Rechtlich gesehen sollte jedes Kind und jeder Jugendliche in Deutschland die Schulform besuchen können, die seinen tatsächlichen Fähigkeiten und Leistungen entspricht. Dennoch zeigt sich immer wieder, dass in Deutschland die soziale Herkunft auf die Wahl der Schulform und den Bildungserfolg erheblichen Einfluss hat.
Auch der IQB-Ländervergleich 2012, der die mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern am Ende der Sekundarstufe I untersucht, belegt dies erneut. Öffnen
Eigene Einschätzungen reflektieren
Vor diesem Hintergrund sollten Schulen immer wieder einen Blick darauf werfen, wo und wie sie Kinder und Jugendliche dabei unterstützen können ihre persönlichen Talente zu entdecken und Ressourcen zu entwickeln. Zum anderen sollten alle an Schule Beteiligte kontinuierlich darüber reflektieren, ob sie Schülern unbewusst bestimmte Fähigkeiten und Verhaltensweisen aufgrund ihrer Nationalität, Religion, Behinderung oder familiären Herkunft absprechen bzw. zuschreiben. Besonders bei Kindern mit Migrationshintergrund kommt es vor, dass Sprachschwierigkeiten als Lernschwäche interpretiert und die Kinder Förderschulen zugewiesen werden. Auch beim Übergang Grundschule und weiterführende Schule spielt der „Hintergrund“ immer wieder eine stärkere Rolle als die tatsächlichen Fähigkeiten.
Ganztagsschule eröffnet Chancen
Ganztagsschulen bieten viele Möglichkeiten, Schülerinnen und Schüler als ganzheitliche Personen wahrzunehmen und ihre Potenziale zu erkennen. Denn die Kinder und Jugendlichen werden nicht nur im Unterricht gesehen, sondern auch beispielsweise bei sportlichen, künstlerischen oder musikalischen Aktivitäten. Hier können soziale Kompetenzen und andere Fähigkeiten oft besser zum Ausdruck gebracht werden als im Unterricht. Durch die multiprofessionellen Teams an Ganztagsschulen werden Schülerinnen und Schüler nicht nur durch die „Lehrerbrille“, sondern auch aus der Perspektive anderer Professionen betrachtet. Diese Blicke fließen dann in ein Gesamtbild des Kindes oder Jugendlichen ein und ermöglichen so ein differenzierte Einschätzung der Kenntnisse und Fähigkeiten.
Ganztagsschulen bieten mehr Wege zur Chancengerechtigkeit. So empfiehlt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in ihrem Bericht „Diskriminierung im Bildungsbereich und im Arbeitsleben“ 2013, Ganztagsschulen weiter auf- und auszubauen, da sie aufgrund „ihrer Struktur mehr Kompetenzen sichtbar machen und fördern“ können. Unter anderem wird auch empfohlen, die Auseinandersetzung mit Diskriminierung als eine Querschnittsaufgabe bei der Schulentwicklung zu betrachten und Fortbildungen zum Thema Diversität anzubieten. Bericht öffnen