Allen Kindern gerecht zu werden, ist der Anspruch von Individualisierung. Für Lehrerinnen und Lehrer kann dieser Anspruch zu einem Synonym für Überforderung werden. Entsprechenden Unterricht vorzubereiten ist angesichts der Fülle der Möglichkeiten des individualisierenden Lernens herausfordernd geworden. Die Vielfalt der Modelle ist fast schon verwirrend. Ganztagsschulen begeben sich daher auf die Suche nach systemischen Ansätzen und geeigneten Instrumenten.
Die kognitive Landkarte
Ein bewährtes Lerninstrument für Individualisierung ist die kognitive Landkarte, mit der individuelle Lernwege in den Blick genommen werden. Diese kann nicht nur auf der Ebene des Lehrerhandelns bei der Vorbereitung von individualisierendem Unterricht angewendet werden, sondern auch als Mittel, um Schülerinnen und Schüler bei ihrem selbstständigen Lernhandeln zu unterstützen. Lernen wird mit diesem Instrument zu einer strukturierten und eigenständigen Entwicklung von individuellen Zielen und Lernwegen.
Wo es bereits gelingt
Die Gemeinschaftschule „Freiherr-vom-Stein“ Neumünster ist wegen ihres umfassenden Konzepts zur individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler 2016 mit einem der begehrten Deutschen Schulpreise ausgezeichnet worden. An dieser Schule spielen neben Logbüchern und Portfolios kognitive Landkarten eine zentrale Rolle. Basierend auf der Theorie der multiplen Intelligenz von Howard Gardener werden Kinder bezüglich ihrer sprachlich-linguistischen, logisch-mathematischen, musikalisch-rhythmischen, bildlich-räumlichen, körperlich-kinästhetischen, naturalistischen, intrapersonalen, interpersonalen und existenziellen Intelligenzen gefördert. Aufgaben werden nach verschiedenen Tätigkeitsdimensionen angeboten. Je nach Begabungsdimensionen und Präferenzen entscheiden die Schülerinnen und Schüler selbst, wie sie ihr Lernhandeln planen. Tätigkeitsräume sind folgende:
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Wissen
Wiedergabe von Fakten und Informationen
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Verstehen
Verstehen und Erläutern von Informationen
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Anwenden
Lösen der Problemen in einem neuen Zusammenhang
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Analysieren
Prüfen und Schlussfolgern
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Synthetisieren
Formulieren alternativer Lösungen und neuer Zusammenhänge
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Beurteilen
Darstellen und Verteidigen einer Meinung durch das Beurteilen von Informationen
Die durch kognitive Landkarten entstehende Transparenz stellt eine solide Grundlage für eine erfolgreiche Lernberatung dar.
Mithilfe der Landkarten erhalten die Kinder von den Lehrkräften bzw. Lernbegleitern Hinweise bei Fehlplanungen oder Einseitigkeiten. Sie werden Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Gesamtkonzeptes zur Leistungsrückmeldung und für Lernentwicklungsgespräche. Kognitive Landkarten sind immer auch ein kritischer Filter, aber vor allem ein zentrales Instrument der Lernberatung. öffnen
Datum: 5. Juli 2016