Fundraising für unsere Ganztagsschule

(c) DKJS / D. Ibovnik
DKJS/D. Ibovnik

Werkstatt „Schule ist Partner!“

Die Arbeitshilfe, die wir Ihnen hier mit einem Gespräch vorstellen, soll Ihnen zeigen, was Fundraising ist und wie es funktioniert. Sie richtet sich an Lehrerinnen und Lehrer, Schulleitungen, Schulträger, Eltern oder auch Schüler und Schülerinnen, kurzum an alle Personen, denen das Wohlergehen Ihrer Schule ein Anliegen ist. Wenn dieses Heft zwar vorrangig Schulen anspricht, so kann sein Inhalt aber mit einigen einfachen Anpassungen auch für beispielsweise Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit oder andere kleine Non-Profit-Organisationen nutzbar gemacht werden. Also zögern Sie nicht, diese Arbeitshilfe zum Beispiel an Kooperationspartner Ihrer Schule weiter zu geben.

Was bringt Fundraising für meine Ganztagsschule?

Wenn Sie gezielt nach einer Hilfestellung zum Thema Fundraising gesucht haben, soll dieses Heft Ihnen dazu dienen, einen Einstieg in das Thema zu bekommen. Es soll den Funken, der in Ihnen glüht, zum Überspringen bringen. Diese Arbeitshilfe soll klären, was Fundraising überhaupt bedeutet und was es für Ihre Schule leisten kann, aber auch, was es nicht kann und was es nicht ist. Sie wird Ihnen dabei helfen, eine realistische Einschätzung von einer Tätigkeit zu bekommen, die sich, wenn sie richtig durchgeführt wird, zwar nicht von selbst erledigt, die aber mit ein bisschen Willen und der Bereitschaft, etwas nachhaltig zu verändern, frischen Wind in Ihren Schulalltag bringt.

Ist Ihnen dieses Heft zufällig in die Hände gefallen, dann soll es Sie auf eine spannende Herausforderung neugierig machen. Sie wird Ihnen mit dem Fundraising ein Mittel näher bringen, das Ihnen dabei helfen kann, Ihr Schulleben sorgloser und attraktiver zu gestalten.

Ein Beispiel aus der Praxis Regelschule „Johann Wolf“ in Dingelstädt

Um Ihnen zu zeigen, dass gelungenes Fundraising kein Märchen ist, haben wir Beispiele recherchiert, die Ihnen zeigen, was andere bereits geschafft haben und welche Erfahrungen sie dabei gesammelt haben. Vorgestellt werden eine Einzelschule, eine Stiftung und eine regionale Bildungslandschaft. Die Werkstatt „Schule ist Partner!“ hat dort jeweils persönliche Gespräche geführt. Die Beispiele sind im kleinstädtischen oder ländlichen Raum angesiedelt, wo Schulen besonders um den Erhalt ihrer Standorte besorgt sein müssen und der Kreis der verfügbaren Partner kleiner ist als in großen Städten. Die Stadt Dingelstädt liegt im ländlich geprägten Nordwesten Thüringens und hat etwa 4.700 Einwohner/innen. Weitere ca. 3.500 Menschen leben in den Nachbargemeinden, die ebenfalls zum Einzugsgebiet der Dingelstädter Schulen gehören. Das Schulangebot umfasst neben der Regelschule1 „Johann Wolf“ eine Grundschule, eine Förderschule und ein staatliches Gymnasium.

Zurzeit besuchen 230 Schüler/innen aus Dingelstädt und aus acht Nachbargemeinden die Regelschule „Johann Wolf“ und es unterrichten dort 31 Lehrer/innen. Als Ganztagsschule bietet die Schule ca. 35 verschiedene Neigungskurse an. Sie hat einen eigenen Schulverein. Da die Schule für das Bildungsangebot in einem großen Gebiet sorgen muss, steht sie vor der Herausforderung, für viele verschiedene Talente und Neigungen etwas zu bieten. Zu den angebotenen Neigungskursen gehören auch mehrere Fitnesskurse – und hier stoßen wir auf das beispielhafte Fundraising-Projekt der Schule: den Kraft- und Fitnessraum, den Sportlehrer Andreas Schack über einen Zeitraum von zwei Jahren mit gespendeten Geräten eingerichtet hat.

