Workshop 15: Alles neu! Wie eine andere Lernkultur die Lehrerrolle verändert.
Foto: Piero Chiussi / Deutsche Kinder- und Jugendstiftung

Ganztagsschulkongress 2013 – Workshop 15: Alles neu! Wie eine andere Lernkultur die Lehrerrolle verändert.

 

Workshop 15

Alles neu! Wie eine andere Lernkultur die Lehrerrolle verändert.

Referentinnen und Referenten:

Workshop beim 10. Ganztagsschulkongress

Samstag, 07.12.2013, 10:00–12:00 Uhr, Raum A 01
Marion Lindner (Schulleiterin) und Sabine Klatt (Förderkoordinatorin) und weitere Mitarbeitinnen der Grundschule Franzosenkoppel Hamburg

Eine Besonderheit von Ganztagsschulen ist ihre veränderte Lernkultur: Lernen wird individualisiert, selbstgesteuert und findet eher in Kleingruppen statt.
Eine neue Lernkultur an Ganztagsschulen – wie funktioniert das Konzept für alle Beteiligten?
Wie hat sich die Lehrerrolle verändert und wie kann mit Widerständen und Ängsten umgegangen werden?
Wie gelingt es, Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichem Förderbedarf im Ganztag zu integrieren?

Marion Lindner, Dorothee Schmidt-Hofner, Sabine Klatt und Yaira Wahmhoff, Grundschule Franzosenkoppel, Hamburg. Die Schulleiterin, die Ganztagskoordinatorin, die Förderkoordinatorin und die Erzieherin berichteten von besonderen Förderkonzepten und einer veränderten Rolle der Lehrkräfte.

Solvey Rother, „Spielhaus Fahrenort“. Die Vertreterin des lokalen Kooperationspartners beleuchtete die Zusammenarbeit der Schule mit Honorarkräften und mit Einrichtungen im Stadtteil.

Moderation: Dr. Stefanie Hildebrandt, Deutsche Kinder- und Jugendstiftung

Zentrale Themen und Ergebnisse

Eine Besonderheit von Ganztagsschule ist ihre veränderte Lernkultur: Lernen wird individualisiert, selbstgesteuert und findet eher in Kleingruppen statt. Daraus ergeben sich u.a. folgende Fragen:

  • Eine neue Lernkultur an Ganztagsschulen – wie funktioniert das Konzept für alle Beteiligten?
  • Wie hat sich die Lehrerrolle verändert und wie kann mit Widerständen und Ängsten umgegangen werden?
  • Wie gelingt es, Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichem Förderbedarf in den Ganztag zu integrieren?

Der Workshop beschäftigte sich insbesondere mit der Frage, wie sich die veränderte Lernkultur an Ganztagsschulen auf die Profession der Lehrkräfte auswirkt.

1. Podiumsrunde: Erfahrungswiedergabe der Grundschule Franzosenkoppel Hamburg

Die Referentinnen und Referenten, alles Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Grundschule Franzosenkoppel in Hamburg mit unterschiedlichen Professionen (Lehrer, Erzieher, Pädagogen), erzählten zunächst aus ihrer Praxiserfahrung und wie die Grundschule zu einer „guten Ganztagsschule” wurde:

  • Andere Ganztagsschulen in Hamburg, die bereits weiter waren, besucht und geschaut, wie sie es machen (kollegiale Hospitationen)
  • Fortbildungen für Lehrkräfte angeboten und das Thema systematisch im Kollegium integriert
  • Wie gelingt es, Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichem Förderbedarf in den Ganztag zu integrieren, ohne sie auszuschließen? Lösungsansatz: Förderung im Lernkarussel (siehe unten Link auf Präsentation)

Fragen aus dem Publikum:

  • Wie groß sind die Fördergruppen? Zwischen 4 und 10 Kindern (unterschiedlich)
  • Wie geht das Lernkarussel mit dem normalen Unterricht so einher, dass das Kind nicht zu viel aus dem normalen Unterricht verpasst? Die Lernkarusselstunden liegen stets parallel zu unterschiedlichen Fächerstunden.

Erstellung eigenen Übungsmaterials:

  • Die Schule hat eigene Methodenblätter erarbeitet, die alle nutzen. So können sich die Mitarbeiter besser im Kollegium austauschen, und es wird eine Vergleichbarkeit der einzelnen Förderklassen hergestellt. Die Pläne werden stets an neue Kollegen weitergegeben.

Lernentwicklungsgespräche:

  • 2x im Jahr mit Kind und Eltern (in Hamburg verpflichtend)
  • Kinder sollen sich hier selbst Ziele setzen; die Lehrkräfte unterstützen das Kind dabei, die Ziele möglichst “machbar und realistisch” zu formulieren.
  • “Es ist erstaunlich, wie schnell die Kinder es schaffen, ‘gute’ Ziele zu formulieren und diese Herausforderung zu meistern.”

