Hier kann die Schule von der Wirtschaft lernen
Das Schulmanagement ist gefordert, diese Voraussetzung unter ökonomischen Gesichtspunkten sicherzustellen. Kann das der Schule gelingen? Auf der einen Seite beklagt der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes Josef Kraus, dass der Lehrernachwuchs ausbleibt und auf der anderen Seite disqualifiziert Enja Riegel die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer dadurch, dass sie ihnen mehrheitlich unterstellt, sie würden nur des Beamtenstatus wegen diesen Beruf erlernen wollen. Hier kann die Schule einmal mehr von der Wirtschaft lernen. Work-Life-Balance als nichtmonetäres Anreizsystem zur Gewinnung hochqualifizierter Mitarbeiter ist hier längst ein Begriff.
„Work-Life-Balance bedeutet eine neue, intelligente Verzahnung von Arbeits- und Privatleben vor dem Hintergrund einer veränderten und sich dynamisch veränderndenArbeits- und Lebenswelt.“ Der Vorwurf, dass W-L-B ausschließlich an Unternehmen der Wirtschaft gerichtet sind, ist m.E. nicht haltbar. Zumal die Schule als Unternehmen sich auf einem wettbewerborientierten Markt befindet, der durch die demographische Entwicklung zukünftig an Brisanz gewinnen wird. Zum anderen sind die notwendigen finanziellen Mittel, die den Schulen für ihre Aufgaben zur Verfügung stehen beschränkt und wirken sich direkt auf das Erfolgsergebnis aus. Insofern scheint es mir angebracht für die Schule, die Anstellungsbehörde oder den Schulträger auch darüber nachzudenken, wie die die zunehmende Belastung für das pädagogische Personal verträglicher gestaltet werden kann und wie die Schule als Arbeitgeber für die gesuchten Spezialisten an Attraktivität gewinnen kann.
Bisher sind die Forderungen zur Gestaltung von Ganztagsschule ausschließlich kundenorientiert formuliert. Bestmögliche Bildung für den ganzen Tag und Unterstützung der Eltern in Erziehungsaufgaben,damit die sich auf ihre Erwerbstätigkeit konzentrieren können. Für die, die dieGanztagesschule organisieren und sicherstellen, werden die Ansprüche an eine familienorientierte Arbeits- und Lebenswirklichkeit nicht geltend gemacht. Und wenngleich der betriebswirtschaftliche Nutzen für die Unternehmen und für die Gesellschaft außer Zweifel steht, wird er für das Unternehmen Schule nicht thematisiert.
Arbeitszeit – flexible Gestaltung von Lebensarbeitszeit
Die Arbeitszeitgestaltung wirkt direkt auf die Lebensverhältnisse von Arbeitnehmern. Eine flexible Gestaltung von Arbeitszeit unter den Aspekten einer ganztägigen pädagogischen Präsenz in der Ganztagesschule ist unumgänglich. Arbeitszeit ist Lebenszeit und bestimmt über einen Zeitraum von über 40 Jahren die Lebenssituation eines Arbeitnehmers und seines familiären Umfelds.
Weiterbildung – berufsspezifische und außerberufliche Qualifizierungen
Die berufliche Qualifizierung der Mitarbeiter ist unumgänglich zur Erreichung einer hohen Qualität. Berufliche Qualifizierungsmaßnahmen beugen Frustration und innerer Kündigung vor. Außerberufliche Weiterbildungen aktivieren und erweitern vorhandenes Mitarbeiterpotential.
Gesundheit – Gesunde Lebensführung und Stressprävention
Maßnahmen einer gesundheitsorientierten Arbeitswelt beugen hohen Absenzen durch Krankheitvor und erhalten die physische und psychische Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter über eine längere Zeit hinweg.
Familie – Vereinbarkeit von Arbeitswelt und Familie
Familienorientierte Arbeitsbedingungen sprechen Arbeitnehmer mit Familien an und erlauben Mitarbeitern eine verantwortungsvolle Familienplanung. Für die Ganztagesschule gilt, dass sie im Besonderen die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie auch für die eigenen MitarbeiterInnen ermöglichen muss, um tatsächlich den Forderungen nachzukommen, die an eine Ganztagesschule gestellt werden, Bildungsangebote über den ganzen Tag durch professionell ausgebildetes und ebenso professionell arbeitendes Personal sicherzustellen.
Wilhelm SCHWENDEMANN ist Professor für Evangelische Theologie und Religionsdidaktik/Religionspädagogik mit Schwerpunkt empirischer Religionspädagogik
Jürgen RAUSCH, Doktorand und Lehrbeauftragter an der evangelischen Fachhochschule Freiburg und der Universität Hildesheim
Datum: 2.11.2007
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