Obwohl grundlegende pädagogische und psychologische Forschungsergebnisse den Ansatz begründen, ist SOL kein wissenschaftliches Konzept, sondern setzt an der gegenwärtigen Schulrealität an und bietet Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, schrittweise selbstständiges und selbstverantwortliches Arbeiten einzuüben.
Ungeeignet als methodische Abwechslung
Umgekehrt können Lehrerinnen und Lehrer allmählich ihre traditionelle Rolle als den Unterricht dominierende Wissensvermittler in Richtung von Lernberatern verändern. SOL kann in verschiedensten Formen durchgeführt werden: von einer zweistündigen Einheit im Fachunterricht bis zu fächerübergreifenden Projekten über mehrere Wochen. Sicher sind die Veränderungen am wirksamsten, wenn möglichst viele Lehrerinnen und Lehrer einer Klasse, Jahrgangsstufe oder Schule nach dem Konzept SOL arbeiten, doch entscheidend ist die Erkenntnis, dass dabei ein Prozess stattfindet, dessen Ziel selbst organisiertes Lernen ist. Anfangs ist dieser Lernprozess noch durch starke Steuerung und klare Vorgaben bestimmt; erst durch stetige Anwendung entwickelt sich ein Regelsystem mit zunehmender Selbsttätigkeit und Selbstverantwortung der Schülerinnen und Schüler. Daher ist SOL ungeeignet als einmalige methodische Abwechslung. Wirksam wird es erst in der dauerhaften Anwendung mit dem Ziel einer Umgestaltung des Unterrichts.
Gruppenpuzzle und Sandwich-Prinzip
Organisatorisches Grundprinzip ist das Gruppenpuzzle. Es ist ein arbeitsteiliges Verfahren, aus dem sich die Notwendigkeit verantwortlicher Erarbeitung und Vermittlung von Fachinhalten ergibt, da die jeweils anderen Gruppen auf die Ergebnisse der eigenen Gruppe angewiesen sind. (Mit zunehmender Lernkompetenz sind auch andere kooperative Organisationsformen möglich.)
Didaktisch-methodische Grundlage ist das Sandwichprinzip, ein systematischer Wechsel von individuellen und kollektiven Lernphasen, um möglichst vielen Lernbedürfnissen, Lerntypen und Lernwegen gerecht zu werden. Ausgangspunkt für die Planung einer SOL-Einheit ist stets das Thema, das Projekt, die zu erarbeitenden Inhalte. Diese sind zunächst zu vernetzen, das heißt in eine nicht-lineare Struktur zu bringen. In einem so genannten Advance Organizer, einer „Lernlandkarte“, werden diese Zusammenhänge visualisiert und den Lernenden als Überblick über das zu behandelnde Thema von der Lehrkraft präsentiert.
Konsequenzen
Dieses wird zuerst in Stamm- und Expertengruppen erarbeitet und danach nach dem Sandwichprinzip in verschiedenen Sozialformen und mit unterschiedlichen Methoden vertieft. Der Grad der Vertiefung richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit des Themas sowie nach den Voraussetzungen und Bedürfnissen der Lerngruppe. Konsequenzen aus diesem Unterrichtsarrangement ergeben sich nicht nur für die Lehrer- und Schülerrolle und für die Lernkultur, sondern auch für die Leistungsbeurteilung in der Schule, die um neue Formen ergänzt werden muss. Die klare Strukturierung von SOL, insbesondere mit Hilfe von Gruppenpuzzle, Sandwichprinzip und Advance Organizer, erleichtert Lehrenden und Lernenden den Einstieg in eigenverantwortliche, selbst organisierte Lernarrangements.
Die anfängliche Einschränkung der Freiheitsgrade durch die SOL-Prinzipien, die den Lernpartnern Sicherheit und Orientierung geben sollen, können mit zunehmender Erfahrung und Routine nach eigenem Ermessen gelockert und durch eigene Ideen erweitert werden.
Der aus diesen Forderungen abzuleitende Unterricht hat somit unter anderem folgende Elemente und Zielsetzungen:
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Einsatz schüleraktiver „neuer“ Unterrichtsformen,
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Organisation des Unterrichts in Lern- bzw. Themenfeldern,
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fächerübergreifendes Arbeiten in Projekten,
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Förderung der Teamfähigkeit,
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Präsentationskompetenz,
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Selbstorganisation des eigenen Lernens,
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Umsetzung neuer Prüfungsformen.
Systemisches und zielorientiertes Unterrichtskonzept
SOL ist weder ein weiterer Spiegelstrich in der oben angeführten Liste der Elemente und Zielsetzungen handlungsorientierten Unterrichts. SOL ist auch keine neue Methode, die das aufgezeigte Spektrum dieser Unterrichtsform erweitern könnte. SOL ist ein systemisches und zielorientiertes Unterrichtskonzept für individuelles und kooperatives Lernen, das den genannten Erwartungen und Ansprüchen an einen zukunftsfähigen und leistungsfördernden Unterricht gerecht wird. SOL umfasst neben den methodischen Anregungen:
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eine besondere Organisationsform
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einen nichtlinearen Ansatz zur Wissensvermittlung
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eine neue Lernkultur mit verändertem Rollenverständnis der Lernpartner und
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eine neue Form der Leistungsbeurteilung
Keine Abfolge arrangierter Lehr- und Lernmethoden
SOL steht also für die Vermittlung und den Erwerb fachlicher und überfachlicher Kompetenzen, die sich an grundlegenden Zielsetzungen des Erziehungs- und Bildungsauftrags im Sinne der allseitigen Förderung der Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler im Blick auf die Entwicklung einer verantwortungsvollen und mündigen Handlungskompetenz sowie kongenial an den Bedürfnissen der Berufs- und Arbeitswelt orientieren.
SOL ist nicht gleichzusetzen mit einer Abfolge arrangierter Lehr- und Lernmethoden im Sinne einer minutiös von den Lehrenden geplanten Unterrichtseinheit. SOL bedeutet, dass im Rahmen der vorgegebenen Strukturen – wie Lehrpläne, Stundenpläne etc. – der Lernende seinen Lernprozess eigenständig ordnen und strukturieren, das heißt, in zunehmendem Maße selbst organisieren lernen soll. Der Individualität der Lernprozesse wird ein möglichst großer Spielraum eingeräumt, ebenso sind kooperative Arbeitsphasen integrativer Bestandteil des Systems SOL. Dabei ist zu bedenken, dass Lernende, die vorwiegend den traditionellen fragend-entwickelnden Unterricht gewohnt sind, nicht übergangslos den Anforderungen von selbstorganisierten Lernprozessen gerecht werden können. Insoweit ist die Fähigkeit, den eigenen Lernprozess selbst organisieren zu können, eine Zielformulierung. Diese Fähigkeit muss in entsprechend konzipierten Unterrichtsarrangements schrittweise erworben werden.
Datum: 08.07.2010
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