Lernen vielfältig bewerten

(c) DKJS / D. Ibovnik
DKJS/D. Ibovnik

Lerntagebücher sind mittlerweile ein anerkanntes Mittel, um den individuellen Lernfortschritt von Schülerinnen und Schülern zu erfassen. In der heutigen Schule breiten sich neue und weitere Strategien aus. Allerdings auch immer sehr individuelle Lösungen. 

Wer mit dem Tagebuch lernt, muss aufschreiben, wie und was er oder sie gelernt hat. Dafür benötigen die Lernenden ein Referenzsystem, anhand dessen sie die Lernwege darstellen und einschätzen. Das geht nicht ohne eine regelmäßige Rückmeldung einer vertrauten Bezugsperson. Und letztlich muss die Schülerin oder der Schüler motiviert und in der Lage sein, über sich selbst zu schreiben.

Derzeit ist in deutschen Schulen zu beobachten, dass Lerntagebücher häufig eingeführt werden, als Messlatte individueller Fortschritte aber nach wie vor die Notengebung zum Einsatz kommt. Deren Erfindung folgte folgenden Zielen:

  • Übergänge zwischen den Schularten und Schulstufen vereinfachen
  • Entwicklungsstände vor dem Hintergrund von Lehrplänen bezeichnen
  • Leistungswillen bzw. Leistungsbereitschaft der Schüler wecken

Wenn jetzt die Note in Frage gestellt wird, dann vor allem, weil neue Bildungsziele den Übergang von der Industrie- in die Wissensgesellschaft begleiten. Was noch vor 30 Jahren das notengebende Referenzsystem war, gilt nicht mehr für selbverantwortliches und damit invidualisiertes Lernen. Tätige Lehrer bestätigen, dass sie auf „… das Entwickeln von Notenstufen anhand von Fachzielen vorbereitet sind, jedoch nicht auf die Vergabe von Notenstufen für selbständige Lernqualität.“

Fachliche Leistungen gelten nach wie vor als die zentralen Leistungen, die es zu beschreiben gilt, wenn die Jugendliche die Schule verlassen und in die nächste Ausbildung gehen. Heute 50-jährige und meist Eltern mit Kindern im Abitur finden sich nach wie vor zurecht, wenn es um Abiturinhalte geht. Man kann immer noch sagen: „Ich erinnere mich noch gut. Bei mir war es auch so und du siehst, aus mir ist auch was geworden.“ 

Schule für Schule schaut sich um, blickt zu anderen Schulen, schließt sich Netzwerken an und wandert auf dem Grat, dass die von ihr verteilte Note immer auch ein Referenzsystem für soziale, individuelle  und methodische Fähigkeiten bereit hält. Schulen, die das bieten sind beliebt und nachgefragt.

Wege alternativer Leistungsbeschreibung
 

  • Portfolio

Das Portfolio ist ein Instrument, mit dem der Schüler seine Lernprodukte sammelt. Mit der stetigen Sammlung visualisiert sich der

 Entwicklungsfortschritt. Vor allem in der Grundschule ist das Portfolio ein probates Mittel, um Eltern, aber auch dem Kind selbst zu zeigen, wie es sich entwickelt.

  • Lerntagebuch

Ein Lerntagebuch macht nicht sichtbare Vorgänge des Lernens transparent. Das Lerntagebuch kann für sich alleine stehen, aber z.B. auch ein Portfolio ergänzen. Das Tagebuch kann ohne Zwischenfragen einen Schüler auffordern, Lernwege aber auch Lernergebnisse schriftlich darzustellen. Mit der Verschriftlichung ist er gefordert Lernwege und Ergebnisse zu beschreiben. Das setzt eine Reflexion voraus, die per se schon wieder echtes Lernen ist. Ohne stetige und verbindliche Rückmeldungen zu Tagebuchaufzeichnungen wird es Schülern aber schnell zu anstrengend, Lernen zu verschriftlichen.

  • Kompetenzkarten

Mit diesem Instrument kann ein Schüler ohne eigene Aufzeichnungen, sondern anhand von vorgegeben Phrasen prüfen, inwieweit er über eine bestimmte Kompetenz verfügt. Kompetenzkarten vereinfachen die Einschätzung in Fachgebieten wie Mathematik, Deutsch usw. Auf der Ebene des sozialen und individuellen Lernens leisten sie ebenfalls gute Dienste. Der Einsatz übt, dass Schüler erkennen, mit welchen Entwicklungsstufen sie rechnen müssen, um sich als kompetent zu betrachten. Zudem wird das Ausdrucksvermögen geschult und die Arbeit in freien Lerntagebüchern qualifiziert.
Diese drei benannten Wege einer alternativen Leistungsbewertung stehen stellvertretend für viele weitere und sind letztlich geeignet, auf von der Notengebung gesetzten Grenzen zu überwinden.

Nebenwirkungen für Lehrer

Lehrer müssen die Motivation finden, um auf alternative Leistungsschau einzugehen. Das ist mehr Arbeit und per se nicht von der

Bildungsaufsicht gefordert. Die Schule selbst stellt sich diesen Ansprüchen und der einzelne Pädagoge muss entscheiden, ob neben der Notengebung Zeit für individuelle Leistungsrückmeldung zu erübrigen ist. Etliche Ganztagsschulen haben mittlerweile gute Lösungen gefunden, z.B. indem die Morgenzeit genutzt wird oder wie an der Winterhuder Gesamtschule in Hamburg eine EVA-Zeit dafür Fenster öffnet.