Wo auch die Lehrer noch was lernen

Die Betty-Reis-Gesamtschule bindet Eltern erfolgreich in den Schulalltag ein. So steht den Schüler/innen ein großes Angebot an Arbeitsgemeinschaften zur Verfügung – und auch die Lehrkräfte profitieren davon

Das Projekt

Aus einem umfangreichen Angebot an Arbeitsgemeinschaften wählen die Schülerinnen und Schüler frei aus und verpflichten sich zu einer halbjährigen Teilnahme. Um in bestimmten Bereichen des AG-Angebots eine Kontinuität zu sichern, ist die Nachfolge frühzeitig zu sichern. Da passiert es auch schon mal, dass selbst Lehrer/innen noch eine Menge lernen können (Imkern, Segeln). Neben Eltern und Vereinen gehören auch Jugendliche zu unseren Partnern, die in ihrer Freizeit vor allem im Bereich Sport als Co-Trainer/innen fungieren. Zurzeit ist das in der Capoeira AG (ein brasilianischer Kampftanz), der Fußball AG, der Segel AG und in der Budo AG der Fall. Das erfolgreichste Angebot im Schuljahr 2003/04 war eine Arbeitsgemeinschaft in Kooperation mit einem Tierheim. Mehr als 150 Schülerinnen und Schüler wollten teilnehmen, 24 konnten aber leider nur aufgenommen werden. In 14-täglichem Wechsel durften sie in Kleingruppen unter Anleitung die Tiere betreuen. Darüber hinaus ist dank ehrenamtlicher Mitarbeiter/innen der Erhalt des großen Schulgartens (Arbeitskreis Schulgarten) wie auch der schuleigenen Imkerei bis auf weiteres gesichert.

Der Auslöser

Einer zunehmend passiv gesteuerten Freizeitbeschäftigung sollte eine sinnvolle und zeitgemäße Alternative entgegengesetzt werden, um die individuellen Interessen, Fertigkeiten und Fähigkeiten und das Wissen der Schüler/innen zu erweitern. Außerdem sollte der Organisationsrahmen der Arbeitsgemeinschaften die Möglichkeit bieten, besondere Projekte oder außerschulische Angebote wie beispielsweise einen Tastaturlehrgang zu realisieren. Ein solches Vorhaben ist allerdings nur in gemeinsamer Verantwortung von Lehrer/innen und außerschulischen Partnern durchzuführen. Folgende Ziele wurden und werden damit verknüpft: Das AG-Angebot soll bereichert und somit attraktiver werden. Durch zusätzliche Mitarbeiter/innen ist eine individuellere Betreuung möglich. Die Öffnung und Integration von Schule vor Ort soll gefördert werden. Außerschulische Partner erhalten die Möglichkeit, Schule verantwortungsvoll mitzugestalten. Das erweiterte Angebot ermöglicht neue Lehr- und Lernformen sowie die Chance, Zusatzqualifikationen zu erwerben.

Der Weg

Zunächst müssen die Bedürfnisse ermittelt werden, um dann gezielt nach Kooperationspartnern vor Ort zu suchen und die Elternmitarbeit zu intensivieren. Unsere Vorgehensweise in der Anwerbung und Betreuung außerschulischer Partner findet in zwei Phasen statt. Im Vorlauf werden die Bedürfnisse ermittelt, und die gezielte Suche nach Kooperationspartnern beginnt. Am Tag der offenen Tür werden der AG-Bereich und das Engagement außerschulischer Partner vorgestellt. Am Informationsabend für Eltern und Schüler/innen des neuen 5. Jahrgangs werden Eltern für die Mitarbeit angeworben. Es finden koordinierende Gespräche mit den Partnern statt, und das vorläufige Programm wird zusammengestellt. Im aktuellen Schuljahr teilen wir in den ersten beiden Schulwochen an die neuen Schüler/innen des 5. Jahrgangs unsere Info-Broschüre aus. Alle Klassen erhalten das aktuelle AG-Programm mit zusätzlichen Informationen. Der Aushang in der Pausenhalle informiert über alle Aktivitäten und Termine. In der dritten Schulwoche erhalten die Schüler/innen die Möglichkeit, bei der Präsentation der Arbeitsgemeinschaften im Forum mit den Leiter/innen Kontakt aufzunehmen. Nach der AG-Wahl, bei der die Schüler/innen bis zu drei Wünsche angeben können, sind Absprachen über die Zusammensetzung der Gruppen zu führen. Der Ganztagskoordinator ist Ansprechpartner und während der regulären AG-Zeit im Hause anwesend. Das Engagement der ehrenamtlichen Partner wird gewürdigt (Weihnachtsgrüße, kleine Aufmerksamkeiten wie Freikarten für das städtische Kulturprogramm, Dankeschön-Abend am Ende eines Schuljahres etc.).

Probleme und Lösungen

Der festgelegte Zeitrahmen für die Arbeitsgemeinschaften ist für außerschulische Partner, die in der Regel berufstätig sind, manchmal ein Hindernis, sodass ein Angebot nicht verwirklicht werden kann. Eine Lösung wäre die Verlegung der AG auf einen anderen Termin nach Schulschluss. Dies scheitert aber häufig an der Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler, diesen späteren Termin wahrzunehmen. Mit dem Freitagnachmittag von 13.30–15 Uhr wurde eine Alternative zum Dienstag gefunden. Zurzeit werden die Kletter AG und die AG für starke Jungen und starke Mädchen zu diesem Termin angeboten. Eine weitere Ausweichmöglichkeit bieten die Mittagspausen, eine zweistündige AG ist dann allerdings auf zwei Tage zu verteilen (Tanz AG). Mitunter sind außerschulische Partner durch berufliche oder private Verpflichtungen verhindert, den Termin einzuhalten. Hier hat sich eine doppelte Besetzung bewährt. Nicht alle Helfer/innen verfügen über die notwendigen pädagogischen Qualifikationen. Darum stellt ihnen die Schule einen Ansprechpartner zur Seite (Ganztagskoordinator, didaktischer Leiter).

Blitzlicht

Im Juli 2003 wurde ein von Schülerinnen und Schülern selbst geschriebenes Musical, „Die Reise der unheimlichen Klasse“, erfolgreich an unserer Schule uraufgeführt. Die gesamte Produktion lag in den Händen eines Elternteams (musikalische Leitung, Choreografie, Regie). Kostüme und Bühnenbilder wurden von Eltern und Kindern parallel zu den Proben angefertigt. Die koordinierende Planung lag in den Händen des Ganztagskoordinators. Die Aufzeichnung der Aufführung wurde als VHS-Kassette zum Verkauf angeboten, der Verkaufsgewinn kam unserer Partnerschule in Guatemala zu Gute.

Referenzen

Das Projekt wurde für den Endausscheid des 1. Ganztagsschulwettbewerbs „Zeigt her eure Schule“ nominiert und gehört zu den besten 20 Beiträgen.

Autoren

• Peter Klinkertz
• Michael Mingenbach