Romantik vor der Schultür

Am Schlossgymnasium Gützkow geht man erste Schritte hin zu offenen Unterrichtsvorhaben

Projektdaten

Klassenstufen:
11

Anzahl der Schüler/innen:
20

Anzahl der Lehrer/innen:
1

Fachbereiche:
Kunst

Wochenstunden:
4

Das Projekt

Am Schlossgymnasium Gützkow ist der Unterrichtsalltag vielfältig – Stationenlernen und Projektunterricht, jahrgangsgemischtes Lernen in Arbeitsgruppen am Nachmittag, Themenwochen und Exkursionen lassen sich genauso finden wie fest geregelter, frontaler Lehrgangsunterricht nach Stundenplan. Einige Lehrerinnen und Lehrer sind dazu übergegangen, möglichst viele Lernvorhaben an den Fragen der Schülerinnen und Schüler und realen Ereignissen im und an dem Gützkower Gemeinwesen zu orientieren. In einem ihrer alten Amtsblätter schreibt die Stadt, dass Caspar David Friedrich zu Anfang seiner künstlerischen Arbeit interessante Motive um Gützkow suchte und fand. Eine Information, die für den Kunstlehrer zum Ausgangspunkt eines offenen Unterrichtsprojekts wurde. Fast täglich haben die Schüler/innen eine Stunde lang die Möglichkeit, das Lernfeld Kunstgeschichte forschend zu erkunden. Sie betreten die Romantik vor der eigenen Haustür.

Der Auslöser

Die Schulkonferenz am Schlossgymnasium Gützkow diskutiert darüber, ob und wie die Stundentafel flexibler gestaltet und anders rhythmisiert werden soll. Bisher konnte sie sich nicht zu einem Modell durchringen. Die Lehrkräfte, die offene Lehr- und Lernformen praktizieren wollen, werden aber nicht gehindert und nutzen bestehende Freiräume. Lehrkräfte, die von Fortbildungen zurückkehren, oder junge Referendar/innen beginnen dann einfach, forschendes Lernen auch im 45-Minuten-Takt zu umzusetzen. Für das Projekt über Caspar David Friedrich gab es zwei Gründe: die Tatsache, dass er zu Lebzeiten in Gützkow war, sowie ein Unterstützungsangebot durch die Medienberaterin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Projektunterricht mit medienpädagogischen Aspekten zu verknüpfen. So kamen Inhalt und Methode zusammen.

Der Weg

Um beginnen zu können, mussten zeitliche Freiräume geschaffen, Computertechnik den Bedürfnissen mediengestützten Projektlernens angepasst und erste thematische Zugänge gefunden werden. Weil die Stundentafel sich nicht verändern ließ, wurde der Nachmittag einbezogen. Im Hausaufgabenraum und in der Schulbibliothek haben die Schüler/innen der 11. Klasse auch am Nachmittag Zugriff auf Internet und Archivbestände. Erleichtert wird das Weiterarbeiten der Schüler durch Schola-21. Das virtuelle Klassenzimmer bleibt ständig geöffnet. Deshalb lassen sich Schreibversuche vom Vormittag am Nachmittag fortsetzen. Die virtuellen Tagebücher werden weitergeführt und offene Fragen geklärt. In der Bibliothek sind die Schüler/innen auf sich selbst gestellt und greifen auf den „elektronischen Hilfslehrer“ von Schola-21 zurück. Der Lehrer schaut am Abend auf seinem Rechner zu Hause, was sie am Nachmittag gefunden und dargestellt haben. Thematische Zugänge fanden sich viele – nicht nur im Internet und in der Bibliothek, sondern auch im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald, in dem es sogar ein Original gibt. Beim selbst organisierten Besuch im Museum begaben sich die Schüler/innen auf neue Lernspuren und sind nun dabei, mit ihren Mind Maps, Fragen und Einsichten weiterzuarbeiten. Sie werden sich der verzweigten Strukturen ihrer Lernreise zunehmend bewusster. Die größte Besonderheit dieses Projekts ist wohl, dass mit Schola-21 ein elektronischer Hilfslehrer das Projekt unterstützt. Das hat unterschiedliche Folgen: Zum einen braucht es Mut und die Bereitschaft, sich mit einer komplexen Bildungssoftware auseinander zu setzen. Dabei hat es sich als hilfreich erwiesen, eine externe medienpädagogische Beratung zu hinzuzuziehen. Zum anderen verändert sich die Lehrerrolle, wenn Schülerinnen und Schüler sich methodische Hilfe aus dem Internet holen. Plötzlich ist während des Projekts Zeit da, einzelne Schüler/innen zu beobachten. Die Nacharbeit zu Hause kann im virtuellen Lernraum erfolgen – hier werden Lernverträge rückgekoppelt, Auftragskarten für die nächste Phase verschickt und das Entstehen der Projekthomepage verfolgt. Diese wiederum ist Grundlage für eine neue Form von Öffentlichkeitsarbeit – sie kann verlinkt, der regionalen Zeitung empfohlen und Eltern präsentiert werden.

