Chancengerechtigkeit an Ganztagsschulen

DKJS/Pierro Chiussi
DKJS/P. Chiussi

Wie erfolgreich Kinder und Jugendliche an deutschen Schulen lernen und welche Abschlüsse sie machen, ist immer noch vor allem von ihrer sozialen Herkunft abhängig, das belegen Studien seit Jahren.

Der »PISA-Schock« hat vor zehn Jahren in Deutschland eine breite Diskussion über den Zusammenhang zwischen Herkunft und Schulerfolg und einen Paradigmenwechsel in der deutschen Schullandschaft ausgelöst. Eine bildungspolitische Antwort auf die Frage nach gerechten und besseren Bildungskonzepten war der Ausbau von Ganztagsschulen.

Mehr Zeit für Lernförderung

Die Ganztagsschule ermöglicht Kindern und Jugendlichen durch längere Öffnungszeiten und eine veränderte Lernkultur, sich für das Lernen mehr Zeit zu lassen und individueller gefördert zu werden. Durch Freizeitangebote bis in den Nachmittag hinein erweitert sich die Peer-Group der Heranwachsenden, und die Kontakte und Wertschätzung sind nicht ausschließlich von schulischen Leistungen abhängig. Die Schüler haben für ihre unterschiedlichen Bedürfnisse eine Vielzahl erwachsener Begleiter und Bezugspersonen, denn an einer guten Ganztagsschule gehört das Einzelkämpferdasein von Lehrkräften längst der Vergangenheit an.

Multiprofessionelle Teams

Lehrkräfte arbeiten gemeinsam mit Erziehern, Sozialpädagogen und Kursleitern in multiprofessionellen Teams. Ganztagsschulen können durch Kooperationen mit außerschulischen Partnern Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, nicht nur in der Schule, sondern in ihrem gesamten sozialen Umfeld zu lernen: in Sportvereinen, Jugendtreffs, Bibliotheken und kulturellen Projekten. Während Kinder aus sogenannten »bildungsferneren« Schichten in Vereinen und an Musik- und Kunstschulen kaum anzutreffen sind, erreichen die Kurse und Projekte an der Ganztagsschule Schüler aus allen Sozialschichten.

Hier finden Sie die Seite des Chancenspiegels.

Dass der Ausbau von Ganztagsschulen mehr Chancengerechtigkeitschafft, zeigt auch der aktuelle Chancenspiegel, den das Dortmunder Institut für Schulentwicklungsforschung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung erarbeitet hat. Dort wurde untersucht, wie gerecht die Schulsysteme der einzelnen Bundesländer sind. Das Gefälle zwischen den Ländern führen die Wissenschaftler unter anderem
auf die unterschiedliche Ausstattung mit Ganztagsschulen zurück, da diese eine einheitliche – und damit gerechtere – Bildung und Betreuung für alle Schüler gewährleistet. Sachsen erhält in der Untersuchung die besten Bewertungen und ist das Bundesland mit dem höchsten Anteil an Ganztagsschulen. Fast drei von vier Kindern besuchen dort auch am Nachmittag die Schule.

Optimale und gerechte Förderung

Deutschland hat mit dem Ausbau von Ganztagsschulen den richtigen Weg zu einem gerechteren Bildungssystem eingeschlagen. Doch längere Öffnungszeiten machen aus einer Schule längst noch keine gute Ganztagsschule. Sie kann ihre Schüler nur dann optimal und gerecht fördern, wenn die Qualität ihrer Angebote stimmt. Dafür braucht es ein neues ganzheitliches Verständnis von Lernen und ein inklusives Schulsystem, das auf die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Kinder und Jugendlichen eingeht. Und nicht zuletzt ist dafür das gute Zusammenspiel zwischen allen bildungspolitischen Akteuren nötig. Dazu gehört die gute Teamarbeit der unterschiedlichen Professionen an den Schulen genauso wie die Zusammenarbeit mit Kommunen und der Zivilgesellschaft. Nur so kann der Lern- und Lebensort Schule Teil einer Bildungslandschaft werden, die wir für eine gute und gerechte Bildung für alle Kinder und Jugendlichen brauchen. Notwendig dafür ist eine Ende des Denkens in Zuständigkeiten: Wie in den Kommunen Schulen und Jugendhilfe für eine gute ganztägige Bildung an einem Strang ziehen müssen, muss auf Länderebene Bildungs- und Sozialpolitik zusammengedacht werden.

Bilder
Pierro Chiussi

Datum
09.06.2012

© www.ganztaegig-lernen.de

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