Zwei Wegbeschreibungen für die Veränderung von Schule.
Schulentwicklung beginnt dann, wenn auf der Ebene des Unterrichts Veränderungen eingeleitet werden. Schulentwicklung beginnt noch nicht, wenn sich die Lehrerinnen und Lehrer fortbilden, neue Kompetenzen und Methodensicherheit entwickeln. Die gewonnenen Fähigkeiten und Ideen müssen sich in daraus abgeleiteten Lern- und Lehrarrangements im Unterricht „niederschlagen“. Bei erfolgreicher Umsetzung legitimiert das die Veränderung von Rahmenbedingungen.
Rolff, Dortmund
Wegbeschreibung 1:
Zuerst ändert sich das Personal!
Schule verändert nie zuerst die Rahmenbedingungen.
Entwicklungsengagierte Lehrerinnen und Lehrer wissen, dass immer erst eine Reibung an denselben stattfinden muss. Konkreter Fall: Eine Schule möchte eine Konzeption für offenen Unterricht umsetzen, motiviert ihr Jahrgangsteam und wird bei der Schulleitung vorstellig. Diese antwortet auf das Engagement: „Wunderbar, legen sie los, aber verändern sie bitte nicht die Stundentafel, weil wir sonst Turbulenzen im Schulbetrieb riskieren.“ Die Konzeption sah vor, dass Schüler das Schulgelände für die Erforschung eigener Fragen verlassen, zurückkehren, die Antworten begründen und die Erfahrungen dokumentieren. Motiv der Lehrerin war die Einsicht, dass Mathematik in Klasse 9 anhand von Berechnungen im Stadtumfeld, an Häuser und Anlagen eine größere Herausforderung ist, als die Sachaufgaben des Lehrbuchs heranzuziehen. Da die Schule noch nicht nach Blöcken rhythmisiert ist, stößt die Lehrerin an ihre Grenzen und engagiert sich auf Jahrgangsebene für einen Kompromiss. Das Team resümiert, dass mit dem Forschen in der Stadt gleichzeitig ganz andere Fragen mitgearbeitet werden können und so sucht man nach einer passenden Fächerkombination und findet an einem Wochentag eine Stundenplanung, bei der sich Geografie und Biologie an Mathematik „anlagern“. Das Trio entwickelt anspruchsvolle Aufgabenformate und stellt diese den Schülern zur Diskussion. Ein Aufgabenstellung verlangt von den Schüler folgendes: Die Schüler untersuchen den Lichteinfall unter unterschiedlich hohen Bäumen auf Blumenrabatten in einer konkreten Parkanlage. Die Bodenverhältnisse werden untersucht, um auf die Qualität der Anpflanzung bei ungünstigen Lichtverhältnissen nachzudenken. Ökologie, Bodenqualität und trigonometrische Größenberechnungen werden Teil einer einzigen Aufgabenstellung, die sich auf die oben genannten Fachgebiete bezieht.
Die Schüler starten in Kleingruppen und verfügen durch die Bereitwilligkeit des Informatiklehrers (der sich freut, nicht sinnentleert das Web 2.0 vorstellen zu müssen) über die Möglichkeit, ihre Ergebnisse im Rahmen der „Informatorischen Grundausbildung“ in eine Lernplattform einzutragen. Jedes Team übernimmt die Verantwortung für den je eigenen Forschungsweg und dokumentiert diesen so, dass die Fachlehrer darauf zugreifen können. Durch die so entstandene Transparenz können diese die Erträge in den Fachunterricht holen, indem der Beamer und ein internetfähiges Notebook in die Vorgehensweise und Ergebnisse einführen. Die verblüffenden Einträge in den Lerntagebüchern zeigen, wie kompetent die Schüler den Fragen auf die Spur gekommen sind. Methodisches Vorgehen wird vor dem Hintergrund der Ergebnisse diskutiert.