Qualitätsentwicklung im Ganztag hängt ganz wesentlich von einer guten Kooperation vor Ort ab. Die professionsübergreifende, enge Zusammenarbeit von Schulen und ihren Kooperationspartnern stellt somit einen wesentlichen Bestandteil für einen guten Ganztag und die Ausgestaltung vielseitiger und kindgerechter Angebote dar. Wie sieht trotz der unterschiedlichen Arbeitsweise gute Zusammenarbeit aus, bei der sich alle Berufsbilder ergänzen? Welche Faktoren tragen zum Gelingen guter Kooperationen bei und wie kann die multiprofessionelle Schulkultur die Qualitätsentwicklung im Ganztag befördern?
Manja Scheibner, Referentin, Der PARITÄTISCHE Hamburg
Engere Zusammenarbeit von Vor- und Nachmittag zum Wohle der Kinder: Kein Standort muss das allein hinbekommen. Dafür gibt es Wir gehen aufs GANZE! – Das Netzwerk. Fachkräfte des Trägers gestalten mit Lehrerinnen und Lehrern täglich eine sogenannte „gemeinsame Stunde“ und wachsen so enger zusammen. Seit Februar 2017 arbeiten inzwischen stadtteilübergreifend 24 Standorte ganztägiger Bildung im Tandem aus Schule und Jugendhilfe an individuellen Entwicklungsvorhaben.
Im Fokus des Salons standen dabei die Fragen, was das Besondere an diesem Netzwerk ist und welchen Mehrwert die Teilnahme für eine kooperative Qualitätsentwicklung bietet. Außerdem wurden durch die Erfahrungen der unterschiedlichen Standorte erörtert, was vor Ort benötigt wird, damit eine gute Kooperation mit guter Qualität gelingt und welche Veränderungsprozesse durch die Netzwerkarbeit angestoßen wurden.
In Hamburg ist vor fünf Jahren der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung flächendeckend umgesetzt worden. Die meisten Schulen sind bis 15.00 Uhr geöffnet. Danach übernehmen die Kooperationspartner bis 18.00 Uhr die Betreuung. „Es war klar, dass es so nicht geht, wir brauchen Kooperationszeiten!“ An sechs Pilotstandorten stellte sich heraus, dass eines der wichtigsten Elemente der Austausch zwischen Jugendhilfe und Schulleitung war. Aus dieser Erkenntnis und mit der Unterstützung der Serviceagentur Ganztägig lernen – Hamburg wurde ein verbindliches und kindorientiertes Netzwerk entwickelt. Aktuell sind bisher 25 Schulen für das Treffen angemeldet. Die Netzwerktreffen finden dabei immer im Tandem statt.
Im gemeinsamen Austausch wurde insbesondere das Thema der personellen Ressourcen hervorgehoben. In den letzten Jahren ist vor allem die Randstandortbetreuung in den Fokus geraten. Da das Ehrenamt in Hamburg eine untergeordnete Rolle spielt, versucht man Kitas oder Tagesmütter als Kooperationspartner zu integrieren.
Eine höhere Beteiligung an den Netzwerktreffen lässt sich unter anderem durch Vormittagstermine und einer angenehmen Atmosphäre schaffen. Auch ein strukturierter und verdichteter Ablauf trägt zur Attraktivität des Angebots bei. Ein passendes Input vor den Arbeitsphasen wurde ebenfalls als ein Faktor beschrieben, der zu einer erhöhten Beteiligung beiträgt. Die Teilnehmenden der Netzwerke berichteten aber auch, wie wichtig die Formulierung eines erreichbaren und konkreten Ziels ist, an dem dann ein Jahr gearbeitet werden kann.
Den Mehrwert der Netzwerke für die Kinder fasst Manja Scheibner so zusammen:
„Die Umsetzung der Ganztagsbetreuung brauchte viel Zeit. Kinder haben nicht viel Zeit. Zeit, die solche Prozesse brauchen, können wir uns eigentlich nicht leisten. Netzwerke können diese Prozesse beschleunigen. Das ist der Mehrwert für die Kinder.“
Tanja Klieber (Schulleitung) und Birgit Schubert (Hortleitung) Michael-Ende-Grundschule, Nürnberg (Bayern)
Die Michael-Ende-Grundschule ist eine integrierte Ganztagsgrundschule. Bei der Konzeption haben zwei verschiedene Ministerien zusammengearbeitet. Im Jahr 2008/09 gab es die ersten Überlegungen und 2016/17 starteten insgesamt 20 Klassen. Diese Vorgehensweise ist unter anderem ein Kriterium für eine gelungene Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule. Die gemeinsame Arbeit mit der Jugendhilfe ist circa ein Jahr im Vorlauf gestartet, damit den Schülerinnen und Schülern schon zu Beginn eine hohe Qualität geboten werden konnte. Aktuell sind an der Michael-Ende-Grundschule 50 Lehrkräfte sowie 40 pädagogische Fachkräfte beschäftigt.
Obwohl die Schul- und Hortleitung zunächst nicht die „gleiche Sprache“ sprachen, können sich diese jetzt eine Arbeit ohne den anderen Part nicht mehr vorstellen. So gibt es eine gemeinsame Steuergruppe sowie gemeinsame Lern- und Entwicklungsgespräche. Die Ausgestaltung der gemeinsamen Arbeit sieht wie folgt aus: Eine gemeinsame Steuergruppe sowie gemeinsame Lern- und Entwicklungsgespräche fördern die Zusammenarbeit. Auch die Klassentandems sprechen sich miteinander und mit Blick auf das Kind ab. Hort- und Schulleitung wollen nicht getrennte Institutionen von Hort und Schule, sondern einen integrierten Hort. Dies wird auch durch eine gemeinsame räumliche Gestaltung ermöglicht.
Für die Kinder gibt es genügend Freiräume in denen sie sich entfalten können. Zum Erfolg der Ganztagsschule tragen auch das frisch zubereitete Mittagsessen und der rhythmisierte Tagesablauf bei.
In der anschließenden Diskussionsphase wurde festgestellt, dass eine wissenschaftliche Begleitung direkt zu Beginn des Projekts wünschenswert gewesen wäre. Der Auftrag dafür ist in diesem Jahr aufgegeben worden.
Es wurde die Beobachtung gemacht, dass besonders Kinder von der integrierten Ganztagsschule profitieren. So gibt es in der 3. und 4. Jahrgangsstufe nicht nur eine sogenannte Kinderversammlung, sondern dass können die Kinder ihr Angebot auch selbst auswählen. Da der Stadtteil sehr vernetzt ist und ein hoher Migrationsanteil besteht, werden die Eltern bei allen Entscheidungsprozessen beteiligt.
Es kann aus den bisherigen Erfahrungen das Fazit gezogen werden, dass Kinder viel öfter zu Wort kommen müssen. Darauf lässt sich eine gemeinsame Grundüberzeugung im Kollegium aufbauen.
Moderation:
Henry Steinhäuser, Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München und Anette Becker, Landesinstitut für Pädagogik und Medien Saarland