Probleme und Lösungen

Das größte Problem – die fehlende Verankerung von längeren Lernphasen für offene Vorhaben im Stundenplan – ist erst einmal nicht lösbar. Der Lehrer beginnt trotzdem und weicht mit Teilen des Projekts auf den Nachmittag aus. Er hofft, dass er mit den Projektergebnissen auch andere Lehrkräfte unterstützen kann, offenen Unterricht zu praktizieren und so nach und nach die Notwendigkeit entsteht, die Stundentafel zu verändern. Außerdem hatten sich Schülerinnen, Schüler und Lehrer vor allem damit auseinander zu setzen, dass ihr Lernvorhaben strukturiert und eingegrenzt werden musste, weil die Informationsflut erst einmal erschlagend war. Eine Medienpädagogin riet zu Schola-21, das im Internet kostenlos zur Verfügung steht, da es hilft, ein Projekt zu planen, Arbeitsgruppen zu bilden, Fragen zu schärfen und Aufgaben zu verteilen. Dadurch bekommen nicht nur die Schüler/innen, sondern auch der Lehrer einen roten Faden. Außerdem wird der gesamte Projektprozess dokumentiert. Ein anderes Problem: Wie bewertet man Schülerleistungen im offenen Unterricht? Die wichtigste Aufgabe bestand darin, von allgemein gültigen Bewertungskriterien, die auf einen Vergleich angelegt sind, auf individuelle Kriterien umzustellen, bei denen die Schüler/innen vor allem an selbst gestellten Zielen gemessen werden. Lernverträge und Lerntagebücher wurden als Möglichkeiten entdeckt, individuelle Erfolgskontrollen umsetzen zu können. Auch dafür hält Schola-21 Vorlagen bereit. Die Beschreibung von Tätigkeiten, Methoden und Kompetenzen als Zielgrößen helfen, sich auf die offene Lernstruktur einzustellen. Leistungspunkte für Tätigkeiten in einem erkennbaren Rahmen verhindern, dass lediglich vorgegebene Wissensbestände reproduziert werden. Individualität und Interpretationsvermögen sind gefragt, wenn es um die Präsentation von Forschungsergebnissen geht. Die Arbeit in Arbeitsgruppen fordert ein kooperatives Miteinander und die Recherche eine neue Orientierungskompetenz.

Blitzlicht

Manchmal geschieht Unerwartetes: Ein Unternehmen, das die Übersetzung von Schola-21 ins Englische finanziert hat, sucht jugendliche Nutzer für ein Fotoshooting in London. Dass zwei Schüler des Gützkower Gymnasiums nach London fliegen dürfen, ist eine große Auszeichnung. Selbstverständlich wird die Reise mit einem Auftrag verbunden: Im Schloss Charlottenburg bzw. der National Gallery London sind wichtige Recherchen im Auftrag der Arbeitsgruppen auszuführen. Die Erkenntnis: „Wir stehen noch völlig am Anfang …“. Die Aussage beruhigt den Lehrer, zeigt sie ihm doch, dass sich die Schüler/innen an sehr umfangreiche Wissensbestände heranwagen und Lust haben, sie für sich zu systematisieren

Schule

Schulname
Schlossgymnasium Gützkow

Schulart
Gymnasium

Schulangebote
teilgebunden

Schulanschrift
Schlossgymnasium Gützkow Parkstr. 18 17506 Gützkow

E-Mail
Schlossgym.verwaltung@gmx.de

Anzahl der Schüler/innen
660

Anzahl der Lehrer/innen
43

Sonstiges pädogogisches Personal
1 Schulsozialarbeiterin

Ansatz der Schule
Europaschule; bilingualer Unterricht

Zeitstruktur
keine flexible Rhythmisierung der Stundentafel; 2. Halbjahr 2004/2005: Blockstunden geplant

Netzwerke der Schule
Arbeitskreis Lernen am PC beim Schulamt Ostvorpommern; Comenius-Partner

Programme der Schule
Sokrates (Comenius)

Modellversuche der Schule
Selbstständige Schule im Modellversuch Mecklenburg-Vorpommern

Wettbewerbe der Schule
Mathematikolympiade; Fremdsprachenolympiaden; Talentwettbewerbe; Geografieolympiade; Schola-21; Landeswettbewerb Medien-initiative

Sozialraum der Schule
kleinstädtisch, ländlich; weites Einzugsgebiet

Zusammensetzung
sehr geringer Migrationshintergrund

Besonderheiten
hoher Anteil an Fahrschüler/innen

Referenzen

Das Projekt hat erfolgreich am 1. Ganztagsschulwettbewerb „Zeigt her eure Schule“ teilgenommen.

Autoren

  • Egbert Motzkus