Innovative Praxis mit Neuen Medien in Schulen

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DKJS/D. Ibovnik

Empfehlungen für Schulen und Entscheidungsträger

Wie verändern Neue Medien den Schulunterricht oder sogar die Organisation der Schule? Wie laufen Innovationen im Schulbereich ab? Diesen Fragen sind zwei internationale Studien nachgegangen.

Beide Studien – die Second Information Technology in Education Study (SITES-M2) der IEA (International Association for the Evaluation of Educational Achievement) und die OECD-Studie ICT and the Quality of Learning – wurden als Kooperationsprojekt vom Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) der Universität Dortmund und dem Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (FWU) von 2000 – 2002 durchgeführt. Sie wurden vom BMBF gefördert, Projektträger ist die Fraunhofer Gesellschaft.

Die Studien zielten darauf ab, innovative Lehr-Lernformen unter Einbeziehung digitaler Medien zu identifizieren, zu analysieren und zu dokumentieren, sowie Wissen über Kontexte und Bedingungen für eine erfolgreiche und nachhaltige innovative pädagogische Praxis unter Nutzung digitaler Medien bereit zu stellen und die Ergebnisse politischen Entscheidungsträgern, Bildungsverantwortlichen und Personen aus Wissenschaft und Praxis zur Verfügung zu stellen. Basierend auf den Ergebnissen der IEA/SITES-M2 und der OECD-Studie geben das Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) der Universität Dortmund und das Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (FWU) in Grünwald bei München die nachfolgenden Empfehlungen für Schulen und Entscheidungsträger.

Curriculare Einbindung des Medieneinsatzes

Die Fallanalysen zeigen, dass innovative Unterrichtspraxis mit digitalen Medien in problemorientierten und projektorientierten Lernumgebungen oder verbunden mit offenen Unterrichtsformen erfolgt. Neben der Vertiefung fachlicher Kompetenzen ist die Förderung überfachlicher Kompetenzen wie Medienkompetenz, Methodenkompetenz, Fähigkeiten des Wissensmanagements, des selbstgesteuerten Lernens oder Sozialkompetenz ein erklärtes Ziel. In mehreren Fällen stehen die Ziele im Kontext des gesellschaftlichen Wandels zur Wissensgesellschaft. Probleme zeigen sich oftmals dahingehend, dass diese innovative Unterrichtspraxis zeitaufwändiger ist, unzureichend durch die Ergebnisse der Studien bestehenden Lehrpläne abgesichert sind und zudem erweiterte Bewertungskriterien und neue Bewertungsformen für Schülerleistungen verlangen.

  • Anpassung der Curricula und Erweiterung der Bewertungsformen angesichts veränderter Ziele und Aufgaben von Schule in der Wissensgesellschaft Entwicklung und Integration pädagogischer Konzepte zum Einsatz digitaler Medien in Schulprogramme bzw. Schulcurricula
  • Entwicklung qualitative hochwertiger Lernmedien

Unterrichtsentwicklung und Personalentwicklung

Die Fallanalysen zeigen, dass die Nutzung digitaler Medien in Schulen ohne Einbettung in innovative Unterrichtsformen noch nicht guten Unterricht bewirkt. Innovative pädagogische Unterrichtspraxis mit neuen Medien führt dagegen zu einem Wandel der Lernkultur, und zwar zu einer stärkeren Schülerorientierung mit mehr Anteilen selbstregulierten und kooperativen Lernens. Gleichwohl wurden in fast allen Fällen lehrerzentrierte Phasen praktiziert. In allen diesen Fällen ist eine Veränderung von Lehrer- und Schülerrollen feststellbar. Die richtige Balance von Instruktion und Konstruktion in problemorientierten und offenen Lernumgebungen ist für guten Unterricht mit neuen Medien entscheidend.

