Perspektiven können Kooperationen mit außerschulischen Partnern attraktiv werden.
1. Schritt: Gegenseitige Interessebekundung
Die Initiative kann sowohl von der schulischen Seite, als auch vom außerschulischen Partner ausgehen. Falls es eine Vorgeschichte gibt, könnten die bisherige Zusammenarbeit, Kontaktqualität, Enttäuschungen, Wünsche usw. auch schon hier zum Thema gemacht werden. Auch ein Verständigungsprozess über die Motivationen der Partner/innen, sich für ein Kooperationsvorhaben zu interessieren, sollte beginnen. Ggf. merken Schule und außerschulischer Partner hier, dass sie nicht zusammen passen. Vielleicht entstehen aber auch vertieftes Interesse und erstes Vertrauen.
2. Schritt: Getrennte interne Klärung bei den Kooperationspartnern
In der zweiten Phase sollten außerschulischer Partner und Schule je für sich Klärungen herbeiführen.
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Was wollen wir?
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Was bieten wir?
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Welche Vorstellungen über Kooperation haben wir?
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Wofür wünschen wir uns Ergänzungen und Zusammenarbeit?
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Was erwarten wir als Gewinn?
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Welche Ziele passen in das Vorhaben, welche nicht?
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Welche Werte, Motive und Interessen verbinden wir mit dem Vorhaben?
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Welche Ergebnisse streben wir an?
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Sind die zugesagten / erwarteten Leistungen mit
unseren Mitteln zu erbringen?
Einerseits ist es wichtig, eigene Vorstellungen zu entwickeln. Andererseits sollte genügend Offenheit bewahrt werden, so dass der Kooperationspartner genügend Möglichkeiten hat, seine Ideen einzubringen und das Konzept mit zu gestalten. Gefragt ist von schulischer Seite ein Nachdenken darüber, wie Kooperationsideen mit der Gestaltung verschiedener schulischer Bereiche verbunden werden können, etwa mit: Fächern und Lernbereichen, Beratung von Schüler/innen, individueller Förderung, der Verpflegung, Begegnungs- und Rückzugsangeboten, Raumnuzungskonzepten, der inneren und äußeren Rhythmisierung, Mitwirkungsprozessen bei Abläufen und Angeboten, der Förderung einer Kommunikations- und Konfliktkultur insgesamt.
Folgende Gesichtspunkte können für den außerschulischen Partner beachtenswert sein:
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eigene Interessen heraus arbeiten und mit denen des Partners vergleichen
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bei Schulträger und Schulen Planungsstände erfragen
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Ziele und mögliche Angebote für das Kooperationsprojekt entwickeln
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bei größeren Vorhaben ggf. Abstimmung mit dem Jugendamt und im Rahmen einer Schwerpunktsitzung im Jugendhilfeausschuss (der Träger sollte nur in aufwändigere Kooperation investieren, wenn mittelfristig jugendhilfeplanerisch eine Bestands- / Ressourcensicherheit vorhanden ist)
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beim Träger gemäß Satzung o.ä. Beschlüsse herbei führen, notwendige Ebenen beachten, Pflichten festlegen, Zeitleiste erstellen, Beauftragungen einrichten, z.B. für
– Literaturbeschaffung und -sichtung
– Hospitationen
– Besuche von Fachveranstaltungen
– Einladung von Referent/innen in die Einrichtung
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Information auf örtlicher Ebene über geplantes Vorhaben (Art und Adressat/innen gemäß lokaler Situation)
Einige parallel laufende Aktivitäten des schulischen Partners können sein:
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eigene Interessen heraus arbeiten und mit denen des Partners abgleichen
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Ziele für das Ganztagsangebot / Kooperationsprojekt entwickeln
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Kollegiumsauftrag für die Einrichtung einer Vorbereitungsgruppe einholen, Pflichten festlegen, vorläufige Zeitleiste erstellen, Beauftragungen einrichten, z.B. für
– Literaturbeschaffung und -sichtung
– Hospitationen
– Besuche von Fachveranstaltungen
– Einladung von Referent/innen an die Schule
– erste konzeptionelle Überlegungen
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ggf. erste Abstimmungen mit Vertreter/innen aus Eltern- und Schülerschaft
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Rückkoppelung mit Schulträger und Schulaufsicht
3. Schritt: Kooperationsstiftung
Kooperation hat nur Bestand, wenn alle Beteiligten Nutzen ziehen. So müssen die Kooperationspartner in dieser Phase aushandeln, ob ihre genaueren Vorstellungen miteinander vereinbar sind. Zu beachten sind dabei die naturgemäß unterschiedlichen Organisationsstrukturen und Handlungsabläufe im schulischen und im Jugendhilfebereich. Zunächst werden gewünschte Inhalte eines Kooperationsprojektes bzw. Ergänzungsangebotes formuliert. Gemeinsame Themen beinhalten allerdings nicht automatisch identische Interessen und Ziele. Verschiedene Interessenlagen und Ziele schließen die Möglichkeit von Kooperation nicht aus. Hier muss ein Verständigungsprozess in Gang gesetzt werden.