Fragen:

  • Wie schafft man es, Eltern mit einzubinden? Bei den LEGs wird immer auch schriftlich festgehalten, was Eltern bei der Zielerreichung für eine Rolle haben und wie sie das Kind unterstützen können. Aber manche Eltern brauchen dabei auch Unterstützung (z.B. werden Erziehungshelfer hinzugezogen).
  • Wie wird mit Kindern umgegangen, die ihre Ziele (noch) nicht erreicht haben? Mit den Kindern sprechen und fragen: “Meinst du, du schaffst es noch, dein Ziel zu erreichen? Oder möchtest du dich doch eher auf ein anderes Ziel fokussieren?” Kinder sind da zum Großteil sehr selbstkritisch und motiviert, ihre Ziele auch tatsächlich zu erreichen.
  • “Eine große Herausforderung ist die Inklusion: für viele Schülerinnen und Schüler, die Schwierigkeiten beim Lernen haben, ist selbstgesteuertes Lernen eine große Herausforderung.” Hier muss sich auch noch viel im Kollegium tun, die neue Rolle als “Lernbegleiter” anzunehmen. Sowohl Sonderpädagogen als auch Erzieher (pro Stufe) sind in die Lernkarussells integriert und begleiten Schülerinnen und Schüler über die verschiedenen Klassenstufen.
  • Lernen im lebensweltlichen Kontext: Wie bringen Sie Lebenswelt in den Unterricht? Es gibt eine unglaubliche Bandbreite an außerschulischen Institutionen und Möglichkeiten in Hamburg. Kooperationen mit Stadtteilhäusern möglich. Versuch, viel experimentierendes Lernen in den Unterricht zu integrieren.

2. Worldcafé zu den nachfolgenden Fragen

Tisch 1: Schulleitung

  • Zeigt die neue Lernkultur in den Schulen Auswirkung auf die Lehrergesundheit?

Tisch 2: Förderkoordination

  • Wie begegnen wir der Herausforderung des gemeinsamen Unterrichts – immer gemeinsam?
  • Sollte Förderung in Kleingruppen für Kinder mit besonderem Förderbedarf erhalten bleiben?
  • Welche Rolle spielt die veränderte Rolle der Sonderpädagogen in der Inklusion?

Tisch 3: Ganztagskoordination

  • Welche Möglichkeit bietet sich, wenn Lehrkräfte auch im Freizeitbereich stärker eingebunden werden?
  • Was könnte hieraus für den normalen Unterricht gewonnen werden?
  • Wie geht man mit Widerständen von Lehrkräften um, die sich für diesen Bereich nicht „verantwortlich fühlen”?

Ergebnisse:

  • Teilweise Widerstand im Kollegium: viele Diskussionen um anrechenbare Stunden für die Freizeitbetreuung
  • Bsp. Hamburg: lange Mittagspause (1,5 Stunden), in der Kinder selbst entscheiden können, wann sie essen gehen möchten – muss also nicht im Klassenverband passieren. Alle Räume (Sporthalle, Musikräume etc.) sind offen, sodass Kinder unterschiedliche Möglichkeiten haben.
  • Lehrkräfte und Erzieher werden zur Freizeitbetreuung eingeteilt – stundenplanmäßig geregelt.

Tisch 4: Pädagogische Fachkräfte?

  • Haben die unterschiedlichen Professionen unterschiedliche Aufgabenfelder/ Bildungsaufträge?
  • Wie definieren sich diese? Wer legt sie fest?
  • Wie lassen sie sich verbinden?

Ergebnisse:

  • Bsp. Hamburg: Leider ist es noch nicht so, dass Erzieher allgemeingültig zum Kollegium gehören. → Ihre Stunden werden berechnet nach Anzahl der Kinder mit Förderbedarf.
  • Allgemeine Übereinstimmung besteht darin, dass es toll ist, unterschiedliche Professionen im Kollegium zu haben, so fällt kein Kind mehr durchs Raster, und es kann schneller als früher auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes reagiert werden.

3. Abschlussrunde

Was werden Sie am Montag berichten, wenn Sie wieder in die Schule kommen?

  • “Ich bin verblüfft darüber, wie unterschiedlich Ganztag in den unterschiedlichen Bundesländern organisiert ist.”
  • “Mir ist aufgefallen, wie wichtig die unterschiedliche Transparenz der unterschiedlichen Professionen ist.”
  • “Wie wir das Lernkarussell am besten umsetzen.”
  • “Ich werde erzählen, dass ich eine Schule kennengelernt habe, zu der es sich lohnt hinzufahren.”

Statements und Zitate

  • “Große Herausforderung ist die Inklusion: für viele Schülerinnen und Schüler, die Schwierigkeiten im Lernen haben, ist selbstgesteuertes Lernen eine große Herausforderung.”
  • “Ich bin verblüfft darüber, wie unterschiedlich Ganztag in den unterschiedlichen Bundesländern organisiert ist.”
     
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