Konfliktbearbeitung und Klassenrat

Mit dem Mediationsansatz und dem Klassenrat hat wurde ein Weg gefunden, aus ihrer sehr heterogenen Schülerschaft eine demokratische Schulgemeinschaft zu formen

Projektdaten

Klassenstufen:
alle

Anzahl der Schüler/innen:
gewählte Vertreter

Anzahl der Lehrer/innen:
1

Fachbereiche:
fachübergreifend

Wochenstunden:
1-mal wöchentlich

Das Projekt

Auf Grund starker Verhaltensauffälligkeiten unter den Kindern hat sich das Kollegium für die Einführung der Mediationsmethode und des Klassenrats engagiert. Dabei konnte sich die Haltung der Erwachsenen den Lernenden gegenüber gleichermaßen positiv entwickeln wie das Verhalten der Schüler/innen untereinander. Verantwortungsübernahme und selbstständiges Handeln seitens der Kinder gehört heute zum Schulleben der Albert-Schweitzer-Schule.

Der Auslöser

Die Schulgemeinschaft bestand aus einer Vielzahl zum Teil schwieriger Individuen. Allein 35 Prozent der Schüler/innen hatten Migrationshintergrund, davon kamen ca. zehn Prozent aus Aussiedlerfamilien. Vor ca. sechs Jahren stand die Schule vor einem großen Problem: Wegen der schwierigen Lebenssituation vor allem vieler Aussiedlerkinder häuften sich Verhaltensauffälligkeiten unter den Schüler/innen.

Der Weg

Um den Verhaltensauffälligkeiten in der Schüler/innenschaft adäquat begegnen zu können, wollten Schulleitung und Kollegium handeln und Wege finden, die Probleme anzugehen. Sie wählten den Ansatz der Mediation und bildeten sich fort. Inzwischen haben sehr viele Lehrer/innen ein Mediationsbasistraining mitgemacht und nutzen dies bei ihrer Arbeit. Die dem Mediationsgedanken zu Grunde liegende Haltung hat das Verhalten gegenüber den Kindern verändert. Nach und nach hat das Kollegium gelernt, den Kindern dabei zu helfen, ihre Konflikte selbst zu lösen, sich nicht mehr parteiisch zu verhalten und zu meinen, alles regeln und in die Hand nehmen zu müssen. Die Schüler/innen haben eine neue Gesprächskultur entwickelt, teilen sich in Ich-Botschaften mit, wie sie sich fühlen, was die Gründe für den Konflikt aus ihrer Sicht sind, formulieren an den anderen ihre Erwartungen und treffen Vereinbarungen. In besonders schwierigen Fällen bieten zwei Lehrerinnen des Kollegiums professionelle Mediationsgespräche an. Außerdem findet an der Schule in jeder Klasse einmal wöchentlich Klassenrat statt. Hier besprechen die Kinder nach einem festen Schema die sie betreffenden Themen unter eigener Regie. Die Leitfragen für die Sitzung des Klassenrats sind: „Was war gut? Was war schwierig? Was schlage ich vor?“ Außerdem werden hier Klassendienste verteilt, Aktivitäten geplant, und die Klassensprecher können Mitteilungen aus dem Schülerparlament weitergeben. An der Albert-Schweitzer-Schule sollen Schüler/innen lernen, mit Unterschieden zu leben und produktiv mit ihnen umzugehen. Dazu bedarf es eines festen und verlässlichen Rahmens. So hat sich die Schule Rechte und Pflichten gegeben, die in der Diskussion mit Lernenden, Eltern und Lehrenden entstanden sind. Schon sechs Jahre nach den ersten Schritten hat das Verantwortungsgefühl der Schüler/innen deutlich zugenommen. Die einzelnen Lernenden und die Klassen als Ganzes haben zu mehr Eigenständigkeit gefunden und eine demokratische Grundhaltung entwickelt: Alle hören einander zu, gehen aufeinander ein und halten sich an gemeinsame Beschlüsse. Ziel der Arbeit des Kollegiums und der Schulleiterin der Albert-Schweitzer-Grundschule ist, dass ein bewegtes Miteinander entstehen kann, in dem sich jede/r in ihrer/seiner Persönlichkeit entwickeln kann. Aus den Unterschieden soll ein besonderes Ganzes wachsen.

