Kommunale Politik hautnah mitzuerleben, in Rollenspielen nachzuempfinden, um dann eigene Themen in die Kommunalpolitik einzubringen
Kommunale Politik hautnah mitzuerleben, in Rollenspielen nachzuempfinden, um dann eigene Themen in die Kommunalpolitik einzubringen
Projektdaten
Klassenstufen:
Oberstufe
Anzahl der Schüler/innen:
21
Anzahl der Lehrer/innen:
1
Wochenstunden:
wöchentlich
Das Projekt
Der Unterricht für 21 Berufsschüler/innen des dualen Ausbildungsganges zum/zur Bankkaufmann/frau der Berufsbildenden Schule Bingen sah Anfang Juni 2004 ganz anders aus als üblich. An drei aufeinander folgenden Tagen beschäftigten sie sich in einem Seminar mit dem Titel „Politik vor Ort“ im Rahmen des Sozialkundeunterrichts mit kommunalpolitischen Prozessen, Strukturen und Inhalten. Von Mitarbeiter/innen der Stadt Alzey erfuhren sie zunächst, wie die Stadtverwaltung und der Stadtrat aufgebaut sind und funktionieren. Anschließend gestalteten die Berufsschüler/innen in Kleingruppen in einer Projektarbeitsphase Plakate zu den Themen Tourismus, Wirtschaft, Kultur und Freizeit, Jugendarbeit sowie Geschichte in Alzey selbst, um die kommunalpolitische Themenvielfalt kennen zu lernen. Am zweiten Tag führten die Schüler/innen eine Recherche zu Geschichte, Wirtschaft, Tourismus und anderen Besonderheiten der Stadt Alzey sowie eine so genannte Internet-Rallye zur Politik in der Stadt durch. Die Teilnahme an einer Stadtratssitzung bildete den Abschluss dieses Seminartages. Am dritten und letzten Tag des Seminars stand schließlich ein Rollenspiel auf dem Plan, in dem die Schüler/innen eine Sitzung des Stadtrats simulierten, bevor sie mit politischen Entscheidungsträgern der Gemeinde direkt ins Gespräch kamen. Das Seminar ist einer der ersten Schritte auf einem Weg, der die jungen Erwachsenen zu mehr bürgerschaftlichem und kommunalpolitischem Engagement führen soll, so die Konzeption des Initiatoren-Kreises, der aus der Schule und der Projektleitung des BLK-Modellprogramms „Demokratie lernen & leben“ in Rheinland-Pfalz besteht. Eine Besonderheit des Konzepts besteht darin, Ausbildungsbetriebe und Kommunalverwaltungen in das Seminar zu integrieren bzw. das Seminar gemeinsam durchzuführen. Ziel ist, dass die Jugendlichen durch die Vielfalt der angewendeten Methoden und den Wechsel der Lernorte neben der Vermittlung von Sachwissen über die „Politik vor Ort“ für politische Entscheidungsprozesse in ihrer Gemeinde sensibilisiert werden. Damit soll Interesse an Politik wachsen und die Bereitschaft entstehen, sich politisch bzw. gesellschaftlich zu engagieren. Die durchweg positiven Rückmeldungen der Schüler/innen bescheinigen diesem Ansatz Hoffnung auf Erfolg. Besonders gut gefielen den Teilnehmer/innen die aktiven und handlungsorientierten Teile des Seminars, wie die Gruppenarbeit, die Plakatgestaltung, das Rollenspiel und die Gespräche mit den Verantwortlichen. Im nächsten Schritt können die Jugendlichen erfahren, welchen Einfluss jeder Einzelne auf den gesellschaftlichen Prozess nehmen kann: Die teilnehmenden Schüler/innen werden Themen identifizieren, die sie real in die Kommunalpolitik einbringen wollen. Damit wird die BBS Bingen zu einer Schule in der Demokratie, die ihre Schüler/innen zu aktiven demokratischen Bürger/innen macht.
Der Auslöser
Auslöser für die Teilnahme an dem BLK-Modellversuch „Demokratie lernen und leben“ war das Konzept der Schulentwicklung. Seit dem Jahre 2001 besitzt die BBS Bingen ein Leitbild, in dem es unter anderem heißt: „Die BBS Bingen ist eine in der Region verwurzelte, zukunftsorientierte Berufsbildende Schule, die sich den demokratischen Grundwerten verpflichtet fühlt.“ Basierend auf diesem Leitbild, war für die BBS Bingen klar, die Chance einer demokratischen Weiterentwicklung wahrzunehmen. Hinzu kam, dass die Schule bereits im Vorfeld im Rahmen ihrer Lernortkooperation mit Unternehmen der Region politische Seminare (z.B. Landtagsseminare) durchgeführt hat und dies nun in dem Modellversuch als einen Schwerpunkt vertiefen konnte.
