Ganztagsschule und Hausaufgaben

Verbindliche Angebote stehen den Schülern zur Verfügung. Das entbindet diese jedoch nicht, Hausaufgaben zu erledigen. Denn die, die sich nicht in die offenen Angebote „einwählen“ – werden zu Hause zunächst die Hausaufgaben erledigen, um dann den eigenen Freizeitbeschäftigungen nachzugehen. Mehrbelastung für die, welche die offene Ganztagsschule nutzen?

Eine offene Ganztagsschule hat mit dieser Art und Weise des Umgangs tatsächlich ein „Hausaufgabenproblem“. Um darüber nachzudenken muss man sich tatsächlich fragen: „Was sind eigentliche Hausaufgaben?“  Es handelt sich um Lernanforderungen, die außerhalb der regulären Unterrichtszeit von meist allen Schülern einer Klasse bearbeitet werden müssen. Meistens sind es Übungen, um Lernstoff zu vertiefen oder Gelerntes bzw. Vermittels anzuwenden. Die Schüler können, je nach Lerntyp, mehr oder weniger Zeit und die unterschiedlichsten Quellen und Wissenszugänge verwenden, um den Anforderungen zu genügen. So definiert, ist das eine „Wochenplanarbeit“. Das vom Schüler geführte und altbekannte Hausaufgabenheft ist nichts anderes als ein Wochenplan, in dem die „Deadline“ für individuell zu bewältigende Aufgaben notiert werden.

Jetzt gelingt es immer mehr Schulen die Hausaufgabenzeit als individuelle Lernzeit in den gebunden Ganztag zu platzieren. Die Auswirkungen sind, dass in den Mappen der Schüler nur noch die Unterlagen zu finden sind, welche benötigt werden, um sich mündlich auf den kommenden Tag vorzubereiten. Natürlich werden eigene Schrankfächer in der Schule unerlässlich, möglichst auch ein eigener Klassenraum. Schriftliche Formate werden in der Schule und in den dafür vorgesehenen Zeiten erledigt.

Fragt man Schüler dazu, dann sagen die, dass sie nun mit anderen arbeiten können und auch mal den Lehrer nachfragen. Lerngemeinschaften etablieren sich. Man trifft sich bei Wochenplan. „Das Wort `Hausaufgaben` wird es bald nicht mehr geben.“, so meinen es Lehrerinnen an einer Berliner Schule. Doch auch das Modell der „Wochenplanarbeit“ entwickelt sich bereits weiter und verändert die Ganztagsschule. Die Auswirkungen auf Raumgestaltung und Lehrerzusammenarbeit illustrieren das.

Raumkultur

Fragt man Schüler wo sie ihren Wochenplan „abarbeiten“, dann natürlich im Klassenraum. In einer gut ausgestatteten Schule ist es auch die Cafeteria bzw. individuelle Lernorte, Werkstatträume oder die Bibliothek. „Nur im Klassenraum zu bleiben, geht nicht. Die Schüler halten das nicht aus. Die Qualität des Lernens leidet.“ meint eine betreuende Lehrerin an einer Stralsunder Schule. Ganztagsschule machen heißt „Raumkultur“ entwickeln.

Neue Möglichkeiten für Jahrgangsteams

Als erste Stufe der Reform des individuellen Lernens, werden an einigen Ganztagsschulen Modelle erprobt, wie man die Wochenplanarbeit  für ein fächerübergreifendes Arbeiten nutzen kann. An einer Hamburger Schule hat die Verantwortliche der Wochenplanarbeit – eine Sozialpädagogin – gefragt, warum die Schüler immer so fachbezogen arbeiten. Wenn sie sich einmischt und den Schülern „auf die Sprünge hilft“, dann vor allem, weil sie fachübergreifend denkt und erklärt. Mit ihr kam der „Stein ins Rollen“ und auf der Ebene von Jahrgangsteams sitzen nun die Lehrerinnen und Lehrer zusammen und entwickeln fachübergreifende Formate. Das hat einen praktischen Hintergrund. Für jede „Formatepoche“ fühlen sich Fachkollegen im Speziellen verantwortlich und so kontrolliert jeder im Team nur alle drei Monate diese Aufgaben und notiert die Zensuren unter seinem Fach. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass nur je zwei Kollegen für eine Formatstrecke verantwortlich werden. Das ist Arbeitsteilung.

Mit diesem konkreten Beispiel zeigt sich, welche Chancen eine Reform der Hausaufgaben bringen kann. Neben dem obligatorischen Unterricht im Fächerraster bietet die definierte und individuelle Lernzeit günstige Rahmenbedingungen für soziales und fächerübergreifendes Lernen, aber auch für eine Entlastung der Lehrerinnen und Lehrer.