Das Konzept des Klassenrates geht grundsätzlich über das hinaus, was in deutschen Schulen so oft unter „Schülermitverwaltung“ oder „Schülermitverantwortung“ verstanden wird, so Schüler dazu benutzt werden, andere eben „mitzuverwalten“, indem man ihnen die Illusion einer Beteiligung verschafft. Dass aber die Prinzipien der Selbstorganisation können institutionell verankert werden z.B. über Klassenversammlung, Wandzeitung, „Verantwortliche“ und gemeinsame Arbeitsplanung, das ermöglicht den Schülern eine wirkliche Erziehung zur Demokratie.
Verkehrswege eines Klassenrates
Jede Klasse vereinbart gemeinsam eine „Satzung“ für ihren Klassenrat:
- Organisatorisches
- Themenfindung
- Gesprächsregeln
- Beschlussfassung
- Protokollführung
- Klärungsmodalitäten für strittige Themen
Grundstrukturen
Der Klassenrat ist prinzipiell eine Veranstaltung der Schülerinnen und Schüler und wird von ihnen verantwortet. Klassenlehrerin oder Klassenlehrer – oder auch andere Lehrkräfte – sollten den Klassenrat beratend und unterstützend begleiten und Unterrichtszeit zur Verfügung stellen. Sie können nach gemäß der von der Klasse beschlossenen Regeln teilnehmen.
Themen
Diese werden von den Schülerinnen und Schülern festgelegt. Sie werden vorab auf Zetteln im „Klassenbriefkasten“ oder offen auf einer „Wandzeitung“ gesammelt. Diese müssen immer mit dem Namen unterzeichnet sein. Anonyme Anträge werden nicht verhandelt. Die „Themenzettel“ sollen nicht nur Kritik, sondern auch Anerkennung und bei Problembenennungen ggf. auch schon Lösungsvorschläge enthalten.
Durchführung
Diese liegt in der Verantwortung der Schülerinnen und Schüler. Als Sitzordnung ist ein Stuhlkreis günstig. Die Leitung wird am Besten reihum zu zweit oder dritt, von einem von Sitzung zu Sitzung wechselnden Präsidium übernommen. Ein Kind leitet und moderiert die Veranstaltung, ein zweites nimmt die Wortmeldungen entgegen und kontrolliert die Einhaltung der Rednerliste. Ein drittes ist verantwortlich für das Protokoll.
Beschlüsse
Beschlüsse sollten nach Möglichkeit einvernehmlich oder mit einer deutlichen Mehrheit getroffen werden. Gelingt das nicht auf Anhieb, sollte in einer der nächsten Sitzungen nachverhandelt werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass auch tatsächlich alle Schülerinnen und Schüler Vereinbarungen als „ihre“ Beschlüsse anerkennen und sich danach richten. Am Ende jeder Sitzung werden alle wichtigen Ergebnisse in ein Protokollbuch eingetragen.
Tagungszeiten
Der Klassenrat sollte regelmäßig tagen, am besten einmal wöchentlich eine Schulstunde. Zu Beginn jeder Klassenratssitzung werden die Beschlüsse und/oder Unaufgearbeitetes aus der vorangegangenen Sitzung vorgelesen. Wurde ein Beschluss nicht eingehalten, wird auch dieser erneut auf die Tagesordnung gesetzt. Die Bedeutung des Klassenrats und die Verantwortung, die Schülerinnen und Schüler damit übernommen haben, werden dadurch immer wieder bewusst gemacht. Dann werden in einer abgestimmten Reihenfolge die nun eingegangenen Themen bearbeitet. Für die Arbeit mit dem Klassenrat ist immer ein vertrauensvolles Klima Voraussetzung, unabhängig von Klassenstufe und Schulform. Schülerinnen und Schüler müssen erfahren, dass sie in der Gruppe und von den Lehrkräften angenommen sind, sich sanktionsfrei äußern können, ihnen verantwortliches Verhalten zugetraut wird, ihre Mitwirkung gewünscht ist und dass sie gemeinsam etwas bewirken können.
