Schulprogramme gemeinsam entwickeln

(c) DKJS / D. Ibovnik
DKJS/D. Ibovnik

von Mathias Busch, Ricardo Glaser, Ralf Seifert

Potenziale partizipativer Prozesse

Das Einlassen auf grundsätzliche Veränderung, das Zulassen einer ergebnisoffenen Verlaufsform, das Erfassen aktueller Problemfelder, die Beschäftigung mit theoretischen Ansätzen, das Aushandeln gemeinsamer Ziele sowie das Erarbeiten, Diskutieren und Beschließen relevanter Maßnahmen zur Zielerreichung waren die Knoten- und Scheitelpunkte, die den Prozess spannend machten bzw. die Spannung aufrechterhielten.

Lernen und Kompetenzentwicklung im Unterricht, in der Schule und in der Gesellschaft verbessern sich nachhaltig, wenn Partizipation folgende drei Bereiche erfasst:

  • die Entwicklung von Mündigkeit (Selbstbestimmung) im Sinne der freien Entfaltung eigener Entscheidungen,
  • die Erfahrung von aktiver Mitgestaltung der Lebenswelt (Engagement)
  • sowie die Herausbildung einer Ich-Identität innerhalb der Wir-Identität im Sinne der Einbindung in positive soziale Beziehungen und deren Gestaltung.

Bereits hier soll ein Resümee dieses Prozesses an der Goethe-Mittelschule Wilthen gezogen werden: Schulentwicklung ist ein fortwährender Prozess, der zum Wohle aller Beteiligten nur gelingen kann, wenn deren Fähigkeiten und Bedürfnisse als Ressourcen betrachtet und berücksichtigt werden. Schulische Qualität lässt sich nicht einfach verordnen, sie entwickelt sich täglich in jeder Schule, die sich auf den Weg macht.

Eingang in die Alltagspraxis

Die neue Publikation aus der Reihe des Programms „Ideen für mehr! Ganztägig Lernen.“ thematisiert Schulprogrammentwicklung sowie Möglichkeiten und Formen ihrer partizipativen Gestaltung. Viele Schulen suchen Beratung für ihre Programmarbeit und deren Weiterentwicklung. Konzepte finden nicht immer nahtlos Eingang in die Alltagspraxis, sondern drohen gelegentlich in Vergessenheit zu geraten. Erfolge verbuchen hingegen Unterstützungsangebote, die die maßgeblichen Akteure von vornherein einbeziehen und in die Verantwortung nehmen. Hilfreich sind beispielsweise gemeinsame Zielvereinbarungen. Es geht also auch um Varianten externer Unterstützung und Sichtweisen auf einen Schulentwicklungsprozess sowie um diesen selbst. Somit richtet sich diese Publikation an Schulentwicklungsberaterinnen und -berater, Schulleitungen, Lehrkräfte, außerschulische Partner und selbstverständlich an Eltern, denen es ein Anliegen ist, sich für die Belange ihrer Kinder im schulischen Kontext zu engagieren.

Auszug aus der Dokumentation

Ein Überblick auf Schulprogrammarbeit und Schulentwicklungsprozess

Der Wandel zu einer Informations- und Wissensgesellschaft, zunehmende Globalisierung und wachsende Dynamik verlangen von Schule, dass sie Schülerinnen und Schüler mit anwendungsorientiertem Wissen ausstattet und zu lebenslangem Lernen befähigt. Eine neue Lehr- und Lernkultur, die sowohl der Selbstständigkeit und Eigenverantwortung des Schülers und der Schülerin mehr Aufmerksamkeit schenkt als auch der Ausprägung ihrer sozialen Kompetenzen dient, zeichnet eine zeitgemäße Schule aus. Dabei wird Schule heute mit einer größeren sozialen und kulturellen Heterogenität der Schüler konfrontiert. Gleichzeitig wächst das öffentliche Interesse an der Leistungsfähigkeit von Schulen. Die Schule als Handlungseinheit ist in den letzten Jahren wieder verstärkt in das Blickfeld geraten. Zur Verwirklichung ihres Erziehungs- und Bildungsauftrages innerhalb des skizzierten komplexen Wirkungszusammenhanges entwickeln Schulen ein pädagogisches Konzept, planen und gestalten den Unterricht sowie seine Organisation auf Grundlage der Lehrpläne in eigener Verantwortung. Dieses Konzept wird in vielen Bundesländern Schulprogramm genannt.

Wichtige Grundlage für das Festlegen von Zielen und Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung an Schulen und im Schulsystem ist ein Konsens über die Definition von Schulqualität. In eine solche fließen Anforderungen und Erwartungen in Form von Wert- und Zielvorstellungen aller an Bildung interessierten Gruppierungen ein. Qualitätsbereiche, die sich auf die in der Schule stattfindenden Prozesse beziehen, sind:

  • Lehren und Lernen
  • Schulkultur
  • Management und Führung
  • Kooperation
  • Entwicklung von Professionalität.

Die Reflexion und Evaluation richtet sich sowohl auf den Prozessverlauf als auch auf die Qualität der Ergebnisse.

Die vorliegende Broschüre soll am Beispiel der Goethe-Mittelschule Wilthen die einzelnen Schritte eines umfassenden Schulentwicklungsprozesses nachzeichnen. Die Mittelschule beteiligte sich von 2002 bis 2007 am BLK-Modellversuch „Demokratie lernen und leben“. Durch die Teilnahme am Modellversuch konnten drei Entwicklungsziele umgesetzt werden:

  • der Aufbau einer Streitschlichterkultur,
  • die Entwicklung eines Schülerrats und
  • die Erhöhung von Selbstwirksamkeit im Unterricht.

Das Schulprogramm der Goethe-Mittelschule wurde fortgeschrieben, um die demokratische Kommunikationsstruktur nachhaltig zu stärken und zu festigen. Die Begleitung durch ein externes Team von Prozessmoderatoren ermöglichte es – angeregt durch eine Zukunftswerkstatt –, Schulleitung, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie Eltern, aber auch die Sekretärin und den Hausmeister am Schulentwicklungsprozess zu beteiligen und in die Beratung einzubeziehen.

SCHULPROGRAMME GEMEINSAM ENTWICKELN
Potenziale partizipativer Prozesse
Mathias Busch, Ricardo Glaser, Ralf Seifert
ISBN: 978-3-940898-10-4
 

Datum:
24.01.2010

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