Die rhythmisierte Ganztagsschule

(c) DKJS / D. Ibovnik
DKJS/D. Ibovnik

Die Erich-Kästner-Gesamtschule ist eine Schule mit einigen Patentrezepten, die sich auf schlichte und besonne Weise im Schulalltag behaupten. Die Gesamtschule beherbergt 13 Jahrgänge. Mittlerweile gehen 1.400 Kinder in zwei Schulgebäude.Seit 2006 moderiert Andreas Giese als didaktischer Leiter pädagogische Arbeit, die sich durch Abteilungsleiter und Steuergruppen den Schulstufen (Grundschule, Orientierungsstufe, Sekundarstufe I und II) anpasst. An der Schnittstelle von Grundschule und Sekundarstufe entwickelte er mit engagierten Kollegen ein innovatives Rhythmisierungskonzepts, dass nun nach „oben“, wie auch ab kommenden Schuljahr nach „unten“ wächst. Wesentliche Gelingensbedingung: nur ein didaktischer Leiter für alle Stufen. Mit seiner Präsenz und Moderation entspinnt sich ein „Roter Faden“. Am Ende gibt es Schulentwicklung „aus einem Guss“.

Rhythmisierung

 

 

Mit diesem überschaubaren Zeitmuster gehen die Schüler durch den Tag. Jedes Zeitsegment dient auf besondere Weise den Bildungszielen dieser Schule, nämlich Kompetenzen entwickeln. Die Schüler ziehen mit einem Logbuch durch den Tag. In diesem sind mit den Tutoren vereinbarte Ziele auf Wochentage verteilt. Was darin geschrieben steht, ist das Minimum dessen, was der Schüler auf selbständige Weise schaffen sollte. 

Die sehr lange Eingangsphase dient der Rückmeldung. Hier treffen sich Tutor und Schüler. Je Gespräch stehen ca. 15 min zur Verfügung. Bei einer Klassengröße von 20 – 25 Kindern, ist jeder alle 14 Tage an der Reihe. Das ist für alle Schüler ein Versprechen. Für die intensive Gesprächsführung erhalten die Tutoren Entlastung. Zeit wird aus den Nachmittagangeboten „gekappt“ und in die Eingangsphase verteilt. Diese unkonventionelle Lösung sichert die Qualität der Rückmeldegespräche und ist damit Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Lernkompetenz und darauf bezogene Lernarrangements.

Die Lernzeit ist Kernzeit und den Hauptfächern gewidmet. Mittels „Impulsphasen“ erwerben die Schüler Grundlagen zum Themenfeld und übernehmen dann Aufgaben, mit denen sie selbständig weiterarbeiten. Diese werden in drei Anforderungsebenen zur Verfügung gestellt. Damit wird auf Lernvoraussetzungen Rücksicht genommen. Für Englisch wird „Sprachzeit“ reserviert. In diesen Phasen werden ausschließlich mündliche Sprachfertigkeiten entwickelt.

 

 

Patentrezept für das Projektlernen

 

Mit dem Projektunterricht steht das handlungsorientierte Lernen im Vordergrund. Alle in der Lernzeit nicht berücksichtigten Fächer (vor allem die gesellschaftswissenschaftlichen und die naturwissenschaftlichen Fächer) werden im Projektunterricht untergebracht. Um die Qualität zu sichern, hat die Schule ein ganz besonderes Verantwortungssystem entwickelt. Fragen zur Geschichte, Physik, Biologie, Geographie und anderen Fachfeldern „verstecken“ sich in den „Projektkisten“, die als „didaktische Helfer“ sechs Wochen Projektunterricht möglich machen. Die Kisten enthalten all das, was eine Lernumgebung braucht. Themen wie: „Mittelalter“, „Antike“ oder „Wasser“ werden von einem Lehrer in eine dieser „Kisten“ verpackt und stehen einsatzbereit für die im Projektunterricht eingesetzten Kollegen bereit. Jede Kiste steht in pädagogischem Gewahrsam eines Lehrers. Dieser ist verantwortlich Materialien und Hinweise, denkbare Ansprechpartner, Hinweise auf außerschulische Lernorte, Quellen im Internet oder Bücher zu arrangieren. Nach jedem Schuljahr sind die Rückmeldungen Grundpflege und optimieren den nächsten Einsatz. Das für den einzelnen Lehrer überschaubare Verantwortungsfeld macht den Projektunterricht alltagstauglich. Keiner fühlt sich überlastet. Jeder profitiert von der Kiste des anderen. Bis zu 6 Kisten kommen je Jahrgangsstufe zum Einsatz, immer von 11:00 – 12:30 Uhr. Am Ende eines Projektes steht eine verbindliche öffentliche Präsentation der Lerngruppe und ihrer Lernergebnisse, so dass die Projektqualität öffentlich, Präsentationskompetenz systematisch gefördert und eine gemeinsame Präsentationskultur in der Schule entwickelt wird.