  • Vermittlung pädagogischer Konzepte mit der Nutzung digitaler Medien und Vorbereitung auf den Wandel der Lernkultur und die Veränderung der Lehrer- und Schülerrollen
  • Bedarfsorientierte, individualisierte, schulinterne Fortbildungen zum pädagogischen Einsatz digitaler Medien im Unterricht
  • Informelle Formen wie Peer-coaching, Unterrichtsbeobachtungen und Teamtreffen
  • Ausreichendes Angebot von umfassender externer Lehrerfort- und -weiterbildung
  • Infrastruktur und Systembetreuung an Schulen

Für innovative Unterrichtspraxis mit Informationstechnologien (IT) ist eine gute und stabil laufende technische Ausstattung sowie eine kontinuierliche Systembetreuung durch ausgebildete Fachkräfte unerlässlich. Soll der Einsatz von IT in der Breite umgesetzt werden, muss ein Ausstattungs- und Erneuerungsfond vorhanden sein, der Schulen Planungssicherheit bietet.

  • Bereitstellung von Mitteln für die Wartung, Reparatur und für Neuanschaffungen über die Erstausstattung hinausgehend
  • Technische Fachkräfte für die Systembetreuung
  • Sponsoring im Rahmen von Public-Private-Partnership

Nachhaltigkeit des Medieneinsatzes

Der Einsatz der neuen Medien in den Schulen wird meist zunächst von einigen engagierten Lehrpersonen initiiert und getragen. Diese Promotoren spielen zu Beginn der Implementierung digitaler Medien in den Unterricht eine wichtige Rolle. Erst in wenigen Fällen wurde der Medieneinsatz von allen Lehrpersonen getragen und mehr oder weniger in den Unterricht integriert. Die Unterstützung durch die Schulleitung ist von großer Bedeutung.

  • Integration digitaler Medien in die gezielte Entwicklung der Einzelschule
  • Einbettung ins Schulkonzept
  • Einrichtung von Projektteams und Steuergruppen an Schulen
  • Anerkennung guten innovativen Unterrichts mit digitalen Medien durch die Schulleitung und durch bildungspolitische Entscheidungsträger
  • Schaffen von Anreiz- und Kompensationsmöglichkeiten für Promotoren
  • Führen eines pädagogischen Diskurses über die Rolle digitaler Medien für innovativen Unterricht
  • Fortbildung des Kollegiums
  • Fortbildungen für Schulleitungen für das Innovationsmanagement
  • Entwicklung gut übertragbarer Unterrichtkonzepte für den Medieneinsatz
  • Flexibilisierung des organisatorischen Rahmens für projektorientierte und offene Lernformen Empfehlungen Ergebnisse der Studien

Empfehlungen

  • Aufbau von Kooperationen mit externen Partnern zur Durchführung von Unterrichtsprojekten
  • Verstärkung der Kooperation durch die Mitarbeit in lokalen, regionalen und überregionalen Netzwerken und Einrichtungen
  • Einbeziehung von Eltern

Übertragbarkeit der Innovationen auf andere Schulen

Best Practice, in denen Schülerinnen und Schüler Wissen konstruieren, Produkte und Materialien entwickeln, recherchieren und Untersuchungen durchführen und Probleme lösen kann man als ein „Rückfluss“ von Investitionen in den IT-Bereich ansehen. Gerade diese Ergebnisse unterstreichen aber auch die Notwendigkeit einer weiteren Förderung und Ressourcenbereitstellung, um den pädagogischen Wandel zu bewirken. Bildungspolitiker erwarten, dass erfolgreiche Beispiele „Wellen schlagen“. Der Transfer innovativer Praxis auf andere Schulen gelingt jedoch kaum.

Erforderlich ist, dass die übernehmende Schule

  1. über eine geeignete Infrastruktur und Ressourcen verfügt,
  2. die Innovation als wichtig und relevant erkennt und für einsetzbar befindet,
  3. einen Gewinn in der Umsetzung der Innovation sieht,
  4. die erforderliche Professionalisierung im Kollegium betreibt und
  5. entsprechende Planungen und erforderliche Maßnahmen für die Durchführung der Innovation vorbereitet.

Von: Dr. Uwe Haass und Prof. Dr. Renate Schulz-Zander

Datum:
23.11.2008

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