Wir haben Herrn Schack befragt, wie das Projekt entstanden und gelungen ist:

Werkstatt: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, an der Schule ein professionelles Fitnessstudioüber Spenden einzurichten?

A. Schack: Es fing an im Jahr 2003/04. Ich war seit ca. einem Jahr als Sportlehrer an der Schule. Wir hatten damals schon eine Arbeitsgemeinschaft Fitness und Kraftsport. Motivation war unter anderem die aktive Teilnahme am Thüringer Programm „Bewegte Schule“. Das Programm hatte zum Ziel, Schülerinnen und Schüler in den Pausen und in der Zeit außerhalb des Unterrichts an Bewegung heranzuführen. Die damalige AG haben wir mit einfachster Ausstattung durchgeführt, gerade mal mit ein paar kleinen Hanteln und den Möglichkeiten, die eine Turnhalle bietet. In dieser Zeit habe ich eine Weiterbildung an der Uni Jena besucht und die Thematik der sportlichen und physischen Entwicklung unserer Jugendlichen, von denen schon viele mit Rückenschmerzen und Übergewicht zu kämpfen haben, hat mich sehr beschäftigt. Ich war sehr motiviert, die theoretischen Aspekte in meiner praktischen Arbeit im Bereich des Schulsports umzusetzen. Kollegen und Uni-Dozenten in Jena haben mich darin sehr unterstützt.

Dann war ich als Weiterbildungsreferent unserer Schule beim Sportlehrertag mit dem Thema „Pump – ein heißes Eisen für den Schulsport?“ aktiv und in mir wuchs der Gedanke immer mehr, ob und wie man das ganze in professioneller Form aufbauen könnte. Ich bin selbst schon lange im Kraft- und Fitnesssport aktiv, habe auch als Instructor gearbeitet, kenne die Branche recht gut und verfüge dort über gute Kontakte. Deswegen habe ich beschlossen, einmal die Möglichkeiten für Sachspenden auszuloten. Ich habe dann alle großen Gerätehersteller, die ich mit Hilfe einer Fitnesszeitung ermittelt hatte, intensiv kontaktiert.

Werkstatt: Kamen so die Kontakte zustande?

A. Schack: Nun, es hat sehr geholfen, dass ich gute Kontakte in der Branche habe und weiß, wen ich zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Problem ansprechen kann. Angefangen habe ich mit kleinen Erfolgen bei Sporternährungsherstellern und Sportartikelfirmen. Danach bin ich dazu übergegangen, die großen deutschen Gerätehersteller anzusprechen. Ich war überrascht, wie positiv die Resonanz war! Eine Firma hat gleich fünf Geräte im Wert von insgesamt 10.000 Euro gespendet. Ein renommierter Gerätehersteller hat für uns am Flughafen München Geräte bereitgestellt, wir brauchten uns dann nur noch um den Transport an die Schule zu kümmern. Da hieß es, erneut zum Telefon greifen, und auch hier hatten wir Glück, dass wir eine Spedition gefunden haben, die die Route gefahren ist und die Geräte kostenlos für uns transportiert hat.

Werkstatt: Wie viel Aufwand haben Sie für dieses Projekt betrieben?

A. Schack: Es hat etwa zwei Jahre gedauert, in denen mich unsere Schulsekretärin jeden Tag an ihrem Telefon ertragen musste. Natürlich fängt es immer langsam an, aber dann war die Resonanz so positiv, dass ich sogar Spenden ablehnen musste. Am Ende hätte ich glatt ein zweites Studio einrichten können. Geräte, die wir nicht mehr aufstellen konnten, haben wir zur großen Freude aller „Betroffenen“ an die Regelschule der Stadt Bleicherode abgegeben. Der Gesamtwert unserer Studioeinrichtung beläuft sich auf ca. 60.000 Euro.

Werkstatt: Welche Anreize konnten Sie als Schule den Gebern bieten? Was haben die von ihrer Spende?

