Wann habe ich Freude am Lernen? Wann habe ich Erfolg und wann weniger? Was beeinflusst, ob ich Erfolg habe? Kann ich Einfluss nehmen? Ein Lerntagebuch kann helfen, Antworten auf diese und ähnliche Fragen zu erhalten. Durch systematische und regelmäßige Auseinandersetzung mit dem eigenen Lernverhalten kann es für Schüler möglich werden, das eigene Lernen langfristig selbst zu steuern. Ein Lerntagebuch ist für den Schüler ein sehr individuelles Medium zur Kommunikation mit sich selbst oder mit einer am Lernprozess beteiligten Person seines Vertrauens.
Beteiligte lernen den Schüler sehr individuell kennen, können auf die Notizen, Fragen oder Skizzen im Buch reagieren. Das individuelle Lernverhalten des Schülers wird nachvollziehbar.
Im Herbst 2003 besuchten vier Lehrer/innen der Gesamtschule Mitte (GSM) Bremen die Schule Futurum in der Nähe von Stockholm. Beeindruckt vom eigenständigen Lernen, dort Flex genannt, initiierte eine nach der Reise gegründete „Elchgruppe“ an der eigenen Schule eine Versuchsphase von drei Wochen im Frühjahr 2004 zur Weiterentwicklung des Arbeitsplanunterrichts/der Freiarbeit an der GSM. Dieser Versuch war umstritten, wurde dann aber von einem großen Teil des Kollegiums unterstützt. Seit dem Schuljahr 04/05 gab es vom 5. bis 8. Jahrgang in einigen der drei Parallelklassen drei Flex-Stunden pro Woche, die allerdings noch nicht für die Klassen eines Jahrgangs parallel lagen.
Im Herbst 2005 fuhr ich mit einer Gruppe unter der Leitung von Karin Bossaller zu Schulbesuchen nach Schweden. Besonders gespannt war man auf den Besuch von Futurum, um genauere Einblicke in Flex zu bekommen. Erstaunlicherweise war Futurum die Schule, bei der das „eigene“ (so wurde es uns aus dem Schwedischen übersetzt) Lernen pro Tag nur 40 Minuten betrug, in den anderen Schulen war dieser Zeitraum größer, in einer Schule in Hasselar bis zu 50 % des Unterrichts. Doch fast immer lag es zu Beginn des Unterrichts.
Zu Flex gehört auch das Logbuch, es hat aber eine größere Bedeutung als nur die Begleitung der Freiarbeitsphasen, es dient dazu, alle Aufgaben einer Woche, auch die der Projektstunden und Fachstunden, einzutragen. Dieser Arbeitsplan wird jeden Montag mit dem Mentor, der für zwölf bis 13 altersgemischte Schüler/innen zuständig ist, besprochen und die Schüler/innen tragen ihn selbst in ein vorbereitetes Logbuchblatt ein. Diese Mentorentermine sind sehr wichtig, sie finden an jedem Tag für mindestens 20 Minuten, montags und freitags 30 Minuten, statt. Das Logbuch wird am Ende der Woche mit nach Hause genommen und von den Eltern unterschrieben, es bietet auch Raum für Bemerkungen von Eltern, Lehrern und Schülern.
Mit der Umwandlung der GSM zur Ganztagsschule im Schuljahr 05/06 gab es nun die Möglichkeit, die Anregung aus Schweden verstärkt im neuen 5. Jahrgang umzusetzen. Zu Beginn verankerten wir im Stundenplan an drei Tagen der Woche in der ersten Stunde Arbeitsplanarbeit in den Fächern Mathematik, Englisch und Deutsch. In jeder der drei Klassen war eine Fachlehrer/in eines der Fächer eingesetzt, die Klassentüren standen offen und die Schüler/innen konnten sich Hilfe im entsprechenden Fach suchen. Leider konnte das aus organisatorischen Gründen nicht immer aufrecht erhalten werden. So liegen nun oft die Arbeitsplanstunden in einer der Stunden der Fachlehrer/innen auf die Woche verteilt.
Wichtig aber ist, dass sie im Stundenplan fest ausgewiesen sind und von den Lehrer/innen auch eingehalten werden, die Schüler/innen müssen sich darauf verlassen können, dass sie sicher an den Aufgaben der Woche arbeiten können. Da an der Ganztagsschule Hausaufgaben im klassischen Sinne entfallen sollen, haben Übungssequenzen im Rahmen der Wochenplanarbeit einen hohen Stellenwert und müssen im Stundenplan mit eigenen Stunden ausgewiesen werden. In diesen Phasen des selbst organisierten und eigenverantwortlichen Lernens sollten die Schüler/- innen die Möglichkeit haben, aus den für diese Stunden vorgesehenen Aufgaben auszuwählen und die Abfolge der Aufgaben selbst zu bestimmen. Die Lehrer/innen sollen sich zu Berater/innen und Beobachter/innen entwickeln.
Inzwischen haben die Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 5 bis 7 ein „Lerntagebuch“, so nennen wir das Logbuch in der GSM, das das Lernen der Kinder begleiten und die Zusammenarbeit von Schüler/innen, Lehrer/innen und Eltern unterstützen soll. Zur Förderung des eigenverantwortlichen Lernens ist der Einsatz des Lerntagebuchs eine große Hilfe. Es soll die Schüler/innen dazu befähigen, die Verantwortung für ihr Lernen zu übernehmen und das eigenständige Lernen zu organisieren.
Das Lerntagebuch wird von den Schüler/innen selbst geführt. Zu Beginn des 5. Jahrgangs ist eine Einarbeitungsphase nötig, in der die Lehrer/innen die Schüler/innen beraten und die einzelnen Teile genau erklären müssen. Auch ein Elterninformationsbrief ist erforderlich. Mein Entwurf des Lerntagebuchs der GSM baut auf dem Logbuch auf, das in Futurum und in der Ganztagsgrundschule Borchshöhe in Bremen benutzt wird. Für jede Schulwoche stehen zwei Seiten zur Verfügung. Im Weiteren möchte ich die einzelnen Rubriken der Seiten erläutern:
Sehr wichtig ist, dass die Seiten des Lerntagebuchs durch eine Rollbindung zusammengehalten werden, damit die Seiten der Woche gut aufgeschlagen auf dem Tisch liegen können. Wir haben für die Außenseiten bunten Fotokarton gewählt, das sieht schön aus und ist preiswert, ist aber für ein ganzes Schuljahr nicht haltbar genug, deshalb bekommen die Schüler/innen jetzt im 2. Halbjahr ein neues Lerntagebuch.
Autoren: Hella Güldenhaupt, Fachleiterin der Gesamtschule Mitte, Bremen
Datum: 01.03.2008
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