Wenn die Schule besser wird, wird auch der Schüler besser!
Warum das Web 2.0 für Heranwachsende zum Segen wird!
„Anyone can edit“ – so begann bereits 2008 eine Keynote des Medienwissenschaftlers Axel Bruns und bezog sich auf den radikalen Bruch mit früheren Phasen der Internetnutzung. Im Rahmen einer Dissertation wurden die Auswirkungen einer Plattform auf den schülerorientierten Unterricht diskutiert und Bruns stellte anhand vieler Praxisfälle fest, dass mit der Einführung einer Plattform in die Struktur der Lernumgebung nicht nur die Motivation der Schülerinnen und Schüler wuchs, sondern vor allem die Qualität der individuellen Lernprozesse entscheidend gesteigert wurde.
Warum?
Der Grund dafür ist, dass Web 2.0–Umgebungen dem Austausch und der individuellen Selbstdarstellung des Schülers eine neue Schnittstelle bieten, um persönliche Potentiale für die Gruppe darzustellen. Im schulischen Kontext einer Lernumgebung ist der Schüler herausgefordert, seine Entwicklungswünsche und bereits entfaltete Kompetenzen offen zu legen. Eine Plattform hält immer einen Steckbrief (Profil) vor, der sinnvoll für eine Bestandsaufnahme genutzt werden kann. „Wer bist du und was willst du lernen?“ – so wird in Schule nachgefragt, wenn eine Plattform zum Einsatz kommt. Das kann zum einen an Gewohnheiten bei Schüler-VZ und ähnlichen Angeboten anknüpfen, führt aber auch dazu, die dort gepflegte Selbstdarstellung zu reflektieren. Während es dort um gänzlich andere Werte, nämlich die Selbstbehauptung in der peer-group geht, bezieht sich bei einem Projektunterricht die Selbstdarstellung auf strategisches und fachliches Vorwissen.
Das Alfred-Bredow-Institut in Hamburg verweist in einer aktuellen Studie darauf, dass die Jugendlichen im social web mit ihrer Identität spielen und gerade damit das Selbstkonzept Bereicherungen findet. Bezieht man diese Gewohnheiten in schulische Lernprozesse ein und verwendet Erkenntnisse zum Selbst für die Ausrichtung individuellen Lernens, so steigt die Qualität.
Eine Web 2.0-Umgebung fordert im Kontext schulischen Lernens Jugendliche heraus: „Mach deine Leistung sichtbar, dann kann ich und der Lehrer die Fortschritte (bewerten) loben.“ Für schulische Lernkultur auf der Basis von Projektlernen, von offenem Unterricht und Freiarbeit, ist das Web 2.0 somit eine Tür in den Alltag. Selbstständiges Lernen bezieht sich immer auf die Eigenverantwortung des Schülers. Er wird zum „Regisseur seines Lernens“. Bei heutigen Klassenstärken bedeutet das für einen Lehrer, entsprechend viele „Drehbücher“ zu kennen. Über eine Web 2.0-Umgebung ergibt sich vor allem für ihn die Chance, Lerntagebücher und andere Darstellungsweisen zurück zu melden. Der Lehrer wird zum Coach. Das ist eine günstige Rollenkonstellation für die optimale Förderung eines Schülers. Der Rollenwechsel des Lehrers beruht auf der Sicherheit, die Lernwege des Einzelnen überblicken und den Schüler in ein selbstständiges Lernen zu entlassen zu können. Das hat immense Auswirkungen auf die Entwicklung des jugendlichen Selbstkonzepts. Der Schüler erlebt sich als aktiv Handelnder. Mit Mitschülern im Team oder auch selbstständig beschreibt er seine Lernprozesse. Er kommt nicht nur zu Fachwissen, sondern ebenso zu Handlungswissen. Mit letzterem erkennt er, welche Strategien nützen, um erfolgreich neues Wissen zu erschließen. Die Reflexion auf Handlungswissen entwickelt das Selbstkonzept. Und genau das ist die Chance für die Heranwachsenden.
Schule wird besser!
Schule wird besser, wenn sinnvolle Lernarrangements um Anwendungen des Web 2.0 erweitert und bereichert werden. Durch die Integration von Web 2.0-Umgebungen werden schülerbezogene Lernarrangements wahrscheinlich. Dem Schüler bieten sich Möglichkeiten zur Selbsterfahrung und Selbstwirksamkeit. Der schulische Alltag wird zum Lernfeld für die wichtige Frage: „Wie lerne ich?“
Datum: 4.10. 2010
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