Kooperation von Schulen mit außerschulischen Partnern

 

In welchem Umfang kooperative Angebote und Strukturen entwickelt und gestaltet werden (können), hängt u. a. davon ab, in welchem Umfang Ressourcen für außerschulische Partner zur Verfügung stehen. Gebundene Ganztagsschulen, die in vollem Umfang von der Kapitalisierung Gebrauch machen, haben andere Möglichkeiten als Halbtagsschulen im Programm „Geld oder Stelle“. Im Folgenden werden mögliche Zugänge und beispielhafte Praxisbezüge für die Kooperation von Schulen mit außerschulischen Partnern insbesondere der Kinder- und Jugendhilfe skizziert – die passenden Lösungen für die einzelne Schule und die Bildungsprozesse der Kinder und Jugendlichen können nur die verantwortlichen Akteure vor Ort entwickeln.

Kooperation als Leitprinzip

Die Zusammenarbeit von Schulen mit außerschulischen Partnern ist als Auftrag gesetzlich verankert und seit vielen Jahren gängige Praxis. Es gibt zahlreiche Projekte von engagierten Lehr- und Fachkräften. Für die Entwicklung im Bereich des Ganztagsausbaus sind anlassbezogenen, zeitlich befristeten und in aller Regel von Einzelpersonen abhängigen Formen der Zusammenarbeit nicht ausreichend. Wenn die mit dem Ganztag verknüpften Bildungsziele erreicht werden sollen, wenn außerschulische Partner eine tragende Rolle im Ganztag einnehmen sollen, wenn Handlungsabläufe optimiert und die Handlungsfähigkeit aller Beteiligten erhöht werden sollen, dann muss Kooperation zum durchgängigen Handlungsprinzip der Akteure auf beiden Seiten werden.

Für das Gelingen sind insbesondere folgende Aspekte von Bedeutung

  • Ein entscheidendes Motiv für Kooperation ist die Nutzenmaximierung.
    Beide Partner müssen die Optimierung der eigenen Arbeit           – z. B. durch die Lösung aktueller Probleme – und den persönlichen Kompetenzzuwachs als Folge der Zusammenarbeit erleben.
  • Kooperation braucht einen übergreifenden Nutzen, eine verbindende Zielsetzung und Visionen, über die sich die Partner verständigen müssen. Das kann z. B. das Eintreten für erfolgreiche Bildungsprozesse der gemeinsamen Zielgruppen sein.
  • Kooperation hat in Jugendhilfe und Schule unterschiedliche Traditionen.
    In der sozialen Arbeit ist Kooperation handlungsleitendes Prinzip; im Bereich Schule ist Kooperation mit Blick auf die Förderung von Schüler/innen ein Thema, die durchgängige Verankerung in der Struktur schulischer Abläufe jedoch scheint vielerorts nur schwer möglich. Damit einher gehen unterschiedliche Erwartungshaltungen: Lehrer/innen wollen durch außerunterrichtliche Angebote entlastet werden; die Akteure der Jugendhilfe suchen die Zusammenarbeit im Schulalltag. Kooperation ist nur möglich, wenn diese und weitere Unterschiede zwischen den Partnern reflektiert werden.
  • Kooperation bezeichnet keinen Endzustand, sondern eine zu entwickelnde Prozessqualität.
    Kooperation muss gestaltet werden. Hierfür bedarf es Engagement und Zeit.
  • Kooperation muss strukturell verankert werden.
    Hierzu gehören die organisatorische Verankerung und Absicherung der Zusammenarbeit durch Ziel- und Kooperationsvereinbarungen, eine gemeinsame Qualitätsentwicklung und feste Kooperationszeiten.
  • Kooperation braucht eine Kultur der Zusammenarbeit: Das betrifft die Haltungen und Einstellungen der Akteure. Gegenseitige Wertschätzung, Offenheit, Anerkennung der Gleichwertigkeit der jeweiligen pädagogischen Arbeit, Irritationsfreundlichkeit,Wissenserweiterung und Neugier müssen vorhanden sein bzw. schrittweise wachsen.