Probleme und Lösungen

Dass der Klassenrat fester Bestandteil in jeder Klasse wurde, ergab sich aus dem Bedürfnis des Kollegiums, in einer bedrängten Situation zu handeln. Aus den Erfahrungen mit dem Klassenrat kam es zu einer wichtigen Erkenntnis: Es gab immer wieder Schüler/innen, für die es schwierig war, wenn Konflikte in der gesamten Klasse besprochen wurden. Sie fühlten sich vor der Kindergruppe bloßgestellt und hatten Angst, ihr Gesicht zu verlieren. Daher sagten manche Kinder die Unwahrheit, und es kam nicht immer zu Konfliktlösungen. Die Konsequenz war, dass Probleme, die nur einzelne Schüler/innen betreffen, nicht mehr vor allen besprochen werden, sondern von den Kindern selbst oder in Mediationsgesprächen mit ausgebildeten Lehrer/innen in Einzelgesprächen gelöst werden.

Blitzlicht

„Wir reflektierten unsere Lehrerrolle und unseren eigenen Umgang mit Konflikten“, erinnert sich eine Lehrerin der Schule. „Ich habe das Recht, so angenommen zu werden, wie ich bin. Ich habe die Pflicht, andere so anzunehmen, wie sie sind“, sind die ersten Sätze der Rechte und Pflichten, die sich die Schule in einem kooperativen Prozess gegeben hat.

Schule

Schulname
Albert-Schweitzer-Schule Langen

Schulart
offene Ganztagsgrundschule mit pädagogischer Mittagsbetreuung

Schulangebote
Mittagstisch und Betreuung bis 16:30 Uhr, unterrichtserweiternde Kurse in den Bereichen Fördern und Fordern durch Lehrer/-innen; unterschiedliche Kurse durch den Förderverein aus den Bereichen Sport, Musik, künstl. Gestalten und der Stärkung der Per

Schulanschrift
Berliner Allee 35, 63225 Langen

E-Mail
schweitzer-schule-langen@t-online.de

Anzahl der Schüler/innen
375

Anzahl der Lehrer/innen
25

Sonstiges pädogogisches Personal
1 Pfarrerin, 1 Katechetin, 1 Sozialpädagogin, 2 Erzieherinnen, 8 Lehramtsstudent/innen

Ansatz der Schule
Demokratiepädagogik, ganzheitliche Pädagogik

Zeitstruktur
gleitender Tagesbeginn, Zeitblöcke von unterschiedlicher Dauer für Unterricht mit selbst gestaltetem, eigenverantwortlichem Lernen und für frontale Arbeitsphasen (Kernzeiten), tägliche Bewegungszeiten, Pausen, Mittagstisch, Mittagsbetreuung, Nachmittagskurse, unterrichtserweiternde und -ergänzende Angebote, Hausaufgabenhilfe

Programme der Schule
BLK-Programm „Demokratie lernen & leben“

Sozialraum der Schule
kleinstädtisch

Zusammensetzung
Schüler/innen kommen aus direktem Umfeld; gemischtes soziales Umfeld; 13 Nationen in der Schule; Migrant/innen-Anteil der Schülerschaft bei ca. 35 Prozent, davon 10 Prozent Spätaussiedler

Besonderheiten
Schülerpartizipation (Schülerparlament, Klassenrat); Elternpartizipation; Gruppenunterricht; Tages-/Wochenplan; Vormittag und Nachmittag haben ein gemeinsames pädagogisches Konzept; Morgenkreis, Pausenspiele, Rechte & Pflichten für Schüler/-innen, Projekt „Theater gegen Gewalt“ vom Kreisjugendamt unterstützt, Streitschlichtungsangebote, offene Unterrichtssituationen; Zusammenarbeit mit Sportvereinen; Patenschaften der Drittklässler mit den Erstklässlern; Klassenzimmer als strukturierte Räume mit funktionellen Bereichen; Förderunterricht, Integrationsmaßnahmen, Begabtenförderung; Partizipation im Unterricht; Partizipation Kollegium – Schulleitung

Referenzen

Modellschule im BLK-Programm „Demokratie leben und lernen“

„Demokratie lernen & leben“ ist ein Schulentwicklungsprogramm, bei dem es darum geht, die Demokratisierung von Unterricht und Schulleben und die Bereitschaft junger Menschen zur aktiven Mitwirkung an der Zivilgesellschaft zu fördern.

Autoren

  • Katja Haufe