A. Schack: Nun, wir haben als Schule materiell erst einmal nicht viel zu bieten. Da muss man von Anfang an mit offenen Karten spielen. Was wir einbringen konnten, war die Logistik, dass wir die Geräte selbst transportieren konnten. Da hat uns die Stadt Dingelstädt auch hervorragend unterstützt und uns Fahrzeuge, Personal und das Benzin zur Verfügung gestellt.
Alle Spender haben eine Sachspendenquittung über den Wert ihrer Waren nach §10 b des Einkommensteuergesetzes erhalten, die sie steuerlich geltend machen konnten. Und natürlich bekommen die Spender unseren herzlichen Dank. Sie wurden zur offiziellen Eröffnung des Studios mit entsprechendem Pressetermin und Radiomitteilungen eingeladen. Auch der Landrat, der Schulrat, Vertreter des Schulamtes und der Bürgermeister der Stadt Dingelstädt, die das Projekt mitgetragen haben, waren bei der offiziellen Eröffnung anwesend und haben sich zur Freude aller anwesenden Fotografen auf Laufband oder Stepper gestellt.

Werkstatt: Wie ist die Akzeptanz bei Schüler/innen, Eltern und Lehrerinnen und Lehrern?

A. Schack: Sehr hoch. Nutzen dürfen das Studio unsere eigenen Schüler, aus gesundheitlichen und sportmedizinischen Gründen allerdings nur die Klassen neun und zehn sowie die Schüler der Klassen zehn bis zwölf des Gymnasiums der Stadt, mit dem wir eine Kooperationsvereinbarung geschlossen haben. Dazu kommen die Kolleginnen und Kollegen unserer Schule, der Grundschule
und des Gymnasiums. Die Schüler zahlen pro Monat einen Euro. Dabei geht es vor allem um das Prinzip „Was nichts kostet, taugt nichts“. Schon dieser geringe Beitrag hilft, dass die Jugendlichen mit den teuren Geräten sorgsam umgehen. Die Erwachsenen zahlen einen etwas höheren Beitrag, und dieses Geld wird für Wartung und Reparaturen zurückgelegt. Wir bekommen sogar Anfragen von Vereinen und Privatpersonen, die das Studio nutzen wollen, aber das können wir nicht gestatten. Es gibt in Dingelstädt ein kommerzielles Fitnessstudio, mit dem wir weiter gut zusammenarbeiten wollen. Bevor wir unser eigenes Studio hatten, unterstützte uns das Fitnessstudio bei sportlichen Schulveranstaltungen. Wir konnten sogar einen von deren
Trainern gewinnen, der an unserer Schule Kampfsportkurse anbietet. Mittlerweile haben wir zusätzlich zu unserem Schulverein auch noch einen Kampfsportverein. Das kommerzielle Fitnessstudio profitiert nun davon, dass wir die Jugendlichen an den Sport heranführen: Wer einmal auf den Geschmack gekommen ist, will auch weitermachen, so dass sie sich häufig dort anmelden, wenn sie bei uns herausgewachsen sind.

Werkstatt: Was gibt es von rechtlicher Seite zu bedenken?

A. Schack: Rechtliche Fragen betreffen zum einen das Spendensammeln und zum anderen den laufenden Trainingsbetrieb. Das Abwickeln der Spenden macht für uns der Schulverein. Der ist nach § 10 b des Einkommensteuergesetzes berechtigt, Sachspendenquittungen auszustellen. Im laufenden Betrieb sind versicherungsrechtliche Fragen zu beachten. Die Nutzerinnen und Nutzer sind über den Schulsport bzw. Lehrersport versichert. Allerdings ist es erforderlich, dass ich als ausgebildeter Trainer anwesend bin. Schlüsselgewalt haben nur die Sportlehrer unserer Schule und geöffnet ist nur während der Zeit der Neigungskurse. Das ist aus Versicherungsgründen ebenfalls von großer Relevanz.

Werkstatt: Verfolgen Sie mit Fundraising an der Schule langfristige Ziele und setzen Sie es gezielt für bestimmte Projekte ein?

A. Schack: Ja. Mit dem Fitnessstudio einher ging, dass ich Kooperationspartner für Projekte gegen Gewalt und Drogen gewonnen habe. Zurzeit sind wir dabei, unser Schulcafé entsprechend einzurichten. Es soll ein Café werden, wo nicht nur Schüler, sondern auch Lehrer und unsere Kooperationspartner gern hingehen und wo alle miteinander in Kontakt kommen – alles unter dem Motto „Lebensraum Schule“. Ich habe mich also wieder ans Telefon gesetzt und mit den Möbelhäusern in der Region Kontakt aufgenommen. Wir haben darüber Sachspenden im Wert von rund 5.000 Euro zusammenbekommen. Meine Kollegen scherzen schon, ob ich für sie nicht was organisieren könnte, wenn sie eine neue Couch brauchen. Mir geht es darum, die Schule zu einem Wohlfühlort zu machen. Die Kinder sollen die Schule nicht als einen Ort empfinden, wo sie sein müssen, sondern Schule als einen Ort verstehen, an dem sie sich gern aufhalten, zu dem sie gern gehen, auf den sie sich freuen und vielleicht sogar ein bisschen traurig sind, wenn sie ihn verlassen.

