Das Projekt
Mit der dreiwöchigen Unterbrechung des meist vermittelnden Lernens sollen die Schüler unserer Schule ihre Lernmotivation wiederentdecken oder anders formuliert: steigern. Wir beobachten, dass in der 8. Klasse die Lernmotivation rapide abnimmt und etliche Schüler eine Versetzungsgefährdung ansteuern. Drei Wochen freien Lernens und Arbeitens sollen helfen, die Abwärtsspirale aufzuhalten. Die Lernumgebung, die sich durch die von uns entwickelte Projektkonzeption den Schülern bietet, orientiert auf das selbstständige Handeln in Tandems. Mittels der SCHOLA-21-Plattform werden die Schüler ausgerüstet, um komplexe Aufgaben selbstständig zu bewältigen. Die Schüler setzen eigene Ideen um, haben aber auch die Chance, anhand einer Aufgabenstellung individuell zu lernen. Bei der Umsetzung entweder eigener Pläne oder bei der Bewältigung von Aufgabenformaten, die durch das Lehrerteam entwickelt wurden, werden die Schüler lediglich begleitet. Die Lehrkräfte wechseln je nach Stundentafel in die Klasse und widmen sich der individuellen Betreuung. Über Lerntagebücher und Arbeitspläne werden die Lern- und Arbeitsprozesse transparent. Das (projekt-)methodische Wissen wird den Schülern vor Beginn des Lernprojekts vermittelt. Die projektleitende Lehrkraft (Klassenlehrerin) verwaltet virtuelle Tandemräume. Dabei moderiert sie auch den Austausch unter den involvierten (Fach-)Kollegen.
Der Auslöser
Die neue Konzeption macht Individuelle Förderung möglich In der achten Klasse stehen wir vor einem großen Problem. Unsere Schüler sind nicht bereit, dem Unterricht zu folgen. Unser Unterricht fordert die Schüler vor allem zur Wiedergabe von Wissen heraus. Wir geben uns Mühe, das Wissen verständlich darzubieten, aber trotzdem brechen wir damit nicht die Widerstände bei den Schülern, die sich immer höher vor uns auftürmen. Warum bieten wir das Wissen an und fordern uns täglich zu schauspielerischen Höchstleistungen heraus? Damit ermüden wir und die Schüler gehen ebenso ermüdet aus ihrer Schule nach Hause. Mit dieser Situation wollen wir brechen und neue Wege finden, um die Schüler zu aktivieren. Mit den für unsere Schule zur Verfügung stehenden Ressourcen haben wir uns an die Entwicklung einer umfänglichen Lernkonzeption gemacht. Dazu haben wir Berater und Mentoren herangezogen, um Methoden und Szenarien eines aktivierenden Unterrichts kennenzulernen.
Der Weg
Nach knapp achtwöchiger Teamarbeit ist es uns gelungen, Aufgabenformate und eine Organisationsstruktur zu entwickeln, die es uns ermöglicht, eine achte Klasse drei Wochen selbstständig lernen und arbeiten zu lassen. Die Grundlagen der Lernkonzeption sind Teamarbeit, Technikeinsatz und die Projektmethode. Für die Umsetzung der Konzeption haben wir einen Klassenraum zur Lernwerkstatt umfunktioniert. Computer wurden ihres festen Standortes enthoben und Netzwerkkabel verlegt. Für die Schüler bot sich eine Lernumgebung, „von der wir immer geträumt haben“. Je zwei oder drei Schüler konnten mittels der vorhandenen Technik ihre Fähigkeiten entfalten. Zur Anwendung kommen u.a. auch Peripheriegeräte, wie digitale Foto- und Filmkameras. Mit dem Start des Projekts begann die nächste Phase. Die Konzeption musste sich in der Praxis bewähren. Da die Konzeption neu eingeführt wurde, war es nicht möglich, die Steuerungshilfen im Vorfeld zu entwickeln. Das Konzept musste an der Praxis erprobt werden. Mit folgenden Fragen waren wir konfrontiert: Wie beraten wir die Schüler? Beharren wir auf den entwickelten und gebotenen Aufgabenformaten? Wie gehen wir konstruktiv mit neuen Ideen um, die sich bei den Schülern einstellen? Wie motivieren wir bei unterschiedlichen Tagesformen (Müdigkeit, Aggressionen usw.)? Die Leistungen, welche sich aus der selbstständigen Arbeit der Schüler ergaben waren neu zu „vermessen“. Die Bewertungsstrategien wurden somit auf dem „fahrenden“ Zug entwickelt.