Dieser sollte sowohl Abgrenzungen als auch Verständnis für die Interessenlage des Partners einschließen.
Bislang unvermutete Möglichkeiten und Chancen der Zusammenarbeit können sich vor allem eröffnen, wenn nach Gewinnen für junge Menschen und Gewinnen für die Kooperationspartner gesucht wird.
Kooperation heißt:
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gemeinsame Planung und Konzeptentwicklung;
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Ressourcen von beiden Seiten;
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strukturelle und schriftliche Absicherung.
Eine gemeinsame Gesamtverantwortung ist bei Kooperationsvorhaben unverzichtbar. Ergänzungsangebote benötigen genaue organisatorische Absprachen und klare Zuständigkeitsdefinitionen. Mögliche Schritte sind:
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genaueres Kennenlernen des Partners, Austausch über Strukturen und Bedingungen im eigenen und anderen Feld (gesetzliche Grundlagen, pädagogische Prinzipien, organisatorische und inhaltliche Abläufe im eigenen Bereich, objektive Beschränkungen, Finanzierungsstrukturen …); Folge: Wissen über Möglichkeiten und Grenzen, Ziele und Arbeitsweisen
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Klärung der bisherigen Geschichte (soweit nicht schon in Phase 1 erfolgt), Austausch
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gegenseitige Vorstellung der Interessen und Ziele, bezogen auf die Bedarfe und Chancen mit Blick auf die Jugendlichen
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gemeinsame Ziele finden
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Ergänzungs- / Kooperationsvorhaben bestimmen
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Verabredungen zum weiteren Vorgehen treffen (Personen, Zeiten, Orte);
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Bestimmung des Forums für die weitere Kooperation, z.B. Einrichtung einer Projektgruppe mit Schul-, Einrichtungs-, Trägervertreter/innen
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Rückkoppelung der Ergebnisse in die Bereiche
4. Schritt: Bedarfsermittlung, Planung und Vorbereitung des Kooperations- / Er-gänzungsvorhabens
Hier sind nun beide Seiten gefragt. Bei grundsätzlichem Interesse in beiden Bereichen können die zentralen Vorbereitungsarbeiten für die Projektentwicklung starten. Zu fragen ist nicht nur, was aus professioneller Sicht sinnvoll ist. Zu erheben ist auch, was Eltern und Schüler/innen wünschen und inwieweit diese Vorstellungen im bisherigen Schulprogramm berücksichtigt worden sind. Die Bedarfserhebung sollte gemeinsam vorbereitet oder mindestens gut besprochen werden, soweit die Wünsche und Interessen der Schüler/innen und Eltern schon erkundet wurden. Eine mögliche Vorgehensweise ist (Schule und außerschulischer Partner müssen sich abstimmen, was auf das Vorhaben bezogen sinnvoll ist):
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Erstellung von einfachen, wenig aufwändigen Bedarfserhebungsinstrumenten (Kollegium, Schüler/innen, Eltern)
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ggf. Einbindung von Schüler/innen in die Erkundung
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Erhebung der Bedarfe, z.B.grundsätzliches Interesse von Eltern; inhaltliche Vorschläge der Eltern
– Inhalte: Freizeit- und Bildungsinteressen der Jugendlichen, Förderbedarfe, Rückzugsmöglichkeiten …
– Zahl der interessierten / teilnehmenden Jugendlichen
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Erhebung der Bedingungen, z.B.
– räumliche Bedingungen
– interessierte Personen
– Interessenlagen der Träger
– Finanzierungsideen
– Schülertransport
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Auswertung der Bedarfserhebungen und Bedingungsuntersuchung gemäß Verabredung
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gegenseitige Besuche (Hospitationen), persönliche Begegnungen vereinbaren
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Konzeptionsgruppe bilden, die das Konzept gemeinsam erstellt bzw. das eingereichte Konzept in Phase 5 diskutiert und bearbeitet.
5. Schritt: Konzepterstellung
Gemeinsam erfolgt eine Planung der Aktivitäten und eine Beschreibung der Aufgaben für beide Partner. Dabei geht es unter anderem darum, pädagogische Ideen mit den strukturellen Möglichkeiten zu verbinden und begleitend organisatorische Abläufe zu klären. Die Ziele der jeweiligen Kooperationsprojekte sollten in den Kontext des Schulprogramms gestellt werden. Bei kleineren Ergänzungsvorhaben durch außerschulische Partner sind Abkürzungsstrategien zu wählen. Je klarer die Aufgabendefinition, die Rollen und die Zuständigkeiten festgelegt sind, desto eher können spätere Schwierigkeiten gemindert werden. Günstig wäre es, wenn die Konzeptentwicklung auf einem pädagogischen Leitbild der Schule aufbauen kann bzw. wenn ein Leitbild (Kooperation am Ganztag: Wofür? Wozu?) zwischen den Partnern ausgehandelt wird.
