von Prof. Karl Heinz Timm
Der Trend erscheint zur Zeit eindeutig: Ein großer Teil der Jugendlichen wird mehr Zeit in der Schule verbringen. (Ganztags-)Schulen müssen daher zunehmend Aufgaben übernehmen, die über reine Wissensvermittlung weit hinausgehen. Aber sind Lehrkräfte als alleinige Bildungsanbieter und professionelle Beziehungspartner/innen von Jugendlichen dabei nicht überfordert? Und sind Schulen räumlich auf lange Tage vorbereitet? Viele Schulen vermitteln bisher noch weitgehend das Bild und das Flair einer unfreundlichen, unwirtlichen Anstalt. Es fehlt mancherorts einiges, was zu einem anregenden Lern- und Wohlfühl-Ort gehören müsste. Gleichwohl stehen Schulen immer noch halbe Tage, ganze Abende, volle Tage in den Ferien leer. Höfe, Aula, Turnhalle, Arbeitslehre-Räume und Computerkabinette könnten stärker genutzt werden. Auch Kompetenzen warten auf Verzahnung. Schule und Lehrkräfte können nicht alles (gut oder besser).
Nicht zuletzt stehen das herkömmliche Bildungsverständnis und traditionelle didaktisch-methodische Arrangements auf dem Prüfstand. Schule macht sich vermehrt pädagogische Haltungen und Methoden zunutze, die in der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung bereits fest verankert sind. Arbeitsansätze wie Projektunterricht, Aufsuchen außerschulischer Lernorte, Service Learning, Freiarbeit, fächerübergreifende Arbeit in Lern- und Erfahrungsbereichen zum Beispiel werden schulseitig häu.g im Prinzip bejaht. Sie erfordern aber erhebliche organisatorische Umstellungen im Schulalltag – und eine Menge Zusammenarbeit mit Kolleg/innen und außerschulischen Partnern.
Erinnern wir uns kurz an einige zentrale Aufgaben und Kompetenzfelder der Jugendarbeit:
Die Jugendarbeit (professionell oder im Rahmen qualifizierter Ehrenamtlichkeit der Jugendverbände) unterbreitet außerschulisch etwa Angebote in den Bereichen Ästhetik, Bewegung, Umwelt, Musik, Politik, Medien, Selbstfindung. Jugendarbeit versteht Jugend als Experimentierraum. Unter anderem unterstützt sie Kinder und Jugendliche dabei herauszufinden, wie sie leben möchten. Jugendverbände arrangieren eher thematische Bildungsgelegenheiten, die offene Jugendarbeit bietet u.a. Jugendräume zur Erholung, Beratung, Freizeitgestaltung… Auch dort bilden sich junge Menschen in offenen Situationen und entlang herausfordernder Aufgaben. Eigenverantwortung und Persönlichkeitsentwicklung, Selbstorganisations-, Selbstwirksamkeits- und Demokratieerfahrung sind einige der Leitprinzipien, aus denen sich Ziele und Methoden ableiten lassen.
Die Jugendarbeit hat etwas zu bieten: Wissen über Lebenswelten und Erfahrungen mit Jugendkulturen; lebendige, abwechslungsreiche Methoden; Personal; Räume; sächliche Ressourcen…
Die Jugendarbeit kann sich allerdings nicht mehr ungefährdet auf „edle Motive“ berufen, sondern muss sich nach außen über Wirkungen rechtfertigen. So steht Jugendarbeit durchaus unter Druck. Der demografische Wandel (insbesondere im Osten der Republik) und die Kassenlagen der Kommunen werfen Fragen auf.
Mehr Informationen und Analysen:
„Jugendarbeit in der Ganztagschule – Eine Arbeitshilfe“
Zusammengestellt: Schweder
Datum: 02.02.2007