Werkstatt: Wird die Fundraising-Aktivität an der Schule in irgendeiner Form evaluiert?

A. Schack: Wir haben dieses Thema sowohl regelmäßig in unseren Steuergruppensitzungen als auch auf der Tagesordnung unserer Dienstberatungen.

Werkstatt: Wenn Sie es insgesamt betrachten: Was sind aus Ihrer Sicht unerlässliche Voraussetzungen und förderliche Bedingungen für das Fundraising von Schulen?

A. Schack: Sie müssen sich mit der Sache identifizieren und müssen sehr belastbar sein. Wenn Sienicht für das brennen, was Sie vorhaben, kann auch kein Funke überspringen. Dann sind die ersten Hausaufgaben zu erledigen. Sie müssen überprüfen und sicherstellen, dass Sie alle Verantwortungsträger aus Ihrem Umfeld auf Ihrer Seite haben und diese Ihre Initiative unterstützen. Das bezieht sich sowohl auf das Schulamt als auch auf die Schulverwaltung. Dann brauchen Sie auch eine hervorragende Sekretärin. Was Sie persönlich brauchen, ist viel Stehvermögen. Sie müssen offen auf Menschen zugehen können und Geduld haben, bis Ihre Arbeit Früchte trägt. Im Laufe der Zeit macht man gute Wege ausfindig, wie man Erfolg hat. Wenn Sie sich, wie in meinem Fall, allein um die Aufgabe kümmern, ist es sehr viel Arbeit. Manchmal hätte ich mir vielleicht noch jemanden gewünscht, aber dann muss man die Aufgabenfelder sehr sauber abgrenzen und sich wirklich sehr gut abstimmen, um immer zu wissen, was erledigt und was noch zu tun ist. Enorm hilfreich ist es, wenn Sie für das Projekt, für das Sie Fundraising betreiben, „im Stoff stehen“, sich also in der Sache und entsprechenden Branchen gut auskennen und außerhalb der Schule gut vernetzt sind.

Werkstatt: Was sehen Sie als typische Stolpersteine?

A. Schack: Auf jeden Fall den Zeitfaktor: Fundraising ist eine Zusatzaufgabe, die Sie neben der normalen Arbeit machen, welche ja weiter ordentlich erledigt werden muss. Sie können keinen Erfolg haben, wenn die externen Bedingungen nicht stimmen: Die Schulleitung und der Schulträger müssen hinter Ihnen stehen und das Kollegium muss mindestens neutral sein. Ich hatte das Glück, dass sowohl der Schulleiter als auch der Schulträger sich sehr engagiert und unterstützend verhalten haben. Wenn sie der Meinung gewesen wären, dass es doch reicht, in der Turnhalle mit ein paar Hanteln zu trainieren, oder die beiden Klassenräume, in denen das Studio eingerichtet ist, lieber für etwas anderes verwendet hätte, wäre unser Fitness-Club „JOWO“ nie zustande gekommen. Aber unser Schulleiter war begeistert von dem Projekt und so durfte ich zum Beispiel das Schulsekretariat voll nutzen. Ich durfte Telefon und Fax und auch die Nerven unserer Sekretärin maximal belasten. Unsere gute Sekretärin hatte mit mir schon einiges auszustehen. (Anm. d. Werkstatt: Man hört die Sekretärin dazu im Hintergrund freundlich lachen.) Am Ende schließt sich der Kreis: Vor zwei Jahren haben wir mit Schülern, Eltern und Lehrern und Lehrerinnen ein Leitbild für unsere Schule ausgearbeitet und darin sind nun bewegungsfreundliche Angebote als Baustein fest verankert. Wenn sich unser Leitbild in einem Bereich auch daran orientiert, weiß ich, dass meine Arbeit auch perspektivisch erfolgreich war, und darauf bin ich stolz.

 

Fundraising als Herausforderung und Chance für Schulen und ihre Kooperationspartner
 

Datum: 18.01.2009
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