Zugänge für außerschulische Partner

Die große Chance von Kooperation als Leitprinzip bei der Ganztagsentwicklung liegt im Aufbau nachhaltiger Strukturen, die beide Systeme und die dort tätigen Akteure schrittweise entlasten und erlauben, die jeweils eigene Bildungsarbeit zu verbessern. Für außerschulische Partner sind darüber hinaus noch folgende, mit dem Ausbau von Ganztag einhergehende, Entwicklungen bedeutsam:

  • Durch den Ganztagsausbau wird die zeitliche Präsenz von Kindern und Jugendlichen in Schulen zunehmen. Das kann z. B. Folgen haben für das Programm einer Jugendeinrichtung.
  • Der Bedarf kooperativer Angebote am Ort Schule nimmt zu. Der Ganztag kann ein zusätzliches „Standbein“ für Träger sein. Entgegen vieler projektbezogener Angebote verspricht die Verankerung von Angeboten im Schulprogramm Nachhaltigkeit.
  • In der Schule werden neue Zielgruppen erreicht, die auch für andere Angebote des Trägers (z. B. Offene Tür im Jugendverband) gewonnen werden können.
  • Durch die Mehrzeit am Ort Schule, vor allem aber durch die Präsenz verschiedener Professionen, wächst die Aufmerksamkeit für Förderbedarfe und frühzeitige Hilfen. Das betrifft z. B. den Kinderschutz oder Maßnahmen der erzieherischen Hilfen.
  • Die Aufmerksamkeit der kommunalen Entscheidungsträger für Bildung in und mit Schule wächst und beeinflusst möglicherweise die Verteilung kommunaler Ressourcen.

Das spricht nicht nur für die Mitwirkung außerschulischer Partner im Ganztag, sondern verweist auch auf die zunehmende Aufmerksamkeit von Kommunen und örtlichen Einrichtungen und Diensten für die Entwicklungen am Ort Schule.

Kooperationen entwickeln – ein langfristiger Prozess

Der Aufbau und die strukturelle Verankerung von kooperativen Angeboten und einer Kooperationskultur in der Ganztagsschulentwicklung ist ein längerfristiger Prozess, der mit vielen „Stolpersteinen“ verknüpft ist und von daher nicht nur Engagement, sondern auch Konfliktlösungskompetenzen und die Bereitschaft zur Veränderung bei den beteiligten Akteuren aus Schule und der Kinder- und Jugendhilfe voraussetzt. Für die schrittweise Entwicklung vom Nebeneinander zum Miteinander von Jugendhilfe und Schule „auf gleicher Augenhöhe“ sind insbesondere drei Leitgedanken bedeutsam:

  1. Beide Partner haben nicht nur die Lösung aktueller Aufgaben (wie z. B. die pädagogische Übermittagsbetreuung) im Blick, sondern sehen den Ganztag als Chance für eine nachhaltige Zusammenarbeit in der Bildung der gemeinsamen Zielgruppen.
  2. Beide Partner übernehmen die Verantwortung für gemeinsam entwickelte Angebote und Ziele; Kooperation geht über die Abstimmung von Zuständigkeiten und Aufgaben weit hinaus.
  3. Die zentrale Frage für die Zusammenarbeit ist, was die Kinder und Jugendlichen, mit denen die sozialpädagogischen Fachkräfte und die Lehrkräfte aktuell jeweils arbeiten, für erfolgreiches Aufwachsen und gelingende Bildungsprozesse brauchen.

 

Auszüge aus
Kooperation mit außerschulischen Partnern
Ziel dieser Broschüre ist es, allen am Ganztag beteiligten Personen, Institutionen und Einrichtungen Anregungen und Hilfestellung bei der Umsetzung der Konzepte in die Praxis zu bieten. Sie greift wesentliche inhaltliche Aspekte auf und gibt mögliche Antworten auf aktuelle Fragestellungen zur Ganztagsschulentwicklung.

 

Autor: Alexander Mavroudis

Datum: 15.10. 2010
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