In den Nachmittagskursen finden neben Sport, Kunst, Musik und auch die zweite Fremdsprache ihren Platz. Der Unterricht gestaltet sich schülerorientiert. Danach besuchen die Schüler kreative und sportliche Angebote.

 

Nachdenken über „Was ist der Ansatz unser Lernwerkstätten?“

 

Bei der Beantwortung dieser Frage wird an die Erfahrungen mit „Projektkisten“ und generell an die Arbeit im Projektunterricht angeknüpft. Die Kisten sind bereits jetzt Lernwerkstätten in Miniatur, bieten aber nur begrenzte Möglichkeiten um Projektergebnisse „spektakulär“ darzustellen, denn es fehlen Kapazitäten zum „werkeln“ und gestalten. Aus diesem Grunde stellen sich die Kollegen die Frage, ob die Lernwerkstätten gerade dafür Möglichkeiten bieten. Die „tragbare“ Themenumgebung einer „Kiste“ wird vielleicht durch Medienlabor und Handwerksumgebung ergänzt? Es geht um die Entscheidung, ob Werkstätten so gegliedert werden, das in einigen Räumen gebaut, kunstvoll und medial gestaltet, oder naturwissenschaftliche Materialien bereitstehen und in einem nächsten geschichtliche und geographische Unterlagen dominieren. Man überlegt beides einzurichten. Noch ist alles unentschieden.
Bei der Entscheidungsfindung nimmt sich das Kollegium Zeit und diskutiert didaktische Haltungen, recherchiert an anderen Schulen und in der wissenschaftlichen Welt. Dabei sucht sie einen maßgeschneiderten Ansatz der dem Schulprogramm folgt. Der Diskurs wird im Rahmen der Netzwerkarbeit transparent.

 

Was die Schule noch außergewöhnlich macht

 

Inklusion

Integrative Klassen sind das besondere Merkmal der Schule. Die Vorteile einer integrativen Beschulung weiß die Schule zu nutzen. Doppelbesetzung in Klassen erhöht die Chancen für individuelle Zuwendung und Förderung, nicht nur für lernbehinderte Kinder. Das „mehr“ an Ressourcen ist eine Voraussetzung für die Umsetzung einer inklusiven Didaktik, die die Chancen der Heterogenität sucht und damit für das positive Schulklima. Auf der einen Seite ist die Herausforderung bei der Integration enorm, auf der anderen Seite sind die umfänglichen Rahmenbedingungen eine nicht mehr wegzudenkende Ressource für den gelungenen Schulbetrieb.

 

Gestaltete Übergänge

Der Übergang zwischen den Schulstufen ist für Kinder dieser Schule kaum spürbar. Die Zusammenarbeit ist systemisch verankert. Die Kommunikation wird durch den didaktischen Leiter moderiert. Die Potentiale der Grundschule werden in der Sekundarstufe zum Ausgangsstoff für Lernarrangements. Was dafür an Eingangsvoraussetzungen bei den Schülern gebraucht wird, kommuniziert an das Grundschulteam, die wiederum entwickeln darauf abgestimmte Didaktik. Er überträgt Lernerträge der Jahrgangsstufen und kommuniziert Potentiale und fordert Anschluss an bereits „Gebildetes“. Mit ihm hat die Schule die  Chance sinnvoll ineinander greifende pädagogische Strukturen zu entwickeln, die vor allem dem heranwachsenden Kind zu gute kommen.


 

Verantwortung lernen

Der Schulzoo verteilt sich auf beide Schulgebäude. Hamster und Kaninchen sorgen für seelisches Gleichgewicht, müssen aber täglich und auch in den Ferien umsorgt werden. Während in dem einen Gebäude noch Schultafel und Mathematikposter die Wände dominieren, stehen auf dem Boden Lebenswelten für alle kuscheligen Haustieren, die Kinder lieben und brauchen. Mit den Zoos lernen die Schüler mit Ernstcharakter Verantwortung zu übernehmen.

 

Demokratie lernen

Das Schülerparlament hat die Schulhofgestaltung in die Hand genommen. Die Ergebnisse sind akzeptiert. Abenteuerpfade mit herausfordernden Spielgeräten säumen das Schulgelände. Die Investitionen wurden durch Spendenaktionen und Fundraising zusammengesammelt. Darüber hinaus mischt sich das Parlament in das gesamtschulische Geschehen ein und versteht sich als demokratische Instanz für Schülerrechte.

 

Mittagsversorgung

Die Mensa platzt aus ihren Nähten. Das schmackhafte Essen und die Atmosphäre ziehen immer mehr Kinder und Jugendliche an. Nun wird gerade ein schuleigenes Restaurant gebaut, um den steigenden Bedarf zu decken.

Datum: 12.04.2011
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