Aufgaben für das Klassenrats-Präsidium
- Von der Klasse gewünschte Themen mitteilen.
- Tagesordnung festlegen und bekannt geben.
- Nacheinander die Tagesordnungspunkte aufrufen, bei jedem Punkt
- die Reihenfolge der Wortmeldungen einhalten
- das Wort erteilen
- alle Meinungen beachten
- Zwischenrufe nicht zulassen
- Abweichungen vom Thema verhindern
- Störungen aufgreifen
- gegebenenfalls einen Beschluss herbeiführen
- die Diskussion kurz zusammenfassen
- Zeit einhalten
- nächste Sitzung bekannt geben
- pünktlich beenden
- Protokoll anfertigen und in das Protokollbuch eintragen.
Ein alternatives Vorgehen eignet sich dafür, Stärken und Schwächen einer Klassengemeinschaft sichtbar zu machen. Zur Vorgehensweise: Im Lauf einer Woche sammeln die Schüler/innen auf einer Wandzeitung Themen für den Klassenrat. In regelmäßigen Abständen setzen sich die Klasse und der/die (Klassen-)Lehrer/in zusammen und besprechen die Beiträge. Um die Beiträge zu anonymisieren, können statt der Wandzeitung auch Zettel in einer Kiste gesammelt werden.
Mögliche Rubriken für die Wandzeitung / die „Wunschbox“ könnten zum Beispiel sein:
- Das hätte ich gerne:
- Das gefällt mir gut:
- Das gefällt mir nicht:
- Ich schlage vor:
Die Themen sollten vor Beginn des Klassenrates geclustert werden. Sie werden damit zu Tagesordnungspunkten. Wenn zu bestimmten Punkten Vereinbarungen getroffen werden, sollten diese in einem Protokollheft festgehalten werden.
Anschließend wird diskutiert:
- Ist die Sammlung vollständig?
- Sind die Erwartungen realistisch oder handelt es sich bei einigen doch eher um Wunschdenken?
- Unterscheiden sich die Erwartungen der Klasse und die ihres/r Lehrers/in?
- An geeigneter Stelle ist zu klären, was im Schulgesetz zur Arbeit von Klassensprecher/innen steht.
Ist alles geklärt, werden die wichtigsten Aufgaben mit Klebepunkten gekennzeichnet. Daran kann dann das „Wahlprogramm“ der Kandidatinnen
und Kandidaten gemessen werden. Konfliktsituationen reflektieren Verständnis für die Aufgaben einer Klassensprecherin oder eines Klassensprechers lässt sich am ehesten anbahnen, wenn die Klasse konkrete Handlungsmöglichkeiten reflektiert wie z.B.:
- Eine Lehrerin wird aus dem Klassenraum gerufen. Die Schüler/innen sollen während ihrer Abwesenheit ruhig weiterarbeiten. Wer das nicht tut, soll vom Klassensprecher an die Tafel geschrieben werden. Muss der Klassensprecher das machen?
- Eine Schülerin wird von einem Lehrer beschuldigt, eine Arbeit gefälscht zu haben. Zu einem Gespräch mit dem Lehrer nimmt sie die Klassensprecherin mit. Der Lehrer weigert sich, ein Gespräch zu dritt zu führen. Darf er das oder muss er die Anwesenheit der Klassensprecherin akzeptieren? Die/der ideale Klassensprecher/in In ein Plakat mit dem Umriss eines Kindes werden gemeinsam die idealen Kompetenzen eingetragen.
Zum Schluss wird eingekreist:
- rot, was unabdingbar,
- grün, was wünschenswert und
- grau, was nicht so wichtig ist.
Wie ein/e Klassensprecher/in sein soll Die Schülerinnen und Schüler erhalten eine Liste mit Statements. Daraus wählen sie alleine oder auch zu zweit jene aus, die sie für zutreffend halten und begründen ihre Wahl kurz. Anschließend wird darüber gemeinsam in der Klasse diskutiert.
Datum: 13.04.2006
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