Der Weg
Die Erziehung zu mündigen Demokratinnen und Demokraten ist Bestandteil von Allgemeinbildung und damit eines der wesentlichen Ziele schulischer Bildung. Im BLK-Programm „Demokratie lernen & leben“ soll es in Rheinland-Pfalz zunächst sechzehn Schulen verschiedener Schularten ermöglicht werden, vorhandene Mitwirkungsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler zu sichten, neue zu entwickeln und zu erproben. Dem unterschiedlichen Alter gemäß kann es von elementaren demokratischen Erfahrungen über Anregungen zur Nutzung der vorhandenen Beteiligungsmöglichkeiten bis hin zur Entwicklung eines Schulprogramms „Demokratische Schule“ gehen. Seit Januar 2003 gehört die BBS Bingen zu den 16 Schulen in Rheinland-Pfalz, die an diesem Modellversuch teilnehmen. Diese Teilnahme konnte daher die Erfüllung des Ziels der Entwicklung und Erprobung von Beteiligungsmöglichkeiten von Schüler/innen in und außerhalb von Schulen wesentlich vorantreiben. Hier konnte die Unterstützung von externen Expert/innen für diesen Weg und bei der weiteren Vernetzung mit dem lokalen Umfeld wirksam genutzt werden.
Probleme und Lösungen
Direkte Probleme tauchen bei der Durchführung des Seminars nicht auf. Da an der BBS Bingen sehr viel projektorientiert gearbeitet wird, kann es schon einmal vorkommen, dass bei dem einen oder anderen Schüler Skepsis aufkommt nach dem Motto: „Schon wieder ein Projekt.“ Dies legt sich aber sehr schnell, da sich dieses Seminar durch seinen Lernortwechsel und die Methodenvielfalt deutlich von anderen Projekten unterscheidet. Im Rahmen des gesamten Modellversuches ergibt sich allerdings eine große Schwierigkeit, die strukturell bedingt ist: Die extrem kurzen „Aufenthaltszeiten“ unserer Schülerinnen und Schüler an unserer Schule im Vergleich zu allgemein bildenden Schulen. Der längste Bildungsgang dauert an der BBS Bingen drei Jahre. In einer Berufsschule sind die Schüler/innen entweder einmal in der Woche in der Schule (Teilzeitunterricht) oder alle vier Monate für drei bis vier Wochen (Blockunterricht). Der kürzeste Bildungsgang dauert knapp ein Jahr. Auf Grund dieser kurzen Schulzeiten ist eine kontinuierliche Entwicklung demokratischer Verhaltensweisen nur bedingt bzw. punktuell möglich (Schülerin X beispielsweise ist Schulsprecherin und nimmt an Veranstaltungen zur demokratischen Weiterentwicklung der SV teil. Bereits nach neun Monaten haben wir eine personell komplett neu besetzte SV, die quasi wieder bei null anfängt).
Blitzlicht
„Ich denke, dass die politische Beteiligung auf Kommunalebene durchaus wirksam und sinnvoll sein kann, da man vor Ort etwas erreichen oder ändern kann. … Ich überlege durchaus, vielleicht in die Partei einzutreten“, so die Aussage einer Teilnehmerin am Projekt.
Schule
Schulname
Berufsbildende Schule Bingen
Schulart
Berufsbildende Schule
Schulanschrift
Pennrichstr. 9 55411 Bingen am Rhein
E-Mail
mail@bbs-bingen.de
Anzahl der Schüler/innen
über 1000
Ansatz der Schule
Demokratiepädagogik
Programme der Schule
BLK-Modellversuch KLLU; Modellversuch Zusammenarbeit Hauptschule – Berufsbildende Schule
Modellversuche der Schule
BLK-Programm „Demokratie lernen & leben“; Cisco-Projekt; QUISS
Sozialraum der Schule
kleinstädtisch; gemischtes soziales Umfeld; Schüler/innen kommen aus unterschiedlichen Gemeinden; Migrant/innen-Anteil der Schülerschaft liegt bei über 25%
Besonderheiten
Projekt „Energiesparen im Haushalt“; regelmäßige Projektwochen; aktive Schülermitverwaltung, Nachmittagsangebote; Förderverein; Schülerzeitung; Schülerfirma; Schulpartnerschaften mit Thüringen und Dänemark; Fachschule für Informationsverarbeitung; Umsetzug IK-Rahmenpläne
Referenzen
Modellschule im BLK-Programm „Demokratie leben und lernen“
„Demokratie lernen & leben“ ist ein Schulentwicklungsprogramm, bei dem es darum geht, die Demokratisierung von Unterricht und Schulleben und die Bereitschaft junger Menschen zur aktiven Mitwirkung an der Zivilgesellschaft zu fördern.