Einige mögliche Fragen, die am Anfang stehen können:
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Welche besonderen Schwierigkeiten haben die Kinder und Jugendlichen beim Aufwach-sen in der Gesellschaft allgemein und speziell in unserer Region? Was fehlt?
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Welche besonderen Stärken und Interessen zeigen die Schüler/innen?
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Welche Schülergruppen haben wir an der Schule (unerschieden nach Herkunf, ethnischem Hintergrund, Geschlecht, Leistungsvermögen …)? Werden wir ihnen in ihrer Verschiedenheit bisher gerecht?
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Wieviele Schüler/innen mit besonderen Problemlagen lernen bei uns? Was tun wir bisher für sie?
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Welche Hilfen geben wir beim Übergang von der Schule in den Beruf?
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Welche Anregungen unterbreiten wir zur Freizeitgestaltung und Interessenförderung?
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Welche Förderangebote existieren bisher, welche brauchen wir zusätzlich?
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Wie können wir ein angenehmer Ort sein, an dem Kinder und Jugendliche gerne sind?
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Wie sind unsere Kontakte zu Betrieben, Jugendamt, kommunalen Einrichtungen, Vereinen, Verbänden, Initiativen? Wie können wir die Kontakte ausbauen? Welche dieser Partner wollen wir gezielt ansprechen? Welche Beiträge erwarten wir?
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Wie sollen am Nachmittag Freizeitgestaltung, Rückzug, Interessenförderung, individuelle Unterstützung für Kinder und Jugendliche in besonderen Problemlagen usw. gewichtet werden?
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Welche Ressourcen können wir in die Zusammenarbeit mit Partnern einbringen?
Mögliche Schritte sind:
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Ausgangssituation und Bedarf formulieren
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pädagogische und strukturelle Leitprinzipien festlegen:
Schule als Erfahrungsraum, Schülerbedürfnisse, soziales Lernen, Schule als jugendkultureller Ort, Mitwirkung, Ernst- und Verantwortungsprojekte, Förderung von Leistungsschwächeren und Leistungsstärkeren, Entwicklung von Talenten, Schule als Polis, zivilgesellschaftliches Verhalten …
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inhaltliche und organisatorische Konzeptelemente erarbeiten und auf Leitprinzipien beziehen (ggf. Schulprogramm erweitern)
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Angebotsbeschreibung, z.B. Förderprogramme (Defizitausgleich, Talentförderung, Qualifikationserweiterung …), Wahlangebote (Projekte, Neigungs- und Interessengruppen)
Raum- / Flächengestaltung, Pausengestaltung u.a.m.
Im Angebote enthalten:
– Ziele des jeweiligen Projektes / Angebotes (ggf. Bezug zu Gesamtprogramm herstellen)
– getrennte / gemeinsame Aufgaben und Zuständigkeiten
– Zeitstrukturen für das Angebot
– Gruppenstärke
– Modalitäten des Personaleinsatzes, Auswahl der Honorarkräfte, Vertretungsre-gelung
– Zusammenarbeit zwischen Schule und Partner
– Raumplanung (Schule, außerschulischer Ort) und Raumnutzung
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Kostenfragen regeln
– Umfang des Mittelbedarfes für Sach- und Honorarkosten
– Finanzierungsquellen
– Finanzierungsanteile
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begleitende organisatorische Abläufe klären
– Anmeldeverfahren
– Vertragsgestaltung
– Erhebung, Buchung, Verwendung von Elternbeiträgen
– Fach- und Dienstaufsicht
– Versicherung
– Hausmeister-Einsatz
– Telefonnutzung
– Heizung
– Schließbefugnis
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Schülerbeförderung sichern und ausweisen
6. Schritt: Entscheidung und Vereinbarung
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Regelungsthemen für Vereinbarungen bestimmen, ggf. ergänzend zum Konzept und/oder in der Wiederholung wichtiger Festlegungen, z.B.
– Inhalte und Themen der Kooperation,
– Veranstaltungsort, -raum, -zeit,
– Personaleinsatz, Vertretung,
– Rechte und Pflichten der Partner,
– Foren für Rückmeldung, Abstimmungen, Auswertung, Konfliktklärung
– Finanzierung,
– Versicherungsregelungen u.a.m. nach Bedarf
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Vereinbarungstext aushandeln und Unterschriftsprozedere bestimmen
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Beratung in der Schule (Schulleitung, Lehrerkonferenz, Schulkonferenz …)
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Beratung bei den Kooperationspartnern (Träger, Einrichtung, ggf. Jugendamt
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gemeinsame Beratung
Datum: 14.04.2008
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