Probleme und Lösungen
Die wichtigste und zentrale Komponente der von uns vorbereiteten Lernumgebung war die Aufgabenstellung. Diese präzise auf die Schüler wie auch auf den Inhalt abzustimmen, war die größte Herausforderung. Der Entschluss, dass alle Fächer der Stundentafel sich in ihrer Fachlichkeit widerspiegeln sollten, bedeutete für uns, die Bereitschaft zur Teamarbeit bei uns selbst zu entfalten. An dieser Stelle griffen wir auf professionelle Moderatoren zurück. Eine Tätigkeit, die wir bei unseren Schülern provozieren wollen, muss sich aus einer spannenden Aufgabe ergeben und diese wiederum muss genug Raum für eigene Vorstellungen lassen, aber auch die Schüler unterstützen, des Problems „Herr“ zu werden. Es galt, in den Aufgaben die Balance zwischen Instruktion und Konstruktion zu finden, immer vor dem Hintergrund des Profils der achten Klasse an unserer Schule. Da unsere Schule mitten in der Stadt angesiedelt ist, lag es nahe, Aufgabenformate auf das Stadtgebiet zu beziehen. Die Stadt ist die Lebenswelt der Schüler und ihr Innen- und Außenleben bietet für den gesamten Fächerkanon Ansatzpunkte, mit denen die Schüler sich handlungsbasiert auseinandersetzen.
Blitzlicht
Aus dem Tagebuch der Lehrkräfte: Mit diesem Tag ging die zweite Projektwoche zu Ende. Der Tag war geprägt durch eine sehr hohe Arbeitsintensität. Den Schülern gelang es, zahlreiche Arbeitsplanungen nahezu vollständig umzusetzen. Damit bestätigte sich der Eindruck, dass die Mandate dem Leistungsniveau der Schüler entsprechen. Der folgende O-Ton einer Schülerin illustriert die Stimmung dieses Tages: „… ansonsten hab ich eigentlich schon wieder Ausdauer bewiesen: Das kenn ich ja schon von mir. Ach ja, hab mein Blog fertig bekommen und meine ganzen Plakate auch, hihi.“ Auf die Bitte: „Nenne EINE Stärke, die Du in das Projekt einbringst!“ Antworten die Schüler: Ideen, Schnelligkeit, übersetzen, schreiben, ich kenn mich gut mit Technik aus, Filmbearbeitung, Phantasie, Malen – Die Schüler stellen fest, dass Ihnen die Projekttage sehr gut tun, zum einen, weil diese eine Abwechslung zum vermitelnden Lernen sind, aber vor allem auch, weil die Technik eine wesentliche Rolle spielen darf. Leider wurden den Schülern heute Bescheinigungen über eine Versetzungsgefärdung übergeben. Sehr viele Schüler sind davon betroffen. Die Chance auf eine Verbesserung der Leistungen ist nun ein Grund mehr für das heutige hohe Engagement. Die Schüler reflektierten am zweiten Tag auf die schriftliche Rückmeldung, welche mittels der Plattform an alle Teams gegeben werden konnte. Die Schüler waren überrascht persönlich angesprochen worden zu sein und fühlten sich dadurch zusätzlich motiviert. Eric, Und sonst noch: Ich möchte mich für die tollen Nachrichten bedanken und hoffe das wir immer so tolle Nachrichten bekommen.Dazu finde ich es toll das wir an Computern arbeiten können und im Internet nach sachen für unsere Aufgaben heraus suchen können.Ich hoffe das die drei Wochen immer so spaßig sind. Der größte Reiz des zweiten Tages war die Chance auf einen eigenständigen „Unterrichtsgang“ in die Stadt, in das Museum oder zur Werft. Durch eine Liste können sich die Schüler abmelden, um die Forderungen, welche sich aus den Mandaten ergeben im Stadtgebiet zu erledigen. Dafür besteht die Regel, dass die eigenständigen Exkursionen nicht länger als 90 Minuten dauern und eine Handynummer hinterlegt wird. Die Eltern der Schüler haben im Vorfeld des Projekts eingewilligt, dass die eigenen Kinder die Schule auch ohne Aufsicht verlassen.