Lernen mit digitalem Begleiter

Die Zukunft gehört den digitalen Medien.

Man mag es begrüßen oder nicht: Neue Medien und der Umgang mit ihnen werden im Berufsalltag heutiger Abiturientinnen und Abiturienten eine Schlüsselposition einnehmen. Was bedeutet das für den Unterricht heute?

Das Projekt paducation am Hamburger Kurt-Körber-Gymnasium versucht darauf Antworten zu geben will Schüler fit machen für die digitale Zukunft.

Kurt-Körber-Gymnasium Hamburg

Pergamentweg 1
22117 Hamburg
Webseite

 

Deutschunterricht am Kurt-Körber-Gymnasium (KKG), Klassenstufe elf, Deutsch Leistungskurs. Behandelt wird der Roman Räuberhände von Finn-Ole Heinrich, eine Geschichte vom Erwachsenwerden, vom Suchen nach der eigenen Identität und von der Freiheit. Die Schüler präsentieren in Gruppen ihre Arbeitsergebnisse, präsentieren Belege im Text für die eigenen Argumente. Der Roman ist Abiturstoff. Soweit ist alles wie in anderen Deutschstunden auch. Doch die Schüler erstellen keine Tafelbilder, sondern werfen ihre Präsentationen vom Tablet-PC über einen Beamer an eine Leinwand. Vor jedem und jeder Jugendlichen liegt ein iPad, ein solcher Tablet-PC. Zu Beginn dieses Schuljahres haben 70 Schülerinnen und Schüler, alle elften Klassen, jeweils ein eigenes Tablet zu Verfügung bekommen. 

Verändert sich das Lernen durch den Einsatz von iPads als persönliches Gerät der Lernenden?

 

Fragen aus pädagogischer Sicht

Können mobile Endgeräte eine neue Lernkultur unterstützen? 

Welche Möglichkeiten bietet ein iPad zur Unterstützung individueller Lernprozesse? 

Welche Möglichkeiten bietet ein iPad zur Unterstützung kooperativer Lernprozesse? 

Welche Unterrichtsszenarien lassen sich durch den Einsatz von iPads entwickeln? 

Kann durch die 1:1-Lösung eine Stärkung eigenverantwortlichen Handelns erreicht werden? 

Wie gehen die SchülerInnen mit “ihrem” Gerät um? 

Sind sie in der Lage, für dessen permanente Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft zu sorgen? 

Wie verändert sich der (Schul-) Alltag durch den täglichen Umgang mit dem iPad? 

Welche Möglichkeiten bietet die Nutzung von Web 2.0-Tools (insbesondere Social networks, Wikis, Weblogs, Micro Blogging) zur Unterstützung von Demokratieerziehung und Partizipation? 

Wie kann das Sammeln von Erfahrungen im Umgang mit mobilen Endgeräten der Vorbereitung auf das Berufsleben dienen und hier eine erfolgreiche Teilhabe ermöglichen? 

 

Fragen aus medienpädagogischer Sicht

Wie unterstützt die Verwendung von iPads die Stärkung der Medienkompetenz in den Bereichen von Information, Kommunikation, Präsentation, Reflexion/Analyse – und zwar sowohl bei den SchülerInnen als auch bei den LehrerInnen?

 

Fragen aus sich Sicht der Medienethik/Medienkritik

Wie gehen SchülerInnen und LehrerInnen mit aktuellen Fragestellungen aus diesem Bereich (Cybermobbing, Rechtsverletzungen, …) konstruktiv um?

 

Fragen aus dem technischen Sicht

Wie lassen sich die iPads in bestehende IT-Infrastrukturen einbinden bzw. wird die bestehende Infrastruktur hier sinnvoll ergänzt?

Kann an einer Schule problemlos WLAN eingesetzt werden – und welche Schritte sind hierfür nötig?

Wie werden technische Fragen von Updates über Support bis hin zum Überwinden von Kommunikationshürden zwischen verschiedenen Betriebssystemen gelöst?

Quelle: www.paducation.eu

 

Der Umgang mit den iPads wirkt routiniert. Die Schüler tippen ihre Notizen direkt in den Rechner, vergleichen die Präsentation mit den eigenen Arbeitsergebnissen, hier und da wird rasch ein Begriff bei Wikipedia nachgeschlagen, werden Protokolle in virtuellen Ordern, für alle Mitschüler zugänglich, abgelegt.

Thomas Chudzinski, Deutschlehrer, meint dazu: „Das Technische, das haben die Schüler schnell raus, da sind sie uns Lehrern teilweise überlegen. Aber die Frage ist: Wie gehe ich damit verantwortlich um?“ Das zu vermitteln ist eine der pädagogischen Aufgaben des Projektes. 

 

Ganztagsschule braucht ganztägig geladene Akkus

 

Paducation heißt dieses Projekt, ins Leben gerufen hat es Christian Lenz, seit zwei Jahren Schulleiter des KKG. Er war von Anfang an fasziniert von den Möglichkeiten der neuen Tablets, der einfachen Bedienung, dem geringen Gewicht der Geräte und dem „Ganztagsaspekt“: Die Akkus sind leistungsfähig genug, um einen „Ganztageseinsatz“ zu ermöglichen. „Es wäre früher gar nicht möglich gewesen“, so Christian Lenz, „einen digitalen Lernbegleiter zu haben, der den ganzen Tag mit durchhält.“ Die Geräte sind robust, es gibt keine mechanischen Teile, keine Tastatur- oder Lüftungsgeräusche. Alles Aspekte, die für einen Einsatz als schulisches Arbeitsmittel sprechen.

 

Eineinhalb Jahre brauchte Christian Lenz, um die finanziellen Mittel zusammenzubekommen, viel Überzeugungsarbeit war nötig. Die Mittel kommen zu gleichen Teilen von der Kurt-Körber-Stiftung und der Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung. Paducation ist ein Pilotprojekt. Das Besondere daran ist die „1:1“-Lösung: Jede Schülerin und jeder Schüler bekommt ein eigenes iPad und ist damit auch verantwortlich für den Umgang und die Einsatzbereitschaft des Gerätes. 

 

Technik wird Mittel zum Zweck

 

Auf der Website des Projekts finden sich die wichtigsten Fragen, mit denen die Pädagogen des KKG gestartet sind und auf die das paducation-Experiment Antworten geben soll:

Der Fokus liegt dabei ganz klar auf pädagogischen Fragen: Wichtig ist weniger die technische Versiertheit als vielmehr die Unterstützung des Lernprozesses. Christian Lenz dazu: „Es geht darum, dass die Technik zurücktritt, dass sie nicht die Kommunikation beeinflusst oder behindert, sondern den Lernenden den ganzen Tag zur Verfügung steht.“ 

 

Das Projekt ist jetzt ein Jahr alt, im kommenden Schuljahr wird es eine Begleitevaluation geben, durchgeführt unter anderem von der Universität Hamburg und dem Institut für Informationsmanagement Bremen. Die Beteiligten sind schon jetzt vom Erfolg überzeugt. Thomas Chudzinski fasst es so zusammen: „Ich sehe, dass das Projekt unterm Strich ganz klar zu einem Motivationsschub bei den Schülerinnen und Schülern geführt hat und das hängt mit dem Medium zusammen. Die Jugendlichen müssen – und wissen das auch – spätestens ab der Oberstufe mit solchen Medien als selbstverständliches Arbeitsmittel umgehen lernen.“ 

 

Von Andreas Kuntoff

 

4.07.2012