Arbeiten und Führen mit Zielvereinbarungen

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DKJS/D. Ibovnik

 

Auch in der Schule gilt: Aufgaben können viel besser bewältigt werden, wenn Strukturen und Instrumente zur Verfügung stehen, die:

  • die Zusammenarbeit im Kollegium fördern,
  • Einzelkämpfer zu kooperativem Handeln bewegen,
  • Auseinandersetzungen auf einer sachlichen Ebene regeln lassen,
  • Entwicklungen, Ziele und Aufgaben für alle transparenter und damit steuerbarer gestalten lassen.

In erfolgreichen Schulen und Organisationen wird das bewährte Instrument der Zielvereinbarungen eingesetzt, das dazu dient,

  • notwendige Strukturveränderungen einzuleiten,
  • Hierarchiestufen und Aufgabenzuordnungen sinnvoll zu nutzen,
  • alle Lehrkräfte und Beteiligten in ein einsehbares Gesamtkonzept einzubinden,
  • Mitarbeiter gezielt zu fördern und auch fordern zu können,
  • Eltern, Schülerinnen und Schüler sowie externe Kooperationspartner mit in die Schulentwicklung und das Erreichen der Bildungsziele einzubinden.

Was ist Arbeiten und Führen mit Zielvereinbarungen?

Zielvereinbarungen werden an den Gesamtzielen und Rahmenplänen einer Schule ausgerichtet. Sie machen die gesamte Zielhierarchie, die gewählten und notwendigen Schulentwicklungsprozesse und Entscheidungsstrukturen transparenter, so dass alle Beteiligten das Gesamtsystem durchschauen und sich ihren Fähigkeiten entsprechend einsetzen können. Der wesentliche Kern besteht aus regelmäßigen, in der Regel jährlichen oder halbjährlichen Bilanzund Orientierungsgesprächen, die zwischen den direkt zusammenarbeitenden Führungskräften und den ihnen zugeordneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stattfinden. In einer Schule mit drei Hierarchiestufen (Schulleitung, Jahrgangs- und oder Fachbereichsleitung, Kollegium) finden die Gespräche zwischen Schulleiter bzw. Schulleiterin und den Bereichsleitern bzw. den Bereichsleitern und den Lehrkräften statt. Das System kann aber ebenso von Lehrkräften und den Schülerinnen und Schülern genutzt werden.

Ziele sind immer eine Projektion in die Zukunft

Sie unterliegen ständigen Veränderungen, neuen Erkenntnissen und müssen unter Umständen angepasst werden. Das Zusammenarbeiten und Führen mit Zielvereinbarungen ist deshalb auch ein langfristiger Prozess und nichts Statisches. Entscheidend ist zum Beispiel nicht so sehr, wie eine Lehrkraft eine Aufgabe bewältigt, sondern ob und inwieweit sie das vereinbarte Ziel erreicht. Erfolg wird demnach an der Zielerreichung gemessen und bewertet, beispielsweise ob und wie Lehrinhalt und -methode aufeinander abgestimmt sind, aber auch ob und inwieweit ein Schüler seine Schreib- und Lesekompetenz verbessert hat. Führen mit Zielvereinbarung ist etwas wesentlich anderes als Führen mit Zielvorgabe.

Bei der Zielvereinbarung werden die Ziele gemeinsam von der Führungs- und der Lehrkraft (bzw. von der Lehrkraft und der Schülerin bzw. dem Schüler) formuliert und einvernehmlich vereinbart. Die Lehrerinnen und Lehrer sollen möglichst selbst Ziele für ihren Aufgabenbereich vorschlagen: „Was kann ich an meinem Arbeitsplatz dazu beitragen, dass die Gesamtziele der Schule erreicht werden?“ Das führt zu einer größeren Identifikation mit dem ganzen System und zu realistischeren Zielen.

Natürlich gibt es in der Schule auch Ziele, die von außen gesetzt und nicht verändert werden können, zum Beispiel Bildungsstandards, Vergleichbarkeit der Abschlüsse, Anforderungen der betrieblichen Ausbildung, Elternmitbestimmung. Hier könnte als Ziel vereinbart werden, wie diese Vorgaben integriert und umgesetzt werden sollen. Die Maßnahmen zur Zielerreichung werden durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schule, durch die Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern eigenverantwortlich geplant und festgelegt:

„Welche Maßnahmen will ich im Einzelnen ergreifen, damit ich Ziele, die ich mit meiner Führungskraft oder meinem Partner gemeinsam vereinbart habe, auch wirklich erreiche?“ Bei der Durchführung kontrolliert sich jeder weitgehend selbst. Der Grad der Zielerreichung wird dann zu einem vereinbarten Termin mit der jeweiligen Führungskraft besprochen, die dann auch den weiteren Prozess begleitet.

Bedingungen für das Arbeiten und Führen mit Zielvereinbarungen

Voraussetzung für das Arbeiten und Führen mit Zielvereinbarungen ist eine möglichst genaue Abgrenzung und Festlegung der Aufgabengebiete, der Verantwortlichkeiten und der Befugnisse von Schulleitung, Führungs- und Lehrkräften. Für jeden Arbeitsplatz ist eine entsprechende Qualifikation erforderlich, die immer wieder den sich verändernden Anforderungen angepasst werden muss. Daraus ergeben sich zwei Zielbereiche:

  • Jede Lehr- und Führungskraft muss neben den jeweiligen „Grundaufgaben“, die durch ihre Rolle in der Schule vorgegeben sind, mit entsprechenden Aufgabenbereichen im Schulentwicklungsprozess betraut werden, die ihrer Qualifikation (Stärken und Schwächen) entsprechen.
  • In Bilanz- und Orientierungsgesprächen müssen Zielerreichung und Stärken gewürdigt sowie die Beseitigung von Schwachstellen gefördert werden – zum Beispiel durch Fortbildung, gezielte Hilfsangebote oder durch eine Veränderung des Aufgabenbereiches, wenn dieses möglich ist.

Wesentliche Elemente von Führen mit Zielvereinbarungen sind Weiterbildung und Delegation.

Der Ablauf des Systems und Folgerungen

Damit Potenziale des Systems bestmöglich erschlossen werden, bietet sich ein Phasenablaufschema an, in dem folgende Elemente berücksichtigt werden:

  • Einführungsphase
    Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sonstigen Beteiligten sind mit ausführlichen Erklärungen an das System heranzuführen.
  • Klärungsphase
    Jeder muss die Möglichkeit haben, sich mit dem System auseinanderzusetzen, Fragen und Bedenken abklären zu können. Wichtig ist, dass der überwiegende Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem Testversuch einverstanden ist.
  • Klärungsphase
    Während der ersten Testphase sollten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützende Hilfsangebote gemacht werden, um möglichst niemanden zu überfordern. Forderungen haben im Gleichgewicht zu den individuellen Fähigkeiten jedes Einzelnen zu stehen.
  • Test-Evaluation
    Etwa nach einem halben Jahr kann mit jedem Einzelnen ein Bilanz- und Orientierungsgespräch geführt werden, in dem die Testphase ausgewertet wird und Folgerungen für die nächste Durchführungsphase besprochen und beschlossen werden.
  • Durchführungsphase
    Start der Durchführung des Systems für den ersten realen Planungszeitraum von einem Jahr. ()
  • Auswertungsphase
    Am Ende des Jahres erfolgt die Evaluation: Was ist gut gelungen, was weniger gut und was können wir für den nächsten Planungszeitraum daraus lernen?

Sinnvolle Bausteine, die das System gut unterstützen und im Bedarfsfall einzeln bearbeitet bzw. trainiert werden können, bestehen aus:

  • Stellenplanung
  • Aufgabenplanung
  • Maßnahmenplanung
  • Orientierungs- und Bilanzgesprächen
  • Partnerzentrierter Gesprächsführung

Welchen Nutzen hat das Zusammenarbeiten und Führen mit Zielvereinbarungen?

Das Arbeiten und das Führen mit Zielvereinbarungen bringt gleichermaßen Nutzen für die Schule als Gesamtsystem, also für die Schulleitung, die Lehrkräfte, die Schülerinnen und Schüler, die Eltern, aber auch für die außerschulischen Partner und die „Abnehmer“ der Schule. Das heißt also, dass im Idealfall alle Beteiligten gleichermaßen profitieren. Die Schule gewinnt an Autonomie und Qualität.

Nutzen für die Schule

  • Höhere Zielorientierung aller in der Schule tätigen Personen
  • Stärkere Identifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den Schulzielen
  • Innovationsschub für das Gesamtsystem
  • Höhere Motivation der Lehrerinnen und Lehrer
  • Besseres Nutzen von Lösungsideen aller an der Schule Beteiligten
  • Angleichung der Curricula mit den zu erwartenden Standards in den einzelnen Fächern
  • Einbeziehung der Anforderungen von Betrieben und Universitäten Nutzen für die Führungskräfte
  • Mehr Zeit für das Wesentliche durch weniger Kontrolle sowie mehr Problemlösungsarbeit und Delegation von Verantwortung
  • Weniger Fremdkontrolle durch mehr vereinbarte Eigenkontrolle
  • Größerer Überblick über künftige und abgeleistete Aufgaben Nutzen für die Mitarbeiter
  • Stärkere Einbindung in das Unternehmen Schule und seine Ziele
  • Möglichkeit, aktiv die Ziele mitzubestimmen, aber auch den Beurteilungsmaßstab und damit den Sinn ihrer Tätigkeit
  • Größerer Handlungsspielraum im Arbeitsalltag
  • Weniger Fremdkontrolle, mehr Eigenverantwortung

Dieses System kann ebenso zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern (wie oben erwähnt) sowie auch unter Einbezug von Eltern und außerschulischen Partnern eingesetzt werden.

Nutzen für die Schüler

  • größere Einsicht in den eigenen Lernprozess (wo stehe ich, was will ich erreichen, was muss ich dafür leisten?)
  • Lernen von zielorientiertem und problembewusstem Arbeiten
  • Erziehung zu verantwortungsbewussten, selbstgesteuerten Persönlichkeiten Nutzen für alle beteiligten Personen, Gruppen und Systeme

Das System ermöglicht die individuelle Förderung jedes Einzelnen auf seiner jeweiligen Position im Gesamtprozess, indem seine Fähigkeiten, seine Ziele und seine Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung für den eigenen Lernprozess einbezogen, besprochen und geklärt werden.

Stolpersteine

Arbeiten und Führen mit Zielvereinbarungen ist zum Scheitern verurteilt, wenn es Führungskräften nicht gelingt, in einem offenen Prozess ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Kolleginnen und Kollegen für dieses fördernde Konzept zu gewinnen. Die Gefahr des Misserfolgs besteht insbesondere dann, wenn Ziele nicht wirklich fair miteinander ausgehandelt und vereinbart werden, sondern den Partnern (aus welchen Gründen auch immer) übergestülpt oder oktroyiert werden.

Gelingenskriterien

Wenn Schule sich auf den Weg macht, die Qualität von Bildung nachhaltig zu verbessern, dann kann das gelingen, wenn alle beteiligten Personen in diesen Prozess eingebunden und entsprechend ihren individuellen Fähigkeiten gefördert und gefordert werden. Dazu sind die einzelnen Phasen des Systems (s. Ablauf und Folgerungen) sowie die dazugehörigen Bausteine einzubeziehen. Zusammenarbeiten und Führen mit Zielvereinbarungen fördert dann in idealer Weise Partnerschaft und Teamarbeit – und bildet die Basis für das zielorientierte Erfolgsstreben einer Schule.

 

Von:Thomas und Wolfgang Vogelsaenger, Stefanie Wilkening

Datum